[Rezension] Black Hammer Bd. 4: Age of Doom – Buch 2 (Splitter)

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Langsam aber sicher nehme ich hier wieder an Fahrt auf und kann euch heute einen weiteren Band aus Jeff Lemires und Dean Ormstons Black Hammer-Reihe präsentieren. Für diejenigen, die meine bis dato ausnahmslos vor Lob überschäumenden Beiträge zu den Vorgänger-Bänden gelesen haben, stellt sich natürlich die Frage, ob die unbestrittene Qualität auch in der Fortsetzung, die in Deutschland die US-Hefte 6 bis 12 der Age of Doom-Saga zusammenfasst, gehalten werden kann. So viel sei vorweggenommen: Die ganze 192 Seiten dicke Veröffentlichung sollte nur wenige Wünsche offen lassen.

Die treuen Leser unter euch werden sich erinnern, dass Buch 1 endlich Erklärungen dafür lieferte, warum die Helden-Gruppe aus Spiral City über viele Jahre hinweg auf einer Farm an einem unbekannten Ort ihr Dasein fristen musste und sowohl Umgebung als auch Personen, denen sie begegneten sie an ihren Sinnen zweifeln ließen. Als nun das große Geheimnis offenbart wurde, schloß der Band mit einem Cliffhanger, der einem die Hände über dem Kopf zusammenschlagen ließ. Obwohl sie nun erfahren haben, dass ihr Leben auf der Farm nicht der Realität entsprach und es eine Möglichkeit gibt zurück in ihre Heimat zu reisen, wussten sie nun auch um die gefährlichen Konsequenzen, die aus einer Rückkehr folgen würde. Der Anti-Gott und damit das Wesen, dass ursprünglich mit dem Verschwinden der Helden zusammenhing, würde erneut erscheinen und die Welt in den Abgrund stürzen. Bevor jedoch eine endgültige Entscheidung getroffen werden konnte, wurde der Leser mit einem großen Fragezeichen in eine Wartepause bis zum nächsten Band entlassen.

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Nun setzt die Fortsetzung mit „Age of Doom – Buch 2“ zunächst genauso irritierend ein und lässt einen gemeinsam mit den Protagonisten langsam die Rätsel lösen, die nun in noch größerer Zahl vor einem liegen. Denn offensichtlich haben es Abraham Slam, Barbalien, Golden GailMadame Dragonfly und Lucy es tatsächlich geschafft nachhause zurück zu kehren, doch etwas scheint nicht zu stimmen. Unsere Helden sind nämlich über die Welt und mit Barbalien auch auf einem anderen Planeten verstreut und in einem vermeintlich früheren Leben angekommen. Das größte Problem hierbei ist jedoch nicht, dass die Protagonisten nicht wissen wo, sondern wer die anderen sind. Keiner kann sich an die jeweils eigene Vergangenheit als Held und Heldin erinnern und jeder geht dem jeweiligen Alltag nach. Eine Ausnahme bildet hierbei jedoch Black Hammers Tochter Lucy, die langsam realisiert, dass doch nicht alles so ist, wie es scheint. Als sie endgültig versteht was passiert ist, macht sie sich daran die anderen Helden aus ihrer augenscheinlichen Realität zu befreien, um sich gemeinsam gegen eine drohende Gefahr zu wappnen.

Dabei setzt sich das Kreativ-Team um Jeff Lemire und Dean Ormston erneut keine visuellen und erzählerischen Grenzen. Während die soeben beschriebene Haupthandlung zum Beispiel voranschreitet, scheuen sie sich erneut nicht davor große Werke des Superhelden-Genres zu zitieren, das Medium an sich um eine Meta-Ebene zu erweitern und dabei trotzdem großen Respekt walten zu lassen. Nutzen andere Autoren und Künstler das weitreichende Angebot an Cape-Trägern, um einen zynischen Blick auf das System „Superheld“ zu werfen, spricht aus den Panels von Black Hammer zwar immer ein Bewusstsein dafür, dass bestimmte Elemente eines Aufbaus in typischen Genre-Perlen geradezu in grotesker Häufigkeit bespielt werden, aber deren Zitate werden vielmehr in einer Hommage als Kritik an die Leser herangetragen.

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Einer dieser Punkte wäre der sogenannte Reboot. Wie langjährige Fans von DC und Marvel wissen, wird dieses Tool immer wieder gerne genutzt, um neue Leser an sich zu binden und alte Hasen mit frischen Twists, bei einer eindeutigen Verankerung im Ursprungsmaterial, bei der Stange zu halten. Lemire nutzt bewusst dieses inzwischen zur Erwartungshaltung angewachsene Element, um es auf seine eigene Art in das Black Hammer-Universum zu integrieren. Dieses ist nämlich in einer vergleichsweise kurzen Zeit zu einer stattlichen Größe angewachsen und kann dementsprechend langsam so gehandhabt werden, wie es bei den beiden großen Verlagen schon seit Dekaden üblich ist. Man bedenke allein die zahlreichen Spin-Offs, die nach wie vor in hoher Frequenz ihren Weg in die Buchregale finden.

So arbeitet er sich auf Basis der bereits bekannten Figuren und Umstände zu einem Punkt vor, an dem er losgelöst von den ab dem ersten Heft eingeführten Handlungssträngen, neue Wege beschreiten kann, ohne immer wieder Rückgriffe auf alte Storyelemente tätigen zu müssen. Das besondere an dieser Heranführung an einen neuen Startpunkt ist dabei die emotional reife Basis der Figuren, die einen mitfiebern, wüten und weinen lässt. Man erinnere sich nur an die Geschichten des Doctor Star oder Sherlock Fankenstein. Beides Namen, die zunächst an eine trashige Verbeugung vor dem Comic-Ursprungsmaterial aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts denken lassen, die aber in einer so emotionalen Tiefe aufgehen, dass einem der Atem stockt. Allein der Kontrast aus offensichtlich abstrusen Charakteren und menschlichen Tragödien, wie der Kampf mit der eigenen Sexualität oder der Verlust eines geliebten Menschen, geben diesem Universum eine Ebene, die bei den Mitbewerbern deutlich seltener in einer so reifen Form präsentiert wird.

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Gleichzeitig schafft es Lemire dieser Komplexität aus erwachsenem Storytelling, Superhelden-Bombast und einer ordentlichen Ladung an Selbstreferenz so perfekt ineinander greifen zu lassen, dass man trotz all der benannten und im Kern doch sehr unterschiedlichen Aspekte, ein Gefühl für Authentizität und eine Planungssicherheit des Autoren bekommt. Und allein dieses Gemisch sorgt dafür, dass man nach den letzten Seiten mit einer großen Zufriedenheit und starken Vorfreude auf die sichere Fortsetzung der Reihe entlassen wird.

Ich für meinen Teil freue mich auf das was kommt und kann jetzt schon ankündigen, dass zeitnah die Rezension zu „Black Hammer ’45“ auf ZOMBIAC.blog veröffentlicht wird.

Hier geht es übrigens zu den Besprechungen zu:

Black Hammer – Band 2: Das Ereignis, Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels, Doctor Star und das Reich der verlorenen Hoffnung, sowie Black Hammer – Band 3: Age of Doom.

Da darüber hinaus besondere Zeiten auch besondere Maßnahmen erforderlich machen, könnt ihr euch übrigens unter https://www.comics-kaufen.de/index.html den Händler eures Vertrauens suchen und mit eurer Bestellung unterstützen. Damit sorgt ihr dafür, dass ihr auch in einer Zeit nach Corona lokal mit euren liebsten Veröffentlichungen versorgt bleibt.

Black Hammer Bd. 4: Age of Doom - Buch 2 
Verlag: Splitter 
Erschienen am: 22.11.2019  
Autor: Jeff Lemire 
Zeichner: Dean Ormston, Rich Tommaso
Format: Hardcover 
Seitenzahl: 192
Preis: 24 EUR

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