Batman vs. Aliens

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Crossover sind so eine Sache. Einerseits führen sie manchmal zu interessanten Paarungen, die sich Fans und Kritiker schon lange wünschen, aber mindestens genauso oft ist die Idee aus einer Lizenz schnell Geld zu machen fast schon greifbar. Das ist meistens der Fall, wenn man aus einer Zusammenarbeit nicht richtig schlau wird. Ein Beispiel findet man unter anderem beim neuesten Sammelband von Panini Comics mit dem inhaltlich vorausgreifenden Titel „Batman vs. Aliens„, der in den USA aus der Kooperation zwischen Dark Horse und DC entstanden ist.

Wie man als langjähriger Comic-Fan richtig vermutet, handelt es sich nicht um aktuelle Story-Lines, die im Windschatten der Neuverfilmungen entstanden sind, sondern um typische 90er- und 2000er Werke, die mit genau den Elementen hantieren, die man erwarten würde. Die erste Geschichte „Batman/Aliens“ stammt aus dem Jahr 1997 und sollte ziemlich offensichtlich vom damals neuen Streifen „Alien – Die Wiedergeburt“ profitieren. Das merkt man der von Ron Marz und Bernie Wrigthson erstellen Mini-Serie vor allem durch die hanebüchene und im Umkehrschluss wohl hastig erstellte Handlung an. So verschlägt es den dunklen Ritter in einen südamerikanischen Dschungel, wo er auf eine Söldnertruppe trifft, mit der er nach einem verschwundenen Mitarbeiter von Wayne Enterprises sucht.

Dort trifft Batman dann, wie man sich schon denken kann, auf die alptraumhaften Wesen von H.R. Giger, die aufgrund der Farbgebung aber leider nicht so furchteinflößend schwarz, sondern eher bräunlich wirken und damit etwas an mutierte Insekten erinnern. Trotzdem kommt Laune auf, wenn cheesy Dialoge aneinandergereiht werden und man sich an trashige B-Movies erinnert fühlt, die man gerne mit einem kühlen Bier und Freunden genießt. Daher kann man nicht wirklich von „Horror“, als mehr von einem kurzweiligen Action-Abenteuer sprechen.

Die Fortsetzung „Batman/Aliens II“ (2002/2003) von Ian Edginton und Staz Johnson versetzt die Aliens dann direkt nach Gotham City und damit in Batmans Revier. Die Story selbst ist etwas an den Haaren herbeigezogen, bleibt damit aber dem ungelenken Charme des Vorgängers treu. So bringt ein Wissenschaftler einige Alien-Eier nach Gotham, diese werden bei Bauarbeiten entdeckt und es kommt wie es kommen musste.

In der abschließenden Geschichte „Superman & Batman vs. Aliens & Predator“ (2007) von Autor Mark Schultz und Zeichner Ariel Olivetti finden wir die genannten Charaktere auf den Weg zu einem Vulkan wieder, der jederzeit ausbrechen kann. Genaugenommen stoßen Supes und Bats mit ein paar Bergsteigern dort auf eine Gruppe Predators, die bereit sind alles zu jagen, was sich bewegt. Damit der Titel dieser Story auch wirklich stimmt, finden unsere Helden natürlich auch Aliens vor Ort und der zunächst ungleich erscheinende Kampf kann beginnen.

Visuell sticht die abschließende Serie besonders heraus, da sie in einem plastischeren, sowie bunteren Stil gehalten ist und damit deutlich moderner rüber kommt, als die Geschichten zuvor, denen man den Zeitraum ihrer Entstehung deutlich ansieht. Dadurch verliert sich das erwähnte B-Movie-Feeling ein wenig, ändert aber nichts am kurzweiligen Spaß, den die Lektüre unter Garantie bietet.

Alles in allem kann man daher sagen, dass sich die Anschaffung von „Batman vs. Aliens“ durchaus für Fans der letzteren Charaktere lohnt, während Batman-Jünger eher noch einen Blick hineinwerfen sollten, bevor sie sich für den Kauf entscheiden. Wobei man bei üppigen 364 Seiten für 32 EUR auch bei einem Blindkauf nicht meckern kann. Ich für meinen Teil wurde ganz gut unterhalten, kann aber nur jedem empfehlen sich ein eigenes Bild, auf Basis der jeweiligen Erwartungen zu machen.

Batman vs. Aliens 
Verlag: Panini Comics 
Erschienen am: 08.05.2018 
Autoren: Ron Marz, Ian Edginton, Mark Schultz          
Zeichner: Bernie Wrightson, Staz Johnson, Ariel Olivetti
Format: Softcover 
Seitenzahl: 364
Preis: 32 EUR

 

 

 

 

 

 

 

 

Pieter Bruegel. Das vollständige Werk

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Der niederländische Maler Pieter Bruegel der Ältere (1525/1530-1569) ist vielleicht nicht jedem Laien ein Begriff, aber seine Werke sind derart präsent, dass man früher oder später auf einige der 39 Gemälde, 65 Zeichnungen oder 89 Radierungen stößt. Insbesondere „Die Bauernhochzeit“ oder „Jäger im Schnee“ haben im Laufe der Jahrhunderte einen ikonischen Status erreicht, der sogar bis in die abwegigsten Winkel des Internets strahlt, wo sie als sogenannte Memes einer eher untypischen Zielgruppe präsentiert werden. Das liegt vor allem an dem oftmals überzeichneten Stil, der dadurch nicht selten an eine Art Cartoon erinnert.

Trotzdem gab es bis dato tatsächlich noch keine monographische Ausstellung, um den Künstler zu ehren. Das wird nun aber 2019 in Wien zum 450. Todestag Bruegels nachgeholt, wenn im Kunsthistorischen Museum der Stadt sein Werk in all seiner Pracht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

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© Kunsthistorisches Museum, Wien, Photo: Luciano Romano
Der Kampf zwischen Fasching und Faste

Anlässlich dieses Ereignisses bringt der TASCHEN-Verlag nun, in einem dem Inhalt angemessenen XL-Format, das vollständige Werk des Malers auf den Markt. Der Band beginnt dabei, wie üblich für Veröffentlichungen dieser Art, mit einer ausführlichen Biographie des Mannes, dessen Lebenswerk auf den Folgeseiten ausgebreitet wird. Dabei stellt man schnell fest, dass leider nicht wirklich viel Handfestes über ihn bekannt ist. Zwar erschien schon Anfang des 17. Jahrhunderts eine Biografie, die nur unterstreicht, dass Bruegel schon zu Lebzeiten ein gefragter Künstler war, diese enthält aber, wie auch andere Berichte, primär nur Anekdoten, die ihn als zu derben Scherzen aufgelegten Zeitgenossen darstellen. So machte er sich zum Beispiel einen Spaß daraus, anderen Künstlern zotige Kleinigkeiten mit auf die Leinwand zu malen und sich darüber köstlich zu amüsieren.

Dem folgt auch schon der Tauchgang in seine berühmten „Wimmelbilder“, deren Details ihresgleichen suchen. Während man sich bei einer Komplettansicht, teilweise sogar zum ausklappen, schnell verliert, zeigen großformatige Bildausschnitte akribisch komponierte Darstellungen, die man zunächst glatt für ein eigens für sich stehendes Bild halten könnte. Wenn man sich die Arbeiten anschaut, könnte man darüber hinaus, wie die frühere Forschung, dem Trugschluss aufsitzen, dass der zunächst volkstümlich erscheinende Charakter seiner Darstellungen genau auf dieser Ebene stehen bleibt. Inzwischen ist man sich jedoch einig, dass es eher um eine Kaschierung der, bei näherer Betrachtung offen zutage tretenden, politischen und religiösen Ansichten des Künstlers handelt. Diese bemerkt man vor allem in den besonders harmlos erscheinenden Szenen seiner Bilder, die beim Eintreten der Erkenntnis um ihre reale Bedeutung, noch eindrucksvoller sind.

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© Kunsthistorisches Museum, Wien, Photo: Luciano Romano
Bauerntanz (auch: Kirchweih)

Dabei ist es kein Wunder, dass Bruegel den Drang verspürte, sich in seiner Kunst als Reaktion auf die Ereignisse seiner Gegenwart auszudrücken. In seine Lebensjahre fallen nämlich unter anderem die Konfessionskriege, der damit zusammenhängende Alleinvertretungsanspruch der katholischen Kirche, der Beginn der grausamen Herrschaft des Herzogs von Alba als Statthalter der Spanischen Niederlande und die Gräuel der Inquisition. Vor diesem Hintergrund entfalten die Darstellungen von Tugenden und Lastern, Bauernfesten, sowie Landschaftspanoramen eine ungemein intensive Wirkung, die sich in der subtilen Bildsprache des Malers wiederfindet. Genau deswegen ist es sogar recht erstaunlich, dass seine Zeitgenossen ihm seine Intention entweder nicht nachweisen konnten oder sie im Stillen teilten.

Im Zuge dieser Akzeptanz erarbeitete er sich schon zu Lebzeiten einen derart unumstößlichen Status innerhalb der Elite Antwerpens und Brüssels, dass er zwar primär als Auftragsmaler arbeitete, die Motive seiner Werke aber gänzlich in seiner eigenen Hand lagen und es schon im 16. Jahrhundert als schick galt, einen „echten Bruegel“ zu besitzen. In diesem Sinne war der Niederländer ein echter Star seiner Zeit, dessen Ruhm noch bis in die Gegenwart strahlt.

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© Kunsthistorisches Museum, Wien, Photo: Luciano Romano
Jäger im Schnee

Deswegen wurden auch keine Mühen gescheut, um ihm ein gedrucktes Denkmal zu setzen, indem eine eigens für diese Monografie durchgeführte Fotokampagne einen so detaillierten Blick auf das Gesamtwerk des Künstlers ermöglicht, wie man es nie zuvor erlebt hat. Um das Dargestellte dabei überhaupt korrekt in den Entstehungszeitraum einordnen zu können, wurden für die Begleittexte, wie bei Releases des TASCHEN-Verlags üblich, namhafte Experten herangezogen, um Bruegel dem Leser verständlich näher zu bringen. Zum einen Jürgen Müller, der den Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte an der Technischen Universität in Dresden inne hat und immer wieder Aufsätze und Bücher zu kunst- und filmgeschichtlichen Themen veröffentlicht. Wie aufmerksame Leser meines Blogs darüber hinaus richtig mitbekommen haben, ist er auch Herausgeber der Dekaden-Filmbuchreihe bei TASCHEN. Als zweiter Autor ist Thomas Schauerte dabei. Er leitet das Albrecht-Dürer-Haus, das Stadtmuseum und die Kunstsammlungen bei den Museen der Stadt Nürnberg. Er ist Grafik-Spezialist und hat Lehraufträge an den Universitäten Erlangen und Regensburg.

Bei dem gegebenen Inhalt und der Expertise der Macher ist es daher nicht vermessen zu sagen, dass es sich bei „Pieter Bruegel. Das vollständige Werk“ um nicht weniger als DAS Werk zu dem Künstler handelt, dass jeder interessierte Leser über kurz oder lang in seinem Regal stehen haben sollte. Bei der Größe und Aufmachung ist auch der Preis mehr als gerechtfertigt. Bei eventuellen Zweifeln sei ein Besuch des nächsten Buchladens zu empfehlen, um sich selbst ein Bild dieses großartigen Bandes zu machen.

Pieter Bruegel. Das vollständige Werk* 
Verlag: TASCHEN 
Autoren: Jürgen Müller, Thomas Schauerte 
Sprache: Deutsch
Format: Hardcover, 29 x 39,5 cm 
Seitenzahl: 492 
Preis: 150 EUR
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Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt

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Wer schon einmal eine ältere Bibliothek von innen gesehen hat und sich selbst als leidenschaftlicher Leser bezeichnen würde, kennt das überwältigende Gefühl, dass sich beim ersten Blick auf meterhohe Schränke, gefüllt mit zahllosen Geschichten und Informationen einstellt. Eine Mischung aus Erstaunen, Ehrfurcht und Freude, die sich in dem stillen Raum in Ruhe ausbreitet und nur durch einen Griff in eines der Regale übertroffen werden kann.

Genau diesen Moment wollte wohl der italienische Fotograf Massimo Listri einfangen, als er beschloss, die in seinen Augen schönsten Bibliotheken der Welt, im gleichnamigen XL-Band vom TASCHEN-Verlag, für die Ewigkeit festzuhalten. Dabei ist der Begriff Bibliothek fast schon vermessen, wenn man all die Fresken, vergoldeten Regale, Statuen und jahrhundertealten Werke sieht, die mehr an eine Kathedrale als an etwa anderes erinnern. Auf der Reise, an der Listri den Leser teilhaben lässt, durchstreift man diese ‚Schatzkammern aller Reichtümer des menschlichen Geistes‘ in aller Herren Länder. So ist der Band in die geographisch unterschiedlichen Bereiche Europas, sowie des amerikanischen Kontinents unterteilt und zeigt dadurch über die Büchersammlungen hinaus, auch die architektonischen Eigenarten der präsentierten Länder, die einen Besuch der gezeigten Bibliotheken zu einer wahrlich kulturhistorischen Wallfahrt werden lassen.

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©Massimo Listri / TASCHEN
Biblioteca Statale Oratoriana dei Girolamini, Neapel, Italien

Auch sind die Hintergründe der Entstehung der einzelnen Sammlungen interessant, die wiederum die Zusammenstellung der Bücher und die visuelle Aufbereitung der Räume erklären. So sieht man ehemalige Bibliotheken untergegangener oder aktuell immer noch waltender Monarchien. Darüber hinaus gewährt uns Listri Einblicke in Privatbibliotheken, wie die der Medici, die von niemand anderem als Michelangelo persönlich entworfen wurde, Klosterbibliotheken oder die Vatikanische Apostolische Bibliothek, die eine der wertvollsten Sammlungen der Welt beherbergt. Dabei sind das nur einige von vielen Beispielen, die das Gefühl verstärken Geschichte geradezu einatmen zu können, wenn man die entsprechenden Räume und Hallen betritt. Ein krasser und doch angenehmer Kontrast zum Alltag des 21. Jahrhunderts, dem man hier entfliehen kann. Während all unsere Fotos und Texte irgendwann, allein schon aufgrund von ständig wechselnden Datenformaten, das digitale Zeitliche segnen, überdauern klassische Bücher über Jahrhunderte und bleiben damit ein konstanter Übermittler von Wissen, der unabhängig von Zeitgeist und technischer Entwicklung Bestand hat.

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©Massimo Listri / TASCHEN
Stiftsbibliothek Sankt Gallen, St. Gallen, Schweiz

Um dabei das Gezeigte überhaupt korrekt einordnen zu können, findet man neben den großartigen Fotografien, die dazu passenden, sowie detaillierten Texte. Diese sind zum einen in längerer Form zwischen den geographisch aufgeteilten Kapiteln, aber auch als ergänzende Stichpunkte zu den wertvollsten Besitztümern, Baujahren und weiteren interessanten Fakten zu finden. So kann man nicht nur die Aufmachung der palastartigen Bauten genießen, sondern sich aktiv über sie informieren und sich damit vielleicht Inspiration für die nächste Urlaubsreise holen. Ich für meinen Teil habe mir zumindest schon die ein oder andere Notiz dazu gemacht.

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©Massimo Listri / TASCHEN
Stiftsbibliothek Kremsmünster, Kremsmünster, Österreich

Zusammengetragen wurden diese Informationen dabei nicht von einem anonymen Redakteur, sondern durch die Experten Georg Ruppelt und Elisabth Sladek. Ersterer leitete nach seiner Promovierung und anfänglicher Laufbahn als Bibliothekar, als stellvertretender Direktor die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und von 2002 bis 2016 als Direktor die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover. Währenddessen hat er schon mehr als 400 Aufsätze und 40 Monographien über das Buch- und Bibliothekswesen verfasst. Bei so einer Biografie kann man sich getrost die Frage stellen, ob es tatsächlich noch andere Menschen auf der Welt gibt, die sich in einem Leben so viel theoretisches, als praktisches Wissen um dieses Thema aneignen konnten. Zumindest in ähnliche Sphären stößt Elisabeth Sladek vor, die in Wien Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Judaistik studierte. Daraufhin spezialisierte sie sich auf die Kunst- und Architekturgeschichte des Barock und ist in Forschung und Lehre tätig, unter anderem in Wien, Rom und Zürich. Zu diesen Themen publiziert sie regelmäßig. In diesem Sinne ein Team, dessen Expertise nicht nur bei Betrachtung ihres Lebenswegs, sondern auch sofort beim Blick in Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt* offenbart wird.

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©Massimo Listri / TASCHEN
Biblioteca do Convento de Mafra, Mafra, Portugal

In dieser Kombination bietet der vorgestellte Prachtband nicht weniger, als die konzentrierte Essenz dessen, was man als bibliophile und wissensdurstige Person geradezu als magisch bezeichnen würde. Gewissermaßen ein Spaziergang durch die ältesten und schönsten Oasen des Wissens, dessen Genuss man nach der Lektüre nur noch durch den realen Besuch dieser altehrwürdigen Orte steigern kann.

Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt*
Verlag: TASCHEN  
Fotograf: Massimo Listri 
Autoren: Georg Ruppelt, Elisabth Sladek 
Mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch, Französisch  
Format: Hardcover, 29 x 39,5 cm
Seitenzahl: 560
Preis: 150 EUR


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Mark Millar Collection Bd. 7 – Kingsman: The Secret Service

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Ich konnte es wie so viele andere Fans kaum erwarten, bis Panini Comics mit dem nächsten Band der Mark Millar Collection um die Ecke kommt, aber endlich ist es soweit. Mit Kingsman: The Secret Service hat inzwischen der siebte aber zum Glück nicht letzte Band der Reihe seinen Weg in die Regale der hiesigen Geschäfte gefunden.

Nicht wenige von euch werden den Titel als Verfilmung aus dem Jahr 2015 kennen, deren Vorlage die nur zwei Jahre zuvor erschienene Mini-Serie darstellt, die ich hier als Re-Release bespreche. Es sei in dem Zusammenhang verraten, dass zwar die Kino-Version durchaus auf der gezeichneten Fassung beruht, aber viele Story-Elemente derart verändert wurden, dass sich die Anschaffung des Bandes allein schon durch ein etwas anderes bis im Kontrast überraschendes Leseerlebnis lohnt.

Es beginnt alles damit, dass der Leser einer Szene in einem verschneiten Gebirge beiwohnt, in der niemand geringeres als Mark Hamill von mehreren schwerbewaffneten Männern bewacht wird, die sich im Verlauf des Gesprächs zwischen Opfer und Entführer als Fanboys des alternden Star Wars-Recken herausstellen. Solche popkulturellen Referenzen sind wie man sich vielleicht schon denken kann, ein Kernelement, dass man so gut wie in jeder größeren Veröffentlichung von Mark Millar wiederentdeckt. Dabei werden sie nie langweilig und sind, wie in diesem Fall, durchaus relevant für die Handlung. Warum? Nun, hier macht sich schon der erste große Unterschied zwischen Film und Comic bemerkbar. Während auf der Leinwand in erster Linie Wissenschaftler und Politiker entführt werden, sind es hier vor allem Filmemacher und Schauspieler, die sich besonders durch Werke einen Namen gemacht haben, die sich in Nerd-Kreisen einer großen Beliebtheit erfreuen.

Doch auch hier eilt ein Held in Form eines Geheimagenten zur Hilfe, der ganz in klassischer James Bond-Manier die bösen Buben einer akuten Bleivergiftung zuführt und  zur Rettung ansetzt die, so viel sei vorausgenommen, nicht ganz so abläuft, wie er sich das vorgestellt hat. Damit wird zeitgleich der Geheimdienst Kingsman präsentiert, der die Frage beantwortet, wie denn Agenten die wir aus dem Fernsehen und Kino kennen, eigentlich ausgebildet werden. Natürlich mit einem für Millar typischen Augenzwinkern, dass irgendwo zwischen Verneigung und Provokation anzusiedeln ist. Hier arbeitet auch der Onkel der Hauptfigur Eggsy. Der Junge lebt im ärmlichen Süden Londons mit seinem kleinen Bruder, seiner Mutter und ihrem gewalttätigen Freund. Diese prekäre Hölle scheint für den Teenager ausweglos. Daher verbringt er seine Tage meistens mit seinen, ebenso mit einem Fuß im Knast stehenden, Kumpels auf der Straße. Daher muss John, der Bruder von Eggsys verstorbenem Vater, der ebenfalls Agent war, immer wieder mit speziellen Befugnissen eingreifen, damit sein Neffe nicht für eine ungewisse Zeit ins Kittchen wandert. Doch eines Tages beschließt John seinem Bauchgefühl zu folgen und seinem Neffen die Möglichkeit zu geben etwas aus sich zu machen, statt mit Kontakten und gelegentlichen Geldzahlungen nur die Symptome eines verkorksten Lebens zu lindern. Das geht in seinen Augen am besten, indem Eggsy in die Fußstapfen seines alten Herrn tritt und die Welt als eine Art 007 vor allerlei bösen Buben rettet. Allem voran vor den schon erwähnten Entführern rund um einen jungen Tech-Milliardär, der die Welt offensichtlich durch einen Völkermord vor sich selbst retten, aber zeitgleich seine liebsten Prominenten verschonen möchte. Ein schöner Seitenhieb auf bekannte Player im Silicon Valley, die einem Messias gleich, mit ihren Erfindungen unsere Gesellschaft optimieren wollen.

Dafür soll er ein hartes Training bei Kingsman durchlaufen, dass ihn jedoch schon gleich zu Beginn von den anderen Anwärtern separiert, die allesamt aus gutem Hause stammen, jedoch nicht mit dem Instinkt der Straße gesegnet sind, der Eggsy eher unkonventionell Vorteile verschafft. So arbeitet er sich Stück für Stück in die Rolle eines vollwertigen Agenten ein, vergisst aber nie woher er ursprünglich kommt, was ein recht erfrischender Plot ist, wenn man bedenkt, dass die Macher von Geheimdienst-Geschichten besonders viel Wert auf Glamour legen und selbst das berühmteste Franchise um James Bond erst mit Daniel Craig einen raueren Anstrich bekommen hat.

Genau diese Reihe, beziehungsweise ihre filmische Entstehungsgeschichte, hat als eine der größten Inspirationsquellen für die Handlung von Kingsman: The Secret Service gedient. So stammt Sean Connery, der für viele Fans als bester Darsteller von 007 gilt, ebenfalls aus einfachen Verhältnissen und wurde wie Eggsy erst im Laufe eines Prozesses mit den Umgangsformen und dem Stil der High Society vertraut gemacht, behielt aber den kantigen Charme seiner Herkunft aus der Arbeiterklasse. Genau das sind die Details der Popkultur, deren Geschichten Gold wert sind, aber nur von den wenigen Genies wie Millar in ihrem Wert erkannt werden.

Für die visuelle Umsetzung seiner Story holte er sich entsprechend seiner visionären Herangehensweise eine lebende Legende der Comic-Industire an Bord. Niemand geringeres als der Watchmen-Zeichner Dave Gibbons setzte sich ans Zeichenbrett und lieferte den Lesern genau die Mischung aus Realismus und überzeichneten Comic-Chic, den sie erwartet haben. Dabei ist der Hintergrund der Zusammenarbeit fast noch interessanter, als das Ergebnis selbst. So hat Millar im zarten Alter von 16 Jahren einen Brief an Gibbons verfasst, in dem er dem Künstler eine Zusammenarbeit bei einer Shazam-Geschichte anbot, die er gerade schrieb. Informell, wie die 80er in der Branche eben waren, bekam der Junge der später selbst zur Legende werden sollte, sogar eine Antwort. Zwar wurde das Angebot freundlich abgelehnt, aber wie wir nun alle wissen, kam die Kollaboration schlussendlich bei der hier besprochenen Serie doch zustande.

Das Ergebnis ist, wie weiter oben schon angeschnitten, eine erzähltechnische Naturgewalt, die mit einem zynischen Lächeln auf den Lippen der Leserschaft den Spiegel vor die Nerd-Nase hält, dabei aber durchwegs zu verstehen gibt, dass das Wissen um die eigene Merkwürdigkeit darauf beruht, dass der Autor der Geschichte ein Stück seines eigenen Charakters einbringt. In diesem Sinne handelt es sich bei Kingsman: The Secret Service zwar um eine eigenständige Story, die aber immer klar stellt, wer hinter ihr steht. Daher ist die Anschaffung des siebten Bands der Mark Millar Collection (samt Interviews, ersten Entwürfen usw.) nicht nur obligatorisch für bisherige Sammler, sondern eine Empfehlung für all die Leser, die eine verdammt gute Geschichte im Regal stehen haben möchten.

Mark Millar Collection Bd. 7 - Kingsman: The Secret Service 
Verlag: Panini Comics 
Erschienen am: 26.06.2018 
Autor: Mark Millar 
Zeichner: Dave Gibbons 
Format: Hardcover
Seitenzahl: 180 
Preis: 26 EUR