[Rezension] The Fantastic Worlds of Frank Frazetta (TASCHEN)

Als jemand, der Popkultur in all ihren Facetten und Entwicklungen verfolgt und auch die damit zusammenhängende Historie einbezieht, war ich fast erstaunt zu erfahren, dass es bis dato keine vollumfassende Monografie zu Frank Frazetta gab, die diese Bezeichnung auch verdient. Selbstverständlich wurden Bände über ihn und sein Werk publiziert, ihm ganze Kapitel zu Kunst-Strömungen im 20. Jahrhundert gewidmet, aber eine Rückschau, die der 2010 verstorbenen Legende gerecht wird, gibt es erst seit kurzem bei TASCHEN. Überraschenderweise der selbe Verlag, der schon 1999 ein Buch mit 164 Seiten zu dem Mann herausbrachte, welches aber im direkten Vergleich zum neuesten Titel aus dem Hause, so gut wie verblasst.

Um auch all jene ins Boot zu holen, die mit dem Namen nichts anfangen können, sei gesagt, dass auch sie definitiv Bilder des in Brooklyn geborenen Künstlers kennen. Vor allem die kraftvollen Ölgemälde von Tarzan, Conan, Vampirella und dem legendäreren Death Dealer. Die Interpretation von Conan definiert sogar bis heute den Look & Feel von Filmen, Comics und anderweitigen Formen der Verwertung. Doch auf den 468 Seiten des knapp 5 kg schweren Buchs findet man nicht nur Ikonen, sondern unzählige weitere Arbeiten aus der gesamten Karriere des Amerikaners. Angefangen mit den ersten Gehversuchen im Bereich der grafischen Literatur als Teenager, über Arbeiten für legendäre Publikationen wie EC-Comics bis hin zu legendären Plakat- (z.B. Was gibt’s Neues Pussy?, Der Mann der niemals aufgibt oder From Dusk Till Dawn) und LP-Cover-Motiven (z.B. Molly Hatchet, Wolfmother oder Nazareth) ist die unfassbar lange Karriere von Frank Frazetta in tiefstem Detail illustriert und ausgeleuchtet. Hinzu kommen informative Texte des Experten Dan Nadel und des Künstlers Zak Smith, die vier zunächst chronologisch und später thematisch geordnete Kapitel einleiten. Dementsprechend findet man mit The Fantastic Worlds of Frank Frazetta nicht nur ein visuell opulentes Werk vor, sondern einen Fundus an Informationen, der nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch auch das schwer zusammenzuführende Oeuvre perfekt einzuordnen weiß.

Sollte einem der Zeichner und Maler auch mit diesen Informationen nichts sagen, kann es sein, dass die Rezeption seiner Bilder insbesondere für jüngere Generationen teils schwer zu verdauen ist. Oder wie der Mann es selber formulierte: „Ich bin sehr körperfixiert. In Brooklyn kannte ich Conan, ich kannte Typen, die exakt so drauf waren wie er“. Das heißt im Klartext, dass man hier zunächst einmal auf massive, bedrohliche und Testosteron-gesteuerte Fantasy-Helden trifft, die man heutzutage wohl in ihrem Auftreten als toxisch bezeichnen würde. Auch im Hinblick auf die Darstellung von Frauen wurden hypersexualisierte Körper mit feinen Gesichtszügen, muskulösen Oberschenkeln, gebärfreudigen Hüften, hervortretenden Brüsten und Hintern auf Papier und Leinwand gebracht. Bedenkt man jedoch die Sozialisation und die Zeit in dem Frazetta aufwuchs, relativiert sich die Empörung. Er wurde 1928 als Sohn einer sizilianischen Familie in Brooklyn geboren. Er war Profi-Baseballer in der amerikanischen Liga, Kleinkrimineller und notorischer Verführer mit dem Aussehen eines Filmstars und außergewöhnlichen Begabungen. Seine Umgebung ließ keine andere Sichtweise als „nur der Stärkste überlebt“ zu. Damit einher gingen selbstverständlich Darstellungen von Körpern, die einem geradezu animalischen Idealbild entsprachen. Es sollte jedem ernsthaft an Kunst interessiertem Leser aber fern liegen, aus der Gegenwart heraus Werke der Vergangenheit losgelöst zu kritisieren. Trotzdem soll an dieser Stelle auf die teils delikate Visualisierung von Frank Frazettas Fantasie aufmerksam gemacht werden, die in jeder Hinsicht wegweisend ist, für zeitgenössische Augen aber gewöhnungsbedürftig sein kann.

Alles in allem, handelt es sich bei The Fantastic Worlds of Frank Frazetta (in Zusammenarbeit mit der Frazetta-Familie und den wichtigsten Sammlern erstellt) in meinen Augen um eine Pflichtanschaffung für all jene, die verstehen wollen, wie Popkultur verwoben ist, wie Impulse zur richtigen Zeit am richtigen Ort gesetzt und sich die Reputation von KünstlerInnen in diesem Kontext verändern kann. So hat Frazetta einst billige Pulp-Romane mit Covern bestückt, während 2019 sein Gemälde Egyptian Queen für unfassbare 5,4 Millionen Dollar an den Höchstbietenden einer Auktion in Chicago ging. Dieser Sprung innerhalb von einem halben Jahrhundert sollte schon Grund genug für einen Blick in das Schaffen des Malers sein. Sollte man zeitnah seine Bestellung auf der Website von TASCHEN tätigen, hat man zudem das Glück eines der nummerierten 6.000 Exemplare der sogenannten Famous First Edition sein Eigen nennen zu dürfen.

The Fantastic Worlds of Frank Frazetta
Verlag: TASCHEN 
Sprache: Englisch, Deutsch, Französisch
Herausgeberin: Dian Hanson
Autoren: Dan Nadel, Zak Smith
Format: Hardcover, Leineneinband mit Schutzumschlag, 29 x 39.5 cm, 4.87 kg
Seitenzahl: 468 
Preis: 150 EUR

TASCHEN- Warehouse Sale mit bis zu 75% Rabatt auf Ansichts- und Mängelexemplare

Das Jahr 2023 ist noch jung und die Vorsätze frisch. Für viele gehört zum letzteren die tiefere Auseinandersetzung mit Literatur und Kunst, die vielleicht durch Arbeit und private Verpflichtungen zu kurz gekommen ist. Um sich selbst zu motivieren, endlich etwas zu namhaften Malern, Fotografen oder Comickünstlern zu erfahren, führt meist kein Weg an DEM Verlag für alles Kreative vorbei: TASCHEN. Wie vielen bekannt sein sollte, findet man in diesem Haus alles in der Spannbreite vom kleinen Geldbeutel bis zur handfesten Geldanlage. Insbesondere in die Nähe des letztgenannten Spektrums verschlägt es eher die Minderheit der Kunstbegeisterten in diesem Land. Doch diesem Frust kann in regelmäßigen Abstand Abhilfe geschaffen werden, indem man beim beliebten Warehouse Sale des Verlags zuschlägt.

Berlin

Dieser findet das nächste Mal schon in knapp einer Woche statt. Sollte man das Glück haben in Berlin (Schlüterstr. 39, 10629 Berlin) oder Köln (Neumarkt 3, 50667 Köln) zu wohnen, kann man sich von Mittwoch, 1. Februar, bis Samstag, 4. Februar persönlich in den Flagshipstores auf die Suche nach Schnäppchen von 25 bis 75% Rabatt (auf Ansichts- und Mängelexemplare) machen. Doch auch Leser jenseits von Rheingebiet und Hauptstadt müssen auf nichts verzichten. Von Donnerstag, 2. Februar, bis Sonntag, 5. Februar kann nämlich auch auf www.taschen.com zugeschlagen werden!

Köln

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