The Circus. 1870s-1950s

circus_book_hc_bu_int_3d_45462_1602151202_id_1033812

Wir leben in einer Zeit, in der unsere Sinne mit Reizen überflutet werden, jede erdenkliche Form des Entertainments zur Verfügung steht und so etwas wie Langeweile kaum aufkommen kann. Wir sind es gewohnt den Fernseher anzuschalten, die neuesten viralen Hits auf YouTube zu checken und kontinuierlich Zugriff auf einen unendlichen Fundus an Wissen im Internet zu haben.

Es ist nicht wirklich lange her, als die von mir aufgezählten Dinge in den Bereich der Phantasie verbannt worden wären. So etwas wie die Freizeit-Gesellschaft hat sich erst nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt, als die Wirtschaft einen weltweiten Aufschwung erlebte und die Arbeitszeit in vielen Bereichen reduziert werden konnte. Davor galt man mit den ersten Fernsehern und Radios als privilegiert, hatte aber trotzdem nur ein recht übersichtliches Programm, auf welches man zugreifen konnte. Das was man heutzutage als Entertainment bezeichnen kann, wurde insbesondere ab der Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem Begriff „Zirkus“ zusammengefasst.

preview_xl_circus_02_0803261123_id_144853

Hier konnte man einer wilden Mischung aus Museum, Tierschau, Akrobatik und Absonderlichkeiten begegnen, die man vielleicht aus Erzählungen kannte, sich aber jeglicher Vorstellungskraft entzog.  Man sah Künstler und Artisten, die einen so bleibenden Eindruck hinterließen, dass ihr Legendenstatus Jahrzehnte weiter strahlte. Tiere von denen man noch nie etwas gehört hatte, standen nur wenige Meter entfernt in der Manege während ihre wagemutigen Dompteure sie zu Kunststücken anstachelten, bei denen einem die Luft weg blieb. Alles in allem also ein Erlebnis, welches eine solch unvergleichliche Außenwirkung nach sich zog, dass zwangsläufig ein Massenphänomen daraus entstehen musste, an dessen Höhepunkt die Zelte mit so vielen Menschen gefüllt waren, wie bei heutigen Stadion-Konzerten. Insbesondere in Amerika, dem Schoß der Popkultur, konnte man den Zirkus beim Gedeihen beobachten. Mit der kommerziellen Nutzung der Eisenbahn ab den 1870er Jahren begann diese besondere Erfolgsgeschichte auf dem neuen Kontinent und konnte nur ab den 1950ern durch das Aufkommen der Unterhaltungsindustrie, sowie die damit einhergehende Verbreitung von Fernsehgeräten gestoppt werden. Dieser goldenen Ära hat die Autorin Linda Granfield in Zusammenarbeit mit dem Zirkushistoriker Fred Dahlinger Jr., sowie der Herausgeberin Noel Daniel  mit dem Buch „The Circus. 1870s-1950s“ ein gigantisches Denkmal beim TASCHEN-Verlag gesetzt. Genaugenommen kam vor Jahren ein für den Verlag üblich opulenter Band heraus, dessen Größe und Qualität sich in einem entsprechenden Preis spiegelten. Nun wurde dieses Buch glücklicherweise in die Bibliotheca Universalis überführt. Hier findet man eine kompaktere Version zu einem demokratischen Preis von gerade mal 14,99€ (Wir reden im vorliegenden Fall von 888 Seiten!).

preview_xl_circus_05_0803261124_id_144883

Dabei wird neben dem bewährten Prinzip kommentierter Bilder aus Archiven und Privatsammlungen, viel Wert auf die Historie allgemein gelegt. So kriegt man nicht nur einen Einblick in das Privatleben der Artisten, das Geschäft hinter der Fassade oder in gewaltigen Promo-Strategien der jeweiligen Zeit. Es werden einschneidende Erlebnisse wie der große Zirkusbrand vom 6. Juli 1944 in Hartford beleuchtet, die Entwicklung der großen Dynastien erklärt und die Ursprünge der jeweiligen Kunstform detailliert ausgebreitet. Zeitgleich wird bei all der Informationsfülle der Spagat zum Entertainment geschlagen. So bleibt die Lektüre durchgehend spannend und interessant, ohne zu sehr in Details zu versinken. Die eben erwähnten Bilder, die einen gleichwertigen Hauptaspekt des Werks bilden, tun ihr Übriges um den Leser in faszinierende Welten fallen zu lassen, die es durchgehend schaffen, das Lebensgefühl dieser eingeschworenen Gemeinschaften und das Treiben drum herum zu vermitteln.

Solltet ihr wie ich von der surrealen Welt des Zirkus und ihrer Bewohner fasziniert sein, gibt es wohl kaum ein vergleichbares Buch, welches im Bereich der Populär-Literatur sowohl qualitativ als auch quantitativ an „The Circus. 1870s-1950s“ heranreicht, euch zeitgleich dazu motiviert das nächste bunte Zelt in eurer Stadt zu besuchen, dort den süßlichen Geruch von Pocorn und Theaterschminke zu inhalieren und sich wie in alten Zeiten verzaubern zu lassen.

preview_xl_circus_08_0803261124_id_144903

Deadpool – Secret Invasion

DEADPOOLSECRETINVASION_Softcover_437

Inzwischen sollte jeder Comic-Leser den Namen Deadpool zumindest einmal gehört haben. Vor allem der extrem gepushte aber zeitgleich auch sehr gut gemachte Film mit Ryan Reynolds in der Hauptrolle sollte sein Übriges getan haben um den Hype endgültig in jede Spalte des Mainstreams zu spülen. Bis vor ein paar Jahren hätte aber vermutlich kaum jemand auf diese Entwicklung getippt.

Der Söldner mit der großen Klappe oder bürgerlich einfach Wade Wilson genannt, gehörte ursprünglich zu den Hinterbänklern des Marvel-Verlags. Schon zu seiner Entstehungszeit Anfang der 90er Jahre stach er mit seinen Sprüchen, der an Spidey erinnernden Optik und ähnlichen Kräften wie Wolverine aus der Masse heraus, durfte aber nur Nebenrollen in größeren Serien bekleiden. 1997 folgte der Wendepunkt mit einer eigenen Reihe, die zwar 2002 endete aber zumindest bei der kleinen aber treuen Fanbase einen bleibenden Eindruck hinterließ. Nun kam eine längere Pause, in der zwar immer wieder Auftritte der Killermaschine mit Persönlichkeitsstörung eingestreut wurden, aber ein Erfolg in der ersten Reihe undenkbar schien. Das sollte sich ändern, als Daniel Way als Autor und Paco Medina als Zeichner das Steuer übernahmen. Der Humor wurde dreckiger, die Dialoge strotzten nur so vor popkulturellen Referenzen und es wurde so gut wie jede Grenze des guten Geschmacks tuschiert, die sich ein Verlag wie Marvel leisten konnte.

Das Debüt des Duos in Form der ersten Storyline „Secret Invasion“ zahlte sich langfristig aus. Angefangen bei dem wahnsinnigen Einstieg mit der Invasion der Skrulls und deren Infiltrierung samt Klon-Massaker, bis hin zu Zombies, die bei Menschenfleischkonsum normal aussehen weil sie…nun ja…Zombies sind. Es wird einem gleich zu Anfang alles geboten, was sowohl Fans der ersten Stunde als auch Neueinsteiger an der Serie schätzen. Dabei kitzeln nicht nur die gelungenen Dialoge an den Lachmuskeln. Jedes Panel hat etwas von einer extrem physischen Komik, die man üblicherweise nur im Film wiederfindet. Die Macher haben offensichtlich erkannt, was das moderne Publikum sehen möchte und haben entsprechend reagiert. Deadpool ist dahingehend eine Serie, die primär junge Leser bzw. Millennials ansprechen soll, die auch kleine Gags in Bezug auf das aktuelle Zeitgeschehen in der Popkultur dankend aufnehmen. Diese Schicht ist, wie man an den Zuschauerzahlen des Kinofilms bzw. der Nachfrage nach den Heften sieht, nicht gerade klein. Es werden Rekorde gebrochen und die Merch-Industrie kommt kaum hinterher. So sieht ein wirklicher Überraschungserfolg aus!

Apropos Nachfrage. Die in diesem Trade gebündelten Ausgaben wurden nie nachgedruckt und genießen deswegen einen hohen Stellenwert bei Sammlern, obwohl ich mich zum Beispiel noch daran erinnern kann, wie mich die rote Maske vom Kioskregal anstarrte. Dementsprechend war es bis dato nur möglich sich die Sammelbände aus den Staaten zu beziehen oder sich digital zu Gemüte zu führen. Panini Comics haben sich in diesem Zuge nach den sogenannten „Killer Kollektionen“, die seine alten Abenteuer umfassten, endlich auch dazu entschieden die modernen Storys erneut aufzulegen. Hier bietet sich den Pechvögeln, die die ersten Auflagen verpasst haben, endlich die Möglichkeiten zuzuschlagen und die sollte genutzt werden!

Ich persönlich habe diesem Release seit langem entgegen gefiebert, wurde wie zu erwarten überzeugt und kann „Deadpool – Secret Invasion“ uneingeschränkt empfehlen!

 

Marvel Klassiker: X-Men

MARVELKLASSIKERXMENSOFTCOVER_Softcover_346

Ihr werdet sicherlich mitbekommen haben, dass mir zumindest in Bezug auf die letzten Neuveröffentlichungen von sogenannten „Klassikern“ das Rezensieren so einiges an Bauchschmerzen bereitet hat. Dabei beziehe ich mich aber strikt auf die Storys der 90er, die es mit wenigen Ausnahmen geschafft haben, sich so sehr in eine bestimmte Richtung zu manövrieren, dass es einem vor Fremdscham die Zehennägel hochzieht. Im Mainstream ist das schwermütig-düstere der 80er, Pseudophilosophie und künstlich erzeugtem Pathos gewichen.

Nach diesen Erfahrungen, die ich zum Glück erst in einer Generation machen musste, die gelernt hat was Anspruch in Comics bedeutet, war mir tatsächlich etwas mulmig zumute, als der vorliegende Band „Marvel Klassiker: X-Men“ in meinem Briefkasten lag. Sollte ich mich etwa wieder durch hanebüchene Dialoge und Logik-Brüche ackern? Eins vorweg und ich glaube es hat tatsächlich was mit der Entstehungszeit der abgedruckten Geschichten zu tun: Nein, ich wurde verschont!

Panini Comics hat schon vor geraumer Zeit mit den „Avengers“ und den „Fantastic Four“ vorgelegt und die Weichen für weitere Veröffentlichungen aus der Entstehungszeit der Marvel-Helden gelegt. Nun habe ich das erste Mal die Möglichkeit gehabt, selbst Hand an eins dieser „historischen“ Werke zu legen. Dabei konnte ich auf eine kleine Zeitreise gehen, die mit der ersten Ausgabe um das Mutanten-Team im Jahre 1963 begann und mit dem tragischen Ende der Jean Grey im Jahr 1980 endete. Und eins kann ich euch sagen – es hat sich allemal gelohnt.

Während Jahrzehnte später die Anbiederung an bestimmte Leserschichten seltsame Blüten trieb, war in den 60er scheinbar noch alles in Ordnung. Comics sollten primär Kinder ansprechen, ihre Figuren waren sowohl optisch als auch vom Charakter her klar definiert und Gut konnte von Böse auf den ersten Blick unterschieden werden. Das entsprach zwar ganz dem Klischee, welches den bunten Bildchen noch eine lange Zeit nachhängen sollte, aber man bemühte sich gar nicht erst so zu tun, als wäre es etwas anderes als leichte Unterhaltung. Das macht die Handlung und die Figuren in erster Linie authentisch und bis zu einem gewissen Grad auch durch die stark ausgeprägte Naivität sehr unterhaltsam. Neu eingeführte Figuren wurden in wenigen Panels eingeführt und sofort eingegliedert. Kämpfe mussten in abwegigster Weise durchgejagt und zwangläufig für die Hauptfiguren entschieden werden. Selbstverständlich konnte man darüber hinaus die Hefte einzeln genießen, ohne einer Kontinuität folgen zu müssen.

Damit die Leser jedoch weiterhin dabei bleiben, mussten natürlich immer wieder besondere Ideen eingestreut werden, um die Reihe interessant zu halten. Das war vor allem durch verlagsinterne Konkurrenz durchaus schwierig. So gab es ja schon durch die „Rächer“ (die späteren „Avengers“) und die „Fantastischen Vier“ zwei Teams mit übernatürlichen Kräften, die sich fest in der Comic-Landschaft etablieren konnten. Vermutlich um die Leser der einen Serie an die andere heranzuführen, gab es gleich in der neunten Ausgabe ein (auch in dem aktuellen Band zu findendes) Crossover zwischen den eben erwähnten Recken um Thor, Iron-Man und Co. und den Teenager-Mutanten, welches zwar nicht mehr von Lee und Kirby umgesetzt wurde, aber immer noch von der unbekümmerten Art der 60er zehrte.

Offensichtlich änderte sich der Zeitgeist und die Fans konnten im Laufe der Jahre immer weniger mit den Figuren anfangen. Um diesen Prozess zu stoppen, holte Marvel den legendären Neal Adams als Zeichner an Bord, der mit seinem realistischen und unverkennbaren Strich, sich vor allem bei DC ein Denkmal setzen konnte. Der ihm zur Seite gestellte Autor war Roy Thomas, der mit „Conan der Barbar“ seinen Ruf festigen konnte. Außerdem ist er für die vor einiger Zeit bei TASCHEN erschienene Verlagsgeschichte „75 Years of Marvel Comics“ zuständig gewesen, welche beim letzten Münchner „Peng-Preis“ in der Kategorie „Beste Comic-Sekundärliteratur“ abräumen konnte. Leider nutzte all die geballte Kreativität nichts und schon im Jahr 1970 wurden die „X-Men“ zu Grabe getragen.

Dachte man zunächst, dass es sich um eine dieser Reihen handelt, die eine kurze Hoch-Phase erreichen und dann in der Bedeutungslosigkeit versinken, wurde man eines besseren belehrt. Fünf Jahre nach ihrem vermeintlichen Ende feierte die Serie mit „Giant Size X-Men 1“ ihre Wiedergeburt, der auch auf dem Cover der vorliegenden Neuauflage Tribut gezollt wird. Hier wurde das gestartet, was wir heute noch in unzähligen Comics und Kino-Filmen wiederfinden: Die zweite Generation der Mutanten, ohne die das ganze Konzept nicht mehr funktionieren würde. Wolverine, Storm, Collossus u.a. sind fester Bestandteil der Popkultur geworden und begegnen uns auch Jahrzehnte später.

Neu belebt wurde daraufhin das Projekt vom legendären Chris Claremont, der in den darauf folgenden 16 Jahren als Autor das Steuer übernahm. Dabei standen ihm wechselnde Zeichner zur Seite. So zum Beispiel Chris Byrne mit dem die „Dark Phoenix“-Saga verwirklicht wurde, die mit dem Erscheinungsjahr 1980 den Schluss des vorliegenden „Klassiker“-Bandes bildet. Eine kleine Revolution, bei der ein geliebter Charakter sterben musste um die Spielregeln der Comic-Erzählung neu aufzustellen und ein perfektes Ende dieser kleinen Odyssey einzuläuten.

Als Fazit kann ich ziehen, dass eine schöne Übersicht zu den einzelnen Entwicklungsschritten der Reihe geboten wird, die wie bei allen Sammelbänden dieser Art sowohl aufgrund der Unternehmenspolitik als auch des Platzaufwandes auf die „Filetstücke“ in Sachen Storys verzichtet. Trotzdem kann man sich insbesondere aufgrund des ersten Heftes oder der Einführung legendärer Charaktere nicht darüber beschweren, nur die Reste serviert zu bekommen. Damit wird sowohl Neueinsteigern eine kleine Lehrstunde in Sachen Comic-Geschichte, als auch alten Hasen eine ordentliche Portion Nostalgie herangereicht.

Lobo Megaband – Blutige Jagd

LOBOMEGABAND1_Softcover_493

Nachdem sich das Sommersemester mit der letzten Prüfung verabschiedet hat, bin ich endlich wieder da und habe den Kopf frei um mich den wichtigen Dingen im Leben zu widmen! 😉

Deswegen fange ich gleich mit der Besprechung von „Lobo Megaband – Blutige Jagd“ an. Ältere Kaliber unter euch werden den vulgären Kopfgeldjäger aus seiner gleichnamigen Reihe der 90er kennen. Damals war der letzte Czarnianer noch das leibhaftige Abbild eines Metalhead-Klischees: Biker-Kluft, dem Alkohol nicht abgeneigt, pöbelnd, grapschend und jederzeit bereit für eine ordentliche Keilerei. Nun haben sich die Zeiten aber gehörig geändert. Das Business der Verlage ist von leichter Experimentierfreude zu fast neurotischem Perfektionismus geschwankt und zieht damit zwangsläufig auch gewisse Serien in Mitleidenschaft.

Im konkreten Fall werden die DC-Leser wissen, dass die „New 52“ wenig mit Humor am Hut haben, einen übergeordneten Zusammenhang bieten und eine düstere Stimmung zum Standardrepertoire zählen. Ausnahmen bilden die Ausflüge von „DC You“, die mit Perlen wie „Section Eight“ oder „Bizarro“ daherkommen. Leider wurde relativ früh festgelegt, dass „Lobo“ Teil der Kontinuität sein sollte und sich damit zwangsläufig einer Neuausrichtung unterziehen musste. Also waren die geliebten Monologe, Rockermähne, Zigarre und Bart gezwungen zu weichen und einer zwar nicht weniger narzisstischen aber umso sterileren Fassung Platz machen. Der Aufschrei der kleinen aber sehr treuen Fan-Gemeinde ließ nicht lange auf sich warten und DC reagierte auf seine ganze eigene Art und Weise. Ich möchte es mal so formulieren: Es handelt sich bei den zwei beschriebenen Varianten der Figur nicht zwangsläufig um dieselbe Person…

Nun aber zur Handlung selbst (inszeniert durch Cullen Bunn und Frank J. Barbiere): Als gefährlichster Auftragskiller der Welt, wird ihm eine eher ungewöhnliche Aufgabe übertragen. Er soll die Erde vor acht seiner Kollegen schützen, die wiederum den Auftrag haben den blauen Planeten zu vernichten. Damit das klappt, wird dem Eigenbrötler ein seltsames Team zur Seite gestellt, zu dem sich kurzfristig auch Superman gesellen muss, um den Schutz der Menschheit wirklich garantieren zu können. Daraus folgt eine Anwerbung durch „Sinestro“, der „Lobo“ als laufende Waffe gegen gefühlt jede Variante der Lantern-Corps einsetzen will. Dabei gerät er nicht nur mit den jeweiligen Teams wie den „Red Lanterns“ aneinander, sondern zum Beispiel auch mit der abtrünnigen „Green Lantern“ Hal Jordan.

Während des fast durchgehenden Gemetzels, gibt es immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit des Hauptprotagonisten, um seinen Werdegang zu erklären, der doch nicht so eindeutig zu sein scheint, wie er ihn sich selbst ausmalt. Dadurch bekommt der Megaband zumindest eine Andeutung von Tiefgang, ohne die zwar die Geschichte immer noch unterhaltsam, aber am Ende doch nicht mehr als ein (durch die Zeichner Reilly Brown, Robson Rocha und Szymon Kudranski umgesetztes) optisch ansprechendes Action-Feuerwerk wäre.

Dementsprechend kann man zusammengefasst sagen, dass diese Veröffentlichung primär auf eine neue Leserschaft setzt, die den alten „Lobo“ eventuell gar nicht kennt. Eine Anbiederung an die alte Fassung, samt schrägem Humor kann ich trotz einer kleinen Überschneidung beim besten Willen nicht erkennen. Damit wird zwar ein unausweichlicher Bruch vollzogen, aber es handelt sich dabei definitiv nicht um ein von den „old-school“-Fans in grellsten Farben ausgemaltes Desaster. Deswegen kann ich es jedem Fan von Weltraumschlachten („Guardians of the Galaxy“ oder sogar „Star Wars“ lassen grüßen) mit reinem Gewissen ans Herz legen, sich diesen Band zu besorgen. Man darf zwar nicht die ausgeklügeltste Story erwarten, dafür aber kurzweilige Unterhaltung, die trotz opulentem Umfang (über 320 Seiten!) nie auf die Nerven geht!

Kleine Sommerpause!

Wie ich schon mal angedeutet habe, befinde ich mich aktuell im akuten Lernstress und komme dementsprechend nicht wahnsinnig oft dazu Beiträge hochzuladen. Dieser Zustand ist selbstverständlich nur temporär und schon in knapp zwei Wochen findet ihr hier wie üblich alle paar Tage eine Rezension! Bis dahin danke ich für das Verständnis und freue mich euch bald wieder frische Sachen präsentieren zu dürfen! So stehen aktuell noch folgende Veröffentlichungen in der Pipeline: TASCHENs „The Circus. 1870-1950“ und von Panini der „Lobo“-Megaband, „Marvel-Klassiker: X-Men“, „Carnage“, „Deadpool – Secret Invasion“, sowie der zweite „Batman“-Megaband! Ihr seht es gibt Grund zur Vorfreude! 😉 Bis dahin befinde ich mich in dem auf dem Foto abgebildeten Zustand. Bis bald!

Spider-Man: Maximum Carnage

SPIDERMANMAXIMUMCARNAGE1SOFTCOVER_Softcover_318

Und wir haben wieder eine Neuauflage der 90er! Diesmal befinden wir uns aber im Marvel-Universum oder genauer gesagt in den Sphären des Aushängeschilds „Spider-Man“, der sich diesmal mit titelgebenden „Carnage“ herumschlagen muss. Neben der Tatsache, dass es sich hier um die wiederholte Veröffentlichung eines Klassikers handelt, kann der Release auch als Trigger für die zeitnah erscheinende Reihe von Mike Perkins durchgehen, der den Bösewicht als Hauptprotagonisten nutzt. Zusätzlich ist es immer gut sich über Figuren zu informieren, die sich schon bald auf der großen Leinwand tummeln könnten. Wie ihr vielleicht wisst, bekommt der Spidey-Widersacher „Venom“ seinen eigenen Streifen und wer bietet sich hier mehr als Antagonist an, als der ebenfalls vom Symbionten beherrschte Serienkiller mit Hang zur Farbe „Scharlachrot“?

Nun aber erstmal zur Geschichte, die in zwei Bänden als „Maximum Carnage“ aufbereitet wird. Für diejenigen, denen die titelgebende Figur nichts sagt, möchte ich kurz erklären wer oder was es ist. Bürgerlich heißt der Gute Cletus Cassidy und kann wohl als leidenschaftlicher Serienkiller bezeichnet werden, der im Laufe der Spidey-Storys von dem Symbionten befallen wird, der den Reporter Eddie Brock zu „Venom“ werden lässt. In dieser Ausführung kann er nun seinem liebsten Hobby noch erfolgreicher nachgehen als zuvor. Genau das macht ihn zu einem der brutalsten und ikonischsten Charaktere aus der Riege der Marvel-Tunichgute.

In der vorliegenden Geschichte wird er (augenscheinlich getrennt vom Symbionten) in ein Irrenhaus/Gefängnis eingeliefert, aus dem er dank der am Körper gut versteckten Alien-Masse unverzüglich ausbricht. Wie es das Schicksal so will, trifft er bei seiner blutigen Flucht auf einen Fan (und ehemaligen Band-Groupie) namens „Shriek“, deren Fähigkeiten dem Namen entsprechend auf Schall ausgerichtet sind. Es entwickelt sich daraus wie zu erwarten eine wirre Version von „Natural Born Killers“. Die Zweisamkeit währt aber nur recht kurz, da sich im Laufe der Zeit immer mehr Mitstreiter zum Mörder-Duo gesellen. Die Spider-Man-Monster-Fassung „Doppelganger“, der bei Berührung tödliche „Carrion“ und der „Hemo-Goblin“ bilden zusammen ein Team um Angst, Schrecken und primär den Tod in New York zu verbreiten. Das kann die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft so nicht stehen lassen und stürzt sich immer wieder in den Kampf um seine Stadt zu retten.

Was die Umsetzung der Handlung durch die Autoren David Michelinie, J. M. DeMatteis, Tom DeFalco anbelangt, bin ich ehrlich gesagt nicht wirklich überzeugt. Klar, liest sich der Stoff recht flüßig, sogar teils unbekümmert und hier finden wir auch schon mein größtes Problem mit der Ausgabe. Die 90er waren ein Jahrzehnt, in dem die Gesellschaft und Popkultur sich an künstlerisch aufbereiteter Brutalität und Psychosen labte. Vorreiter dieses Lebensgefühl in der Comic-Welt war definitv Todd McFarlanes „Spawn“, der durch seinen immensen Erfolg etliche Nachahmer nach sich zog. Leider nicht immer in erfolgreicher Art und Weise. Man sieht, dass „Carnage“ als irrer Killer, samt flappsigen Sprüchen bei seinen Taten inszeniert werden sollte. Nur kommt es echt trashig rüber, wenn er und die anderen Figuren immer wieder betonen müssen, wie wahnsinnig brutal sie doch sind und welch Chaos sie anrichten würden. Hinzu kommen seltsam anmutende Dialoge wie der folgende:

Peter: „Mary Jane…das Rauchen…Denk doch daran was du deinem Körper antust! Wir waren eben bei einem Begräbnis! Ich will nicht zu deinem gehen!“

Mary Jane: „Bring nichts durcheinander! Harry würde vielleicht noch leben, wenn er geraucht hätte, statt Kobold zu spielen!“

Ernsthaft? Würde es um Deadpool gehen, würde ich das noch als humoristischen Seitenhieb auf politische Korrektheit deuten, aber wenn es hier der Fall sein sollte, haben sie den doppelten Boden vielleicht etwas zu gut kaschiert. Solche Szenen tauchen leider des öfteren auf und ziehen das gesamte Werk zu einem gewissen Teil ins lächerliche. Klar, es bringt selbstverständlich auch etwas von Nostalgie, aber im Jahr 2016 zieht es einem die Fingernägel hoch. Das ist vor allem deswegen schade, weil die Optik der Geschichte exakt der klassischen Darstellung entspricht, die die meisten Fans im Kopf haben, wenn sie an den Netzschwinger denken. Ein ernsthafterer Anstrich hätte dem Ganzen durchaus gut getan, aber wie ich schon oft angebracht habe: Dieses Werk fängt den Zeitgeist zwar ein, aber ob dieser gut umgesetzt wurde steht auf einem anderen Blatt. Entweder man pumpt so viel Pathos rein, dass jedem klar sein sollte, dass man es hier mit einer selbstreflektierten Auseinandersetzung zu tun hat oder packt es von vornherein etwas seriöser an (zumindest oberflächlich). Vielleicht ist es auch mein ganz persönlicher Standpunkt, der von der Meinung der Masse abweicht, aber genau solche Storys haben Comics einen Ruf eingebracht, der die Forcierung des Begriffs Graphic Novel befeuerte. Während es bis in die 60er hinein nachvollziehbar war etwas Kitsch einzustreuen, hatte man ein Jahrzehnt später schon ganz andere Möglichkeiten, die zwar manchmal genutzt aber meistens ignoriert wurden um den Markt zu befriedigen.

Natürlich ist es einfach vom jetzigen Standpunkt aus über eine Geschichte zu urteilen, die veröffentlicht wurde, als manche der heutigen Leser noch nicht mal auf der Welt waren. Aber da es sich um eine Neuauflage und keinen Flohmarkt-Einkauf handelt, muss sich der Titel dieser Kritik stellen.

Zusammengefasst muss ich daher sagen, dass ich „Spider-Man: Maximum Carnage“ nur einem gewissen Klientel empfehlen kann. Diejenigen, die an der Historie des Marvel-Recken und seiner Widersacher interessiert sind, Leute mit einem ohnehin auf „seichtere“ Releases ausgerichtetem Geschmack und junge Fans (Teenys, für Kinder vielleicht doch zu heftig) können jederzeit zugreifen. Fans, die von modernen Handlungsstrukturen und (teils vorgespieltem aber irgendwo vorhandenem) Anspruch verwöhnt sind, sollten zumindest ein mal reingeblättert haben, bevor sie zur Kasse laufen.