Batman – Dark Knight III: Die Übermenschen
Wenn der Name Frank Miller fällt, horcht die Comic-Szene in der Regel erstmal auf. Ob es sich nun um „300„, „The Dark Knight Returns“ oder die „Sin City„-Reihe handelt – der gute Mann hat mit jedem dieser Meilensteine seinen Legenden-Status weiter zementiert.
Trotz der damit verbundenen Erfolge und einer Reihe von Film-Umsetzungen, die seine Titel einem breiteren Publikum bekannt machten, entwickelte sich sein Schreibstil immer weiter in eine derart reaktionäre Ecke, dass selbst seine größten Fans mit der Zeit Abstand von Miller als Person nehmen mussten. Einen traurigen Höhepunkt erreichte seine kreative Tirade gegen alles „liberale“ (unter bestimmten Kreisen in den USA geradezu ein Schimpfwort) mit „Holy Terror„, eine ehemals als Batman-Geschichte konzipierte Erzählung, die sich primär gegen den Islam richtet und ihn gefühlt als Brutstätte des Bösen im Kontext von Terrorismus darstellt. Sachliche Kritik weicht dabei einem für den Autoren und Zeichner typisch blutgetränkten Pathos nach dem Motto „du oder ich“. Kein Wunder, dass DC das Projekt abgelehnt hat und Miller diesen Tiefpunkt bei einem anderen Verlag unterbringen musste. Auch visuell und auf der Ebene des Storytellings baute er immer weiter ab. Selbst die offizielle Fortsetzung zu „The Dark Knight Returns“ mit dem Titel „The Dark Knight Strikes Again“ wurde trotz vorhandener Basis, auf der man eine tolle Geschichte aufbauen könnte, sowohl von Fans als auch Kritikern zerrissen.
Gut 15 Jahre später schlug die Nachricht über eine weitere Fortsetzung natürlich hohe Wellen. Würde sich der streitbare Altmeister auf alte Stärken besinnen oder die nächste Runde seines Streifzuges gegen die „Political Correctness“ einläuten? Dahingehend beruhigte die Ankündigung über eine Erweiterung des Kreativ-Teams, dass den alternden Miller bei seiner Arbeit unterstützen würde. Zum einen Brian Azzarello („100 Bullets„, „Joker„, „Flashpoint„) an der Seite des Autors und zum anderen Andy Kubert („Flashpoint„, „Batman and Son„, usw.) am Zeichenbrett, vervollständigt durch Klaus Janson (unter anderem „The Dark Knight Returns„) als Inker.
Nun konnte man wirklich gespannt sein, ob der Mann, der in den 80ern neben Alan Moore den Comic aus der Kinderecke in die dreckigen Gossen der Realität führte, mit Hilfe seiner Kollegen eine erneut relevante Geschichte aus dem Hut zaubern würde. Und Siehe da: Er hat es tatsächlich geschafft.

©Panini Comics
Zunächst aber einmal eine kurze Anmerkung zum Titel des Comics, der nicht unbedingt auf eine positive geistige Entwicklung des Machers schließen lassen könnte. Während es im Deutschen mit „Batman – Dark Knight III: Die Übermenschen“ einen Querverweis zu Nietzsche gibt, lautet der mit einem bitteren Beigeschmack versetzte Titel des Originals „Dark Knight III: The Master Race„. Auch auf Englisch ist es ein kalkuliertes Spiel mit Tabus, dass man hierzulande aus nachvollziehbaren Gründen nicht mittragen wollte. Die Vermittlung eines „Herrenrasse“-Schriftzugs wäre durchaus eine eher schwierige Aufgabe auf dem deutschen Markt. Beide Bezeichnungen sind jedoch ein direkter Verweis auf den Inhalt und daher nur auf den ersten Blick eine reine Provokation.
Die Handlung setzt drei Jahre nach dem Ende des Vorgängerbandes ein. Bruce Wayne gilt als verstorben, Wonder Woman zieht auf der Amazonen-Insel Themyscira ihren Nachwuchs Lara und Jonathan auf, die beide niemand geringeres als den Mann aus Stahl ihren Vater nennen können. Dieser ist jedoch wie der dunkle Ritter seit Jahren nicht gesehen worden. Ein Status Quo, aus dem nichts auf eine Veränderung hindeutet, wenn nicht scheinbar Batman oder zumindest jemand der sich für ihn ausgibt, auf der Bildfläche erscheinen und den Verbrechern auf der Straße nach einer gefühlten Ewigkeit Saueres geben würde. Kurze Zeit später stellt sich jedoch heraus, dass sich mit Carrie Kelley das ehemalige Mündel des maskierten Rächers unter der Maske befindet und das Erbe ihres Lehrmeisters aufrechterhalten will. Wie schon im Erstlingswerk, dürfen damit zusammenhängende Verweise auf die journalistische Berichterstattung nicht fehlen, die diesmal nicht nur mit Talkshow-Ausschnitten aufwarten, sondern auch ganz aktuelle Phänomene wie virale Videos oder wirre Kommentare eines Donald Trump (klar zu erkennen, ohne benannt zu werden) mit einbeziehen. Somit wird eine Ebene der gesellschaftlichen Relevanz eingefügt, die man als belesener Fan gerne annimmt, die den uninteressierten Leser aber auch nicht irritiert. Im Endeffekt ein auf wenige Panels komprimierter Balanceakt, der das dem Comic oft angedichtete Phänomen des Trivialen infrage stellt.
Währenddessen hadert Lara mit sich selbst, da sie sich nirgendwo zugehörig fühlt. Ohne greifbare Vaterfigur wächst sie zwar unter Amazonen auf, fühlt sich mit ihren von Superman geerbten übermenschlichen Fähigkeiten aber nicht als Teil der Gemeinschaft. Deswegen beschließt der Teenager sich dazu die Festung der Einsamkeit, Rückzugsort und Geheimversteck ihres kryptonischen Vaters, aufzusuchen und dort nach Antworten zu ihrer Identität zu suchen. Dort findet sie nicht nur ihren vor längerer Zeit eingefrorenen Vater, sondern auch die zur Miniatur geschrumpfte kryptonische Stadt Kandor. Unter einer Glaskuppel gefangen, sehnen sich die Bewohner nach einer Befreiung. Einzelne als Hilferuf interpretierte Zeichen deuten zumindest darauf hin. Lara sieht nun ihre Chance gekommen sich mit in ihren Augen „ihresgleichen“ auszutauschen, schnappt sich kurzerhand die Stadt und sucht die einzige Person auf, die ihr helfen könnte: Ray Palmer alias Atom.
Der Wissenschaftler hat es geschafft sich nach Belieben zu schrumpfen und wieder wachsen zu lassen und soll nun zur Rettung der letzten Kryptonier beitragen. Doch dieser Plan entpuppt sich als fataler Fehler. Zur Lebensgröße angewachsen, stellt sich heraus das der zuvor getätigte Hilferuf von einer Sekte um den irren Anführer Quar abgeschickt wurde, der mit der Selbstüberhöhung der eigenen Rasse eine Art faschistisch-spirituellen Führer darstellt. Noch unter der Kuppel hat er mit seinen Anhängern diejenigen ermordet, die sich nicht zu seinen Idealen bekannten und möchte dieses Spiel nun auf der Erde wiederholen. Durch die gelbe Sonne der Erde nun wie Superman mit entsprechenden Kräften ausgestattet, sieht es so aus, als gäbe es niemanden auf der Welt, der die Kryptonier-Sekte in ihre Schranken weisen könnte, wenn nicht eine uns allzu bekannte Gestalt aus dem Untergrund auftauchen würde: Bruce Wayne. Gealtert und mit Wut im Bauch offenbart er sich der Öffentlichkeit und reaktiviert auch einige seiner alten Mitstreiter, um nichts weniger als die Welt zu retten…
Inhaltlich möchte ich ab diesem Zeitpunkt nicht zuviel vorausnehmen, da sich die Spannung der Story auch aus unerwarteten Wendungen speist und damit verhindert, dass das Ganze zum üblichen Gekloppe verkommt.
Außerdem entdeckt man zwischen den einzelnen Kapiteln, die ursprünglich als Einzelhefte ihren Weg in die Regale der Comic-Shops fanden, so etwas wie Tie-Ins, die zwar die Story voranbringen, aber als Zusatzelemente konzipiert wurden. Diese wurden zudem nicht wie der Hauptstrang von Andy Kubert, sondern von Frank Miller selbst gezeichnet. Ob das eine gute Idee war, muss der Leser wohl für sich selbst entscheiden. Es ist auf jeden Fall anzumerken, dass neben der unsäglichen digitalen Kolorierung, die schon seit gut 20 Jahren nicht zu seinem Stil passt, auch die zeichnerischen Fähigkeiten des Künstlers sich im Rahmen halten. So schwankt er zwischen extrem grobschlächtigen Geschmiere und genialer Strichführung vergangener Tage. In jedem Fall kommt sein Talent nicht an das des hauptverantwortlichen Kubert ran, dem zurecht bei diesem Projekt Platz gemacht wurde. So schafft er es tatsächlich seinen eigenen Stil mit der ursprünglichen Gestaltung der 80er und damit zeitgleich Nostalgie und Moderne verschmelzen zu lassen.

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In diesem Sinne schafft es „Batman – Dark Knight III: Die Übermenschen“ sowohl auf visueller als auch erzählerischer Ebene den Sprung zum modernen Klassiker, der zwar nicht wie „The Dark Knight Returns“ eine Revolution, aber sicherlich eine Evolution darstellt, die mit gut funktionierenden Rezepten aus der Vergangenheit auch im hier und jetzt zu überzeugen weiß. Eine klare Empfehlung!
Batman - Dark Knight III: Die Übermenschen Verlag: Panini Comics Erscheint am: 10.04.2018 Autor: Frank Miller und Brian Azzarello Zeichner: Frank Miller, Andy Kubert, Klaus Janson Format: Softcover bzw. Hardcover Seitenzahl: 380 Preis: 34 bzw. 39 EUR