Deadpool the Duck

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Sowohl Deadpool als auch Howard the Duck sind DIE Figuren der neuen Marvel-Generation, die sich humortechnisch weit außerhalb der politischen Korrektheit bewegen und damit einen bis zu ihrem Durchbruch unbeachteten Kreis an Lesern für sich gewonnen haben.

Daher ist es fast schon verwunderlich, dass die beiden bis dato nie ein gemeinsames Abenteuer erleben durften. Nun ist es aber endlich soweit und das vorprogrammierte Chaos kann in „Der Söldner mit dem grossen Schnabel“ seinen Lauf nehmen.

Es beginnt alles damit, dass der beliebte Söldner mit Persönlichkeitsstörung von SHIELD den Auftrag bekommt ein Alien dingfest zu machen, dessen Name dem Leser zunächst nicht verraten wird, beim Schnitt zum extraterrestrischen Erpel Howard aber offenbart wird: Rocket Racoon wurde Weltraum-Rabies (ich schreibe bewusst nicht Tollwut ;-)) injiziert, der ihn Amok laufen lässt. Ursprünglich miteinander befreundet, greift er nach einem zufälligen Zusammentreffen den Enten-Detektiv sofort an.

Da Deadpool dem Waschbären mit Aggressionsproblemen auf der Spur ist, dauert es nicht lange, bis er ihn aufgespürt hat. Bei dem nun stattfindenden Kampf, kommt es zu einem folgenschweren Unfall (zu komplex, um ihn genauer zu beschreiben), der die beiden Großmäuler miteinander verschmelzen lässt (wie auf dem Cover zu erkennen) und Rocket Racoon bewusstlos zurücklässt. Ab diesem Zeitpunkt hat Deadpool die Kontrolle über den Körper von Howard, der aber wie ein Geist über ihn wacht und mit ihm gemeinsam versucht das Ganze rückgängig zu machen. Dabei ziehen sie nicht immer an einem Strang und es ist alles andere als festgelegt, dass Deadpool die Kontrolle behält…

Diese Konstellation stellt sich insbesondere als schwierig heraus, als sie sich auf den Weg zu einer verlassenen Roxxon-Weltraumstation machen, um Rocket Racoon zu heilen dem Grund ihrer Verwandlung auf die Spur zu kommen. Dabei steht sich unser Heldenhybrid nicht nur selbst im Weg, indem er Rocket als potentiell neue Mütze einplant, sondern auch gebrochen deutsch sprechende Hausmeister und rabiate Bewacherinnen tun ihr Übriges, um das Chaos perfekt zu machen. Wie dieses aufgelöst wird, soll aber der geneigte Leser selbst in Erfahrung bringen.

Neben dem Plot sei aber verraten, dass man genau den Humor geboten bekommt, den man sich beim Kauf von „Deadpool the Duck“ erwartet. Ständige Auseinandersetzungen mit der inneren Stimme Deadpools, die mit Howard einen neuen Twist bekommt, die neurotisch-resignierten Monologe unserer Lieblingsente und die ständigen popkulturellen Querverweise bilden den Cocktail, den man sich gerne zu Gemüte führt, egal ob man der Fanfraktion um Deadpool, Howard the Duck oder Rocket Racoon angehört: Wirklich jeder kriegt hier was geboten.

Die von Stuart Moore geschriebene Story wird dabei mit der passenden Visualisierung durch Jacopo Camagni bestens in Szene gesetzt und verleiht den Gags durch die lebendige Dynamik seines Strichs eine noch größere Wucht. Vollgepackt mit Action, aber die subtilen Gags von Mimik und Gestik nicht vernachlässigend, liefert der gebürtige Italiener ein Highlight nach dem nächsten und damit exakt das, was Fans der beiden Anarchos erwarten.

Daher ist „Deadpool the Duck“ definitiv eine Anschaffung wert. Natürlich reißt der Band inhaltlich keine Bäume aus, aber das wird man auch nicht erwarten. Was man bekommt, ist ein Abenteuer, dass mit derbem Humor und rasanter Action zu überzeugen weiß und sich daher als kurzweiliger Snack zwischen zwei Wälzern oder als Lektüre während der Bahnfahrt eignet.

Super Mario Encyclopedia – Die ersten 30 Jahre

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Nachdem die „The Legend of Zelda„-Fans mit der „Hyrule Historia“ und „Art & Artifacts“ durch Tokyopop versorgt wurden, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch das andere prominente Maskottchen des Videospiel-Unternehmens Nintendo neben den Konsolen auch im Bücherschrank einen Platz finden würde.

Mit „Super Mario Encyclopedia – Die ersten 30 Jahre“ veröffentlicht der Verlag zwei Jahre nach dem dritten runden Jubiläum der Figur endlich eine deutsche Version, nachdem das Buch zunächst nur auf japanisch zu erwerben war. Mit ihr liegt das bis dato umfassendste Nachschlagewerk der Spielreihe um den italienischen Klempner mit Vorliebe für Pilze und abhanden gekommene Prinzessinnen vor.

Auf den über 250 bunten Seiten bekommt der Leser eine umfassende Menge an Informationen zu den bis zum Jahr 2015 erschienenen 17 Hauptspielen. Folgerichtig findet man natürlich nichts zum aktuellsten Ableger „Super Mario Odyssee„, was vor dem Hintergrund des erst kürzlich erfolgten Releases zu verkraften ist. Dafür erfährt man etwas zu faktisch jedem Charakter, der seit „Super Mario Bros.“ (1985) bis hin zu „Super Mario 3D World“ (2013) jemals über den Bildschirm geflimmert ist (das zum Jubiläum erschienene „Super Mario Maker“ findet als Teil der Einleitung Erwähnung). Doch dabei bleibt es nicht. Selbstverständlich findet man zu jedem Item und Level, knackig formulierte Erklärungen und schön aufbereitete Übersichtsseiten, die den Gesamtumfang der einzelnen Titel greifbar machen. Sollte man in diesem Zusammenhang das ein oder andere dieser Games (oder vielleicht alle?) sein Eigen nennen, kann man sich zusätzlich über schöne Tipps, Geheimnisse und wissenswerte Geschichten rund um die jeweiligen Veröffentlichungen freuen, die einem die nächste Runde sicherlich erleichtern werden.

Dabei werden auch die Titel außerhalb des „Kontinuums“ nicht unter den Tisch fallen gelassen. Dazu gehören nicht nur die Spin-Offs der Reihe, sondern ganz generell Gastauftritte in anderen Veröffentlichungen, sowie Marios Zeit, bevor er seinen nun zu Weltruhm gelangten Namen trug. Es wird wahrlich nichts ausgelassen. Selbst die kleinsten Debüts von Nebencharakteren finden Erwähnung und werden passend ins Gesamtbild eingeordnet.

Diesem Paket steht außerdem noch ein schönes Interview mit Takashi Tezuka voran, der seines Zeichens Game-Designer und Produzent zahlreicher Super Mario– und Zelda-Spiele war und ist. Dem interessanten Gespräch kann man neben schönen Anekdoten aus der Zeit vor dem kometenhaften Aufstieg von Nintendo, auch allerlei Informationen zur Entwicklung einzelner Aspekte der Games, sowie Design-Entscheidungen entnehmen, die die Super Mario-Reihe sicherlich für einige von euch in einem neuen Licht erscheinen lassen dürfte.

Super Mario Encyclopedia – Die ersten 30 Jahre„, bestehend aus quitschbunter Unterhaltung, die mit deutlich mehr Bildern als Text aufwartet (und damit dem visuellen Medium des Videospiels gerecht wird), sowie interessanten Anmerkungen und hilfreichen Informationen, stellt einen Pflichtkauf für jeden Spieler dar, dessen Interesse für die Figur, sowie die Spiele an sich, tiefer reicht, als es für die Masse der Gamer der Fall ist. Hier lässt man ein Monument der Videospielgeschichte Revue passieren, dass noch lange nicht am Ende ist und mit dem Buch sowohl einen Rückblick als auch die Aussicht auf weitere Dekaden Spielspaß bietet.

Slayer: Repentless – Ohne Reue

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Es kommt wirklich selten vor, dass meine liebsten Hobbys, oder sagen wir lieber Leidenschaften, zusammen auf einen Schlag auftauchen. Die Rede ist natürlich von Comics und Musik (genauer gesagt Metal und Rock). Schon früher gab es Versuche beide Welten verschmelzen zu lassen. Das prominenteste Beispiel sind wohl KISS, die über Dekaden hinweg Künstler damit beschäftigt haben, die Band noch reicher zu machen, wobei ihr „Psycho Circus„-Run mit Angel Medina („Spawn“ u.a.) am Zeichenbrett einen Lichtblick darstellt. Einen anderen Weg ging Corey Taylor, der die zwei Konzeptalben seiner Band „Stone Sour“ mit den Titeln „The House of Gold & Bones – Part I“ und „Part II“ mit einem Comic parallel begleiten ließ um die in den Songs erzählte Story zu visualisieren. Erschienen ist die Mini-Serie übrigens bei „Dark Horse„, die auch den heute zu besprechenden Band auf ihre Kappe nehmen und ihn hierzulande über „Cross Cult“ unter die Leute bringen: „Slayer Repentless – Ohne Reue!

Richtig gelesen! Slayer haben nun ihren ganz eigenen Comic-Band, dessen Titel und Cover (siehe oben) die Essenz der Band ganz gut auf den Punkt bringen. Die Kalifornier stehen seit ihrer Gründung für Kontroversen, die sich primär in blutiger Ästhetik, Kritik an Religionen und dem spielen mit zweideutiger Symbolik manifestiert. Genau mit all diesen Punkten setzt sich die von Jon Schnepp geschriebene Geschichte auseinander, die gänzlich auf der Videoclip-Trilogie von BJ McDonnell (Buch und Regie) basiert. Inhaltlich werden die Musikvideos zu den Tracks „Repentless„, You Against You“ und „Pride in Prejudice“ nacherzählt, die dem aktuellsten Album, des Quartetts entstammen, dass den selben Titel trägt, wie der vorliegende Comic.

Der Unterschied liegt in der Ausführung von Hintergrundinformationen, die uns in den Videos verwehrt bleiben. So kriegt unser Hauptprotagonist den Namen Wyatt (im Video gespielt von Jason Trost, bekannt aus „Hatchet III„) und klärt uns im Dialog mit seinem krankhaft bösen Bruder Adrian über die Familiengeschichte der beiden auf, die auch ein Licht darauf wirft, wieso die beiden einander verfeindet gegenüberstehen. Zum einen natürlich wegen der Liebe und zum anderen in dem Zusammenhang aufeinander stoßende Weltanschauungen, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Ursprünglich beide in der amerikanischen Nazi-Szene verwurzelt, die mit für die US-Geschichte ikonischen Bildverweisen illustriert wird (siehe die American Nazi Party von George Lincoln Rockwell), haben sich die Geschwister entfremdet. Während Adrian hierarchisch bis an die Spitze der Faschisten aufsteigt, hat sich Wyatt mit seiner afroamerikanischen Freundin Angel anders sozialisiert und später im Gefängnis Zusammenhalt zwischen multikulturellen Gruppen kennen gelernt. Das kann der Nazi-Bruder natürlich nicht auf sich sitzen lassen und will das Ganze blutig demonstrieren. Dafür lässt er nach einer Entführung Wyatts aus dem Knast, seine Freundin Angel vor dessen Augen töten, was den gewalttätigen Roadtrip mit Rache als Ziel auslöst, den wir sowohl auf Papier als auch Video zu sehen bekommen.

Dabei bekommt er tatkräftige Unterstützung des mexikanischen Mithäftlings Manny (gespielt vom legendären Danny Trejo), der mit ihm gemeinsam einige Spelunken abklappert um sich mehr Unterstützung im Kampf gegen die Glatzen zu holen. Wie durch „Zufall“ begegnen sie dabei niemand geringerem als der gesamten Slayer-Truppe, die tatkräftig am Schießeisen aushilft. Neben der Tatsache, dass die Band im Gegensatz zu den Musikvideos (nur Performances) eine tragende Rolle bekommt, ist es bemerkenswert, dass sie mit dem Schritt diese Geschichte zu veröffentlichen und sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken, entscheidend den Gerüchten entgegen treten, Sympathien für den Nationalsozialismus zu hegen. Ähnlich wie Rammstein hat die Band gerne in der Vergangenheit mit der damit zusammenhängenden Ästhetik gespielt, aber nie eine Glorifizierung, geschweige denn Verharmlosung der Taten erkennen lassen. Wobei Slayer mit ihrem Song „Angel of Death“ explizit Bezug auf die Zeit nehmen. Hier wird ein unmissverständliches Statement gesetzt, dass auch die letzten Kritiker  verstummen lassen sollte.

Aufs Papier gebracht wurde das Ganze vom aus Barcelona stammenden Zeichner Guiu Vilanova der seit 2007 die amerikanische Comic-Szene aufmischt und seitdem seine Dienste unter anderem für die Reihen „Dark Shadows„, „Conan the Avanger“ oder „The Wilight Zone“ zur Verfügung stellt. Sei Stil passt auch zu „Repentless“ wie die Faust aufs Auge. Viele schwarze Flächen, eine schöne Bandbreite emotioanaler Gesichtsausdrücke und ganz viel Blut, bringen das Gesamtwerk auf eine noch höhere Ebene, die auch für sich und ganz ohne passende Musikvideos stehen könnte.

Zwar handelt es sich bei dem Band sicherlich nicht um den nächsten Eisner-Anwärter, aber um einen extrem unterhaltsamen Slasher im Roadtrip-Gewand, der nicht nur für Fans von Slayer, sondern für jeden Comicleser zu empfehlen ist, der sich an B-Movies, Splattern und dem Metal-Lifestyle erfreuen kann. Ich für meinen Teil wurde großartig unterhalten und freue mich, dass Cross Cult auch solchen, auf den ersten Blick abwegigen, Veröffentlichungen positiv gegenüber steht.

The Legend of Zelda: Art & Artifacts

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The Legend of Zelda. Ein Titel, der das „legendäre“ nicht ohne Grund im Namen trägt. Es wird kaum jemanden geben, der nicht zumindest einmal von der Reihe gehört hat. Ob es nun das sogenannte „Triforce„, die Hauptfigur „Link“ oder einfach nur der Name der Spielreihe ist: der Wiedererkennungswert hat sich nicht umsonst über Dekaden hinweg bis heute länderübergreifend gehalten.

Da ist es nicht verwunderlich, dass sich über die Zeit hinweg einiges an Material angesammelt hat, dass man als interessierter Spieler auch außerhalb der digitalen Welt erkunden möchte. Wie zu erwarten begann man in Japan, dem Ursprungsland der Reihe, damit die Fans mit Hintergrundinformationen, sowie Artworks im Buchformat zu versorgen. In Deutschland sind dafür Tokypop zuständig, die schon vor wenigen Jahren mit „The Legend of Zelda: Hyrule Historia“ erfolgreich den Markt bereichert haben. Angereichert mit chronologisch angeordneten Hintergrundinformationen, Skizzen und Designs, bietet es alles was man sich in der Richtung nur wünschen kann. Natürlich ist trotz des üppigen Inhalts, nicht Platz genug für wirklich alle relevanten Artworks vorhanden gewesen. Daher hat man sich bei den Machern dazu entschieden ein Buch herauszubringen, dass sich gänzlich der visuellen Pracht von „Zelda“ widmet und mit insgesamt über 400 Seiten auch quantitativ eine ganze Schippe drauf legt: „The Legend of Zelda: Art & Artifacts„!

Wie schon im Vorgängerband, arbeitet man sich als Leser chronologisch durch die Geschichte der Serie vom Erstling bis zum aktuellsten AblegerBreath of the Wild„, welcher aufgrund des zeitlichen Abstands in der „Hyrule Historia“ noch keine Erwähnung fand.

Nun findet man eine Masse an wunderschönen Farbillustrationen, die die letzten 30 Jahre der Geschichte aufarbeiten und dadurch einen nachvollziehbaren Prozess darstellen, der bei cartoonesk wirkenden Märchen-Anleihen begann und in epischen Kunstwerken, nahe am Photorealismus, seinen bisherigen Abschluss findet. Darunter befindet sich aber nicht nur schon bekanntes Promo-Material, sondern auch eine Vielzahl an Charakterdesigns, sowie bisher unveröffentlichte Darstellungen, einschließlich exklusiver Zeichnungen und einem Ausklapp-Poster. Nicht zu vergessen sind auch die vollständigen Abbildungen aller in den Spielen verfügbarer Items, die auf gedrucktem Papier sogleich eine andere Qualität entfalten, als auf dem heimischen Bildschirm

Man kann sich gefühlt stundenlang durch die wunderschönen Illustrationen blättern und immer wieder kleine Details entdecken, die man beim bisherigen spielen eventuell übersehen hat und kann dem Erlebnis dadurch einen weiteren Aspekt hinzufügen.

Als krönenden Abschluss bietet der Band darüber hinaus ein lesenswertes Interview mit Künstlern und Entwicklern von NINTENDO, die einen interessanten Blick hinter die Kulissen der Videospielschmiede bieten und dadurch das bisher gesehene in einen informativen Rahmen bettet.

In diesem Sinne ist mit „The Legend of Zelda: Art & Artifacts“ ein wahres Must-Have für jeden Fan erschienen, dass sich als edles Hardcover (für 34,95€ in der Größe vollkommen im Rahmen) auch im Regal als schöner Hingucker entpuppt.

Weihnachten mit den DC-Superhelden

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Vielleicht erinnert sich der ein oder andere von euch an die alten Weihnachtsspecials, die im Fernsehen liefen und die uns bekannten Charaktere aus Serien und Filmen in ein wohlig familiäres Setting setzten. Die wohl bekannteste Version ist die von Star Wars, die bis heute auf Videoplattformen herumgeistert und uns einen gewissen Schauer vor Fremdscham über den Rücken laufen lässt.

In die selbe Kerbe mit einem anderen Medium, schlägt Panini bzw. DC Comics und veröffentlicht mit „Weihnachten mit den DC-Superhelden“ eine ganz eigene Version des Fests der Liebe, bei dem sowohl Schurken als auch Helden zusammenkommen und gemeinsam zumindest für einen kurzen Zeitraum das Kriegsbeil begraben.

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Wie bei den erwähnten Shows, gibt es auch hier einen gemeinsamen Ausgangspunkt für viele unterschiedliche Storys. In diesem Fall führt Harley Quinn ein Gespräch mit dem Leser durch die vierte Wand und leitet uns von einer Geschichte zur nächsten, die jeweils für sich selbst steht und bewusst außerhalb des Kontinuums angesiedelt ist.

Hiervon gibt es 12 an der Zahl, die von unterschiedlichen Teams in Angriff genommen und auf wenigen Seiten in sich geschlossen angefertigt wurden. Dabei setzen sich die Zeichner und Autoren aus einem bunten Gemisch aus Prominenz und Geheimtipps zusammen. Zur ersten Gruppe gehören zum Beispiel niemand geringeres als Paul Dini und Neal Adams.

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© Panini Comics

Inhaltlich hatten aber offensichlich alle Beteiligten ausnahmslose Narrenfreiheit. Wie sonst, könnte man eine Geschichte um ein Team aus Batman und einem Detektiv-Schimpansen namens Bobo kreieren? Wie würde man andernfalls auf die Idee einer Waffenruhe zwischen Flash und dem Team von Captain Cold zur Weihnachtszeit kommen? Und nicht zu vergessen die Jagd nach einer Videospielkonsole für den Superheldennachwuchs!

Ihr seht, es ist das auf Papier wahr gewordene, eben angesprochene Weihnachtsspecial, bei dem sich alle Protagonisten schlussendlich in den Armen liegen. Ich für meinen Teil konnte die aberwitzigen Eskapaden genießen und musste mehrmals herzlich über die ein oder andere Szene lachen, die als deutlicher Seitenhieb auf das Genre der Sueprhelden zu verstehen war. In diesem Sinne ist „Weihnachten mit den DC-Superhelden“ nicht nur für junge Leser geeignet (keine explizite Gewalt, wie sie heutzutage üblich ist!), sondern auch für ältere Semester eine Anschaffung wert.

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© Panini Comics

Passend zum Thema eignet sich der Band auch prima als Geschenk unterm Weihnachtsbaum, da er als Hardcover wertig rüber kommt um mit einem Preis von 14,99€ nicht zu sehr am Konto rüttelt, wenn man sich spontan für eine Kleinigkeit für seine Nächsten entscheidet. Daher eine ganz klare Empfehlung meinerseits!

Bataclan: Wie ich überlebte

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Der 13. November 2015. Ich kann mich genau daran erinnern, wie ich an diesem Abend alleine zuhause saß und mir das aus Paris übertragene Fußball-Spiel „Deutschland gegen Frankreich“ im Fernsehen ansah, als im Hintergrund plötzlich ein tiefes Wummern zu vernehmen war. Es war nur kurz zu hören und schien auf den ersten Blick vielleicht einfach ein Böller gewesen zu sein, der aus dem Block der Ultras geflogen kam. Irgendwas war jedoch seltsam. Die Blicke der Spieler, die plötzlich panischen Gesichter aus der Zuschauermenge. Etwas musste passiert sein und wurde nur Minuten später durch eingeblendete Nachrichten-Ticker und schlussendlich mit dem Abbruch des Spiels bestätigt.

Ein Anschlag hatte sich in der Stadt der Liebe ereignet, die nicht das erste Mal Opfer von verblendeten jungen Männern wurde, die ihr verkorkstes Leben mit dem Tod von Unschuldigen aufzuwerten versuchten. Zunächst  keimte die wage Hoffnung auf, dass ihr Plan gescheitert sein könnte. Es hieß es gäbe keine Toten am Stadion, als die Nachricht von einer Schießerei bei einem Konzert in der Innenstadt bekannt wurde: Das Bataclan, eine legendäre Spielstätte, in der schon unzählige Bands jeder Größe und Bekanntheit gespielt haben, wurde angegriffen, als die „Eagles of Death Metal“ ihren unbeschwerten Rock’n’Roll auf der Bühne zelebrierten. Hatte man zu Anfang die Hoffnung, dass es irgendwie glimpflich ausgegangen sein könnte, stand am Ende eine Zahl von 89 Toten und deutlich mehr Verletzten im Raum, die nicht nur körperliche Wunden davontrugen. Unter Ihnen befand sich an dem verhängnisvollen Abend auch der Zeichner Fred Dewilde, der wie so viele andere einfach eine gute Zeit mit Freunden und Gleichgesinnten erleben wollte.

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© Fred Dewilde / Panini Comics

Hatte man als Betroffener „nur“ die Möglichkeit einer Therapie und vergleichbarer Hilfsmöglichkeiten, konnte sich Dewilde sein Trauma zumindest in Teilen von der Seele schreiben und in einer aufwühlenden Graphic Novel mit dem Zeichenstift verarbeiten, die unter dem Titel „Bataclan: Wie ich überlebte“ bei Panini Comics erschienen ist.

Hier braucht er nicht viele Seiten, um die Schrecken, die er miterleben musste darzustellen. Umso eindrücklicher wirken die Panels, die in ihrer Darstellung dem Leser sofort die Kehle zuschnüren. Kennt man durch Konzertfotos und Mitschnitte der letzten Minuten des Konzerts vom 13.11. den Aufbau der Halle, wird dieser nun mit den Toten, Verletzten, Terroristen und Polizisten gefüllt, die das Geschehene greifbarer für Außenstehende machen. Dabei setzt er nicht auf bitteren Realismus, sondern schafft es zum Beispiel die Terroristen durch ihre Darstellung als Skelette (vier an der Zahl und damit Symbol für die Apokalyptischen Reiter) zu entpersonalisieren und nicht den Raum zu geben, den sie beansprucht haben. Es bleibt nur ihre Tat als Mörder. Dafür rücken die Verletzten, die der Zeichner in dem Chaos getroffen hat in den Vordergrund und thematisieren damit stellvertretend die Hoffnung und den Zusammenhalt in einer schier unvorstellbar schrecklichen Situation, die zuvor völlig Fremde auf ewig zu einer Einheit zusammenschweißte. Hierbei verzichtet Dewilde auf ausufernde Gewaltdarstellungen und konzentriert sich auf für ihn bedeutende Momente, die ein Blick, ein Gefühl oder ein Geräusch sein können, die wiederum ein Gesamtbild ergeben, dass ihn im Verarbeitungsprozess des Traumas leiten konnte. Besonders deutlich wird es auf der letzten Seite des gezeichneten Teils des Bandes, in dem der Künstler alleine auf dem Weg nach Hause und damit real in Sicherheit ist.

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© Fred Dewilde / Panini Comics

Um seine Gedanken beim Entstehungsprozess, seine Gefühlslage in den Tagen und Monaten nach dem Anschlag und seine Gedanken um das soziale, politische und mediale Prozedere, dass diesem Tag folgen sollte zu verstehen, folgt der Graphic Novel ein deutlich längerer Textteil, der genau diese erwähnten Aspekte ergründet. Hierbei wird sehr deutlich, dass die Erlebnisse wie in den Verstand tätowiert sind und sich nur langsam lösen, um ein zumindest im Ansatz normales Leben zu ermöglichen. Dieses muss offensichtlich fast schon neu erlernt werden. Abläufe, Reaktionen und der Umgang mit der Umwelt müssen, wie zum ersten Mal justiert werden. Ein ergreifend ehrliches Porträt des Innenlebens eines Überlebenden, der stellvertretend für zu viele andere Opfer sinnloser Gewalt steht, aber durch sein Talent ein Licht auf etwas eigentlich unbegreifliches wirft und damit der Außenwelt neben Mitleid auch Verständnis abringen kann, dass in seiner Mixtur aus Wort und Bild an Intensität wohl mit keinem anderen Medium vergleichbar ist.

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© Fred Dewilde / Panini Comics

Crossed – Monster Edition: Band 1

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Hart, härter, Crossed. Anders als mit dieser Steigerung, kann man die Eskalation an Gewalt auf den knapp 400 Seiten nicht beschreiben. Aber eins nach dem anderen. Mir fiel die Serie schon früh in der „Panini Vorschau“ dadurch auf, dass die Cover der jeweiligen Ausgaben gerne geschwärzt und mit dem Hinweis auf eine Altersempfehlung von 18+ versehen wurden.

Als großer Fan von Horror- und Splatter-Filmen wurde meine Neugier zwar geweckt, aber aus mir bis heute unerklärlichen Gründen, habe ich mich nie dazu durchgerungen einen Blick in „Crossed“ hinein zu werfen. Natürlich war mir der Name Garth Ennis bekannt, obwohl das bis dato einzige Werk, dass ich von ihm gelesen habe „Rover, Red, Charlie“ war. Aber selbst die seltsam anmutende Geschichte um drei Hunde, die sich durch die Postapokalypse kämpfen, hat schon viel von den typischen Elementen einer Ennis-Erzählung gehabt, die man auch in der berühmtesten Reihe des Iren wiederfindet: beißender schwarzer Humor und Gewalt bis zur Schmerzgrenze.

Worum geht es nun in diesem „Monsterband„, der die Hefte #0 bis #09 von „Crossed“ und #1 bis #07 von „Crossed: Family Values“ umfasst? Zunächst kommt einem das vertraute Gefühl einer Zombie-Apokalypse à la „The Walking Dead“ in den Sinn, welches sich aus überraschten Unbeteiligten und nach Fleisch gierenden Infizierten zusammensetzt. In diesem Fall sind erstere die Besucher eines Diners und den zweiten Part übernimmt ein mit dem Kreuz (das Erkennungszeichen der Kranken) gebrandmarkter Mann, der mit breitem Grinsen im Gesicht einen blutigen Beckenknochen, samt Wirbelsäule auf dem Tresen präsentiert. Nun folgen Ereignisse im Sekundentakt, die darstellen, wie schnell sich die Seuche ausbreitet und nur Momente zuvor friedfertige Mitmenschen in blutrünstige Monster, mit einem unstillbaren Verlangen nach Sex und Tod verwandelt.

In diesen ersten Szenen lernen wir auch einige der Hauptcharaktere kennen, die wir mit dem Beginn der Haupthandlung, einige Monate nach dem Ausbruch, in einem Kampf ums blanke Übeleben erneut begegnen. Diesen bestreiten sie auf dem Weg in den Norden der USA, wo sie sich einen weniger besiedelten und damit sichereren Landstrich erhoffen. Der Weg dorthin scheint jedoch schlimmer zu werden, als jegliche Vorstellung der Hölle. Angefangen bei Erkenntnissen, die die Übertragung der Krankheit betreffen (Körperflüssigkeiten müssen sich offensichtlich nicht nur auf Blut und Speichel beschränken), über die Feststellung, dass die Infizierten ihre Intelligenz und gewisse Kenntnisse beibehalten haben, diese jedoch für den größtmöglichen Schaden nutzen, bis hin zu Gewaltakten, die Snuff-Pornos zu einem Abend mit dem Sandmännchen degradieren – diese Welt ist zum wahr gewordenen Albtraum mutiert, der es sogar schafft, sich bis zum Schluss in allen Belangen zu steigern.

Dabei schreckt Ennis nicht vor Themen zurück, die andere bis zu dieser Lektüre vielleicht noch nicht einmal auf dem Schirm hatten. Ob Kannibalismus und damit in Zusammenhang gebrachter Kindsmord, Gruppenvergewaltigungen, die in Exekutionen münden oder einfach generell die schlimmsten Todesarten, die man sich vorstellen kann. Der Autor entfernt jeden moralischen Filter, den man sich als Schreiber auferlegen könnte und ballert eine perverse Szene nach der anderen raus. Was dabei in meinen Augen aber zu kurz kommt, ist die Charakterentwicklung, die hinter der Splatter-Atmosphäre zu verschwinden droht. Es gibt zwar einzelne Figuren, die offensichtlich einen Ankerpunkt für den Leser darstellen sollen, aber durch ihre recht flache Strukturierung nicht über den Wiedererkennungswert anhand einer Frisur oder eines Accessoires hinweg kommen. Eigentlich ziemlich schade, wenn man bedenkt, wie emotional aufgeladen eine Ennis-Story wie das erwähnte „Rover, Red, Charlie“ sein kann.  Dem kann leider auch nicht der Zeichner Jacen Burrows etwas hinzufügen. Zwar geht der Mann in den Details jedes erschreckenden Panels auf und platziert diese mit einem Augenzwinkern, welches man oft erst bei genauerer Betrachtung entdeckt, aber mehr als das Standardrepertoire, samt fehlender individueller Note ist trotz allem nicht zu finden. Man soll mich dabei bitte nicht falsch verstehen. Burrows beherrscht sein Handwerk, aber die Bilder können die fehlende emotionale Tiefe nicht wett machen. In diesem Sinne ist es vielleicht Jammern auf hohem Niveau, sollte aber erwähnt werden.

Leider sieht es auch im zweiten Teil des Bandes mit dem Titel „Family Values“ nicht anders aus. Da Ennis mit seinem Teil die Geschichte von „Crossed“ als abgeschlossen erachtet hat, übergab er die von ihm erschaffene Welt an andere Autoren und Zeichner, die die Leser mit anderen Figuren und Settings versorgen sollten. In diesem Fall schrieb David Lapham eine mit typischen Horror-Elementen aus dem Mittleren Westen der USA befüllten Story-Strang, der in Teilen sogar in moralisch noch tiefere Abgründe steigt, als man es nach der bisherigen Lektüre annehmen könnte. Das Ganze fängt auf einer Pferderanch an, die von einem tief religiösen Familienoberhaupt geführt wird, der seine sakralen Überzeugungen hinten anstellt, wenn es um seinen Sexualtrieb gegenüber seinen Töchtern geht. Da dieser reale Alptraum nicht reicht, wird die mit dem Kreuz gezeichnete Horde auf die Siedlung um das Gestüt losgelassen. Ein Großteil der Familie überlebt zwar, aber die großen Themen Inzest und Tod beherrschen die Handlung bis zum bitteren Schluss…

Gezeichnet wurde dieser Teil von Javier Barreno, der es durchaus mehr versteht Gefühle in die Mimik und Gestik der Protagonisten zu legen, es aber trotzdem nicht schafft das Korsett aus Blut und Verdammnis auf eine zumindest visuell höhere Ebene zu hieven. Vielleicht ist diesbezüglich meine Anspruchshaltung einfach eine andere, als bei Lesern, die exakt solche Kost suchen. Trotzdem denke ich, dass es möglich gewesen wäre, die Perversion der vorliegenden Geschichten auch mit den beiden Zeichnern in eine interessantere Richtung zu bewegen, die weiterhin schockiert, aber nicht nur vom „hab ich das wirklich gerade gesehen?“-Moment lebt. Man kann sogar sagen, dass man mit jeder Seite etwas weiter abstumpft und daher noch weniger in der Lage ist mit den Helden der Geschichte mitzufiebern oder mit ihnen zu trauern, da sie vom Gefühl her ohnehin jederzeit sterben könnten. Wie das Ganze dann abläuft, verliert selbst bei vollkommen überdrehten Momenten seinen Reiz und driftet in ein Gefühl der Belanglosigkeit ab. Ein passendes Sinnbild wäre wohl einen B-Movie-Splatter anzusehen, der sich über mehrere Stunden hinzieht. Am Anfang vielleicht spannend, aber spätestens bei der Hälfte scheint alles wichtige durch zu sein.

Daher verstehe ich zwar jeden Fan der Reihe, die aufgrund ihrer Extremität auch in heutigen Zeiten schocken kann, würde aber jedem Neueinsteiger empfehlen im nächsten Comicshop in „Crossed – Monsterband: Band 1“ rein zu blättern und sich selbst darüber Gedanken zu machen, ob es dem eigenen Geschmack entspricht. Ich für meinen Teil wurde zwar durchaus gut unterhalten, aber in dieser Masse von über 400 Seiten wird aus dem wohligen Horror-Snack, dann doch schnell eine Übersättigung.

 

Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger

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Diese Woche kommt eines der größten Highlights aus dem TASCHEN-Katalog in die Läden der Republik und das gerade rechtzeitig, um es den Liebsten unter den Christbaum zu legen: Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger!

Nachdem der Illustrator Robert Lippold schon sein Können in den Bänden Hollywood in the 30s und Jazz: New York in the Roaring Twenties unter Beweis gestellt hat (und regelmäßigen Besuchern der TASCHEN-Website durch die Kategorie „Mein liebstes Buch bei TASCHEN ist…“ bekannt sein sollte), hat er sich diesmal mit Schriftsteller Boris Pofalla zusammengetan, um den Zwanzigern in Deutschland oder genaugenommen dem überbrodelndem Berlin, vor dem Sturz in den Albtraum des Faschismus, ein Denkmal zu setzen.

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Robert Nippoldt © TASCHEN
Friedrichstraße bei Nacht

Warum sich die beiden für diese Stadt entschieden haben, lässt sich nicht auf einen Nenner bringen, da es unendlich viele Aspekte gibt, die das Leben in der Hauptstadt der Weimarer Republik weltbekannt gemacht haben: Theater, Cabaret, Film, Funk, Wissenschaft, Sport, Kriminalität, Sex, Skandale und Geheimnisse, die einen Cocktail ausmachten, der eine Strahlkraft besaß, die bis heute anhält.

Um dieses Gefühl zumindest im Ansatz einfangen zu können, stellt Nippoldt in dem atmosphärisch dichten Band nicht nur die Prominenz vor, die man ohne Mühe mit Berlin in Verbindung bringt (Albert Einstein, Marlene Dietrich, Kurt Weill, Comedian Harmonists usw.), sondern auch die interessanten Menschen aus der zweiten Reihe, die auf ihren ganz eigenen Gebieten revolutionäres hervorgebracht haben. Dazu zählt zum Beispiel der Sexualwissenschaftler und Mitbegründer der ersten Homosexuellen-Bewegung Magnus Hirschfeld. Ihm und allen anderen wird ein individuelles Porträt geschenkt, welches in Kürze alle wichtigen Informationen zu der Person beinhaltet und in den Kontext der Zeit einordnet. Um diese wiederum in ihrer Chronologie und Tiefe zu verstehen, werden immer wieder Übersichtsseiten eingestreut, die die Mode, Politik und andere relevante Aspekte der Zwanziger Jahre erläutern.

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Robert Nippoldt © TASCHEN
Der Theaterrevolutionär – Bertolt Brecht

Dabei darf man nicht vergessen, dass es sich bei den Darstellungen nicht einfach um simpel abgepauste Porträts handelt, sondern um akribisch ausgearbeitete Illustrationen, an denen der gebürtiger Kraneburger Nippoldt über fünf Jahre saß und ihnen einen Touch von Graphic Novel und Film Noir verpasste. Dieses Gesamtpaket an kompakten und damit auf den Punkt gebrachten Informationen, sowie wunderschönen Tusche-Bildern, schafft es in einer abstrakten Art, die Lebenswelt in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts greifbar zu machen, ohne in eine Art Verklärung einer durchaus objektiv spannenden Zeit abzugleiten. Dies wird vor allem in der unausweichlichen Hinführung an das Ende der Weimarer Republik und damit die Machtergreifung Hitlers deutlich, die nicht als Randerscheinung, sondern Endpunkt präsentiert wird. Ein Tanz auf dem Vulkan also, mit einem festgelegten Anfang und Schluss.

Um dabei einen Genuss für wahrhaft alle Sinne bereit zu stellen, liegt dem Buch sogar eine CD bei, die rare Schlager-Originalaufnahmen der Zwanziger beinhaltet und damit den letzten Akzentpunkt auf ein Werk setzt, welches es schafft, sowohl Interessenten der Geschichte Berlins als auch Kunstliebhaber unter einen Hut zu bringen, ohne an einer der beiden Seiten Abstriche machen zu müssen. Daher bleibt nichts anderes übrig, als die treffende Bezeichnung „Gesamtkunstwerk“ für Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger zu verwenden.

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Robert Nippoldt © TASCHEN
Hitler und Hindenburg, 30. Januar 1933, Ernennung zum Reichskanzler

Sollte einem die Lektüre dabei nicht genügen, kann man sich die Illustrationen Nippoldts ab dem 14. Dezember sogar persönlich im TASCHEN Flagshipstore (Schlüterstr. 39, 10629 Berlin) zu Gemüte führen. An diesem Tag wird die Ausstellung nämlich mit einer Vernissage (19 Uhr) eröffnet und lädt zum Entdecken und dem Austausch mit anderen Besuchern ein, die das Berlin der Zwanziger Jahre nachfühlen wollen.

 

 

Trinity 1: Gemeinsam Stark

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Das Dreiergespann um die drei großen Ikonen von DC-Comics ist wohl den meisten Comic-Lesern bekannt und sollte spätestens mit dem aktuellen Justice League-Film auch bei der breiten Masse angekommen sein. So kann der Zeitpunkt einer Veröffentlichung kaum besser gewählt worden sein, um mit „Trinity: Gemeinsam Stark“ eine Schar an neuen Lesern an die ungleiche Gemeinschaft heranzuführen und alte Hasen mit einer neuen Seite des Teams zu überraschen.

Das geschieht dabei nicht einfach nur mit einer frischen Geschichte, sondern als kompletter Reboot im Zusammenhang mit dem serienübergreifenden „Rebirth„-Event, welches die Uhr auf die Zeit vor den „New 52“ zurück dreht und alte Bekannte in einem neuen Licht erscheinen lässt.

So stammt der „neue“ Superman, der nach dem Tod des aktuellen Manns aus Stahl seinen Platz eingenommen hat, aus einer anderen Realität, die deckungsgleich mit dem Status Quo vor 2011 ist (ergo vor der Rücksetzung aller Nummern auf #1). Im Gegensatz zum Verstorbenen, ist er schon lange mit der Reporterin Lois liiert und zieht mit ihr zurückgezogen auf einer Farm seinen Sohn Jonathan auf.

Um den Neuankömmling genauer in Augenschein zu nehmen, warten Wonder Woman und Batman mit einem Besuch in zivil auf. Dabei loten sie Parallelen und Unterschiede aus, zeigen sich von den aufkeimenden (aber noch kaum zu kontrollierenden) Kräften des Nachwuchses überrascht und tasten sich an eine neue Partnerschaft heran, die schlussendlich wohl zu genau dem gleichen Gebilde führen soll, wie schon Jahre zuvor.

Zunächst scheint alles normal zu verlaufen, aber wir würden ja keine DC-Geschichte lesen, wenn nicht irgendetwas unerwartetes geschehen würde, dass gefühlt die halbe Welt aus den Angeln hebt. Genau das passiert, als die drei einer Stimme in den Schuppen auf dem Gelände der Farm folgen und sich plötzlich in einem entscheidenen Moment in der Vergangenheit des Kryptoniers wiederfinden. Clark begegnet hierbei seinem jüngeren ich und seinem Ziehvater, der das erwachsene Ebenbild seines Sohnes nicht erkennt. Diese Konstellation zieht natürlich einen emotionalen Faden nach sich, der durch die gesamte Geschichte führt, die den Leser und die Figuren daran zweifeln lässt, was real und was Fiktion ist. Dabei bleibt es nicht bei einem Ausflug in Supermans Vergangenheit, sondern auch schicksalhafte Momente des dunklen Ritters und der Amazonen-Prinzessin werden ausführlich behandelt und in den eben erwähnten surrealen Kontext gesetzt, der eine unerwartete Auflösung mit sich bringt…

Dafür verantwortlich ist der Ausnahmekünstler und Autor Francis Manapul, der mit seinem lebendigen Stil, die Story mit dem Leben füllt, dass aufgrund seiner zwei Arbeitsbereiche, genau dem Bild entspricht, welches er zuvor in seinem Kopf hatte. In dem Zusammenhang bin ich ein großer Fan von Projekten, in denen Autor und Zeichner ein und dieselbe Person sind. So wird exakt das vermittelt, was sich vorgestellt wurde und damit die reinste Form dessen, was man Ursprungsidee nennen könnte.

Diese ist in diesem Fall durchaus unterhaltsam gestaltet worden und lässt den emotionalen Tiefen der Figuren schön viel Raum. Trotzdem kommt die ein oder andere Stelle vor, die mehr nach „ich muss irgendwas einfügen, damit es weiter geht“ riecht, als nach durchdachtem Storytelling. Natürlich ist es auch bei einer Superheldengeschichte (mit einigen Ausnahmen) nicht der explizite Anspruch, aber es sollte der Ehrlichkeit halber trotzdem erwähnt werden. Insbesondere die Auflösung des sich zu Anfang aufbauenden Geheimnisses scheint ein wenig konstruiert, macht das Gesamtwerk aber trotzdem nicht weniger kurzweilig.

In diesem Sinne kann ich den ersten „Trinity“-Band den DC-Jüngern durchaus empfehlen. Neueinsteiger sollten zumindest schon eine Ahnung von den drei Hauptfiguren haben, weil sich sonst recht schnell etwas Verwirrung einstellen könnte. Darüber hinaus findet man hier jedoch eine neue und unterhaltsame Serie, die sich auf Altbekanntes verlässt und damit als „crowd-pleaser“ auf Nummer sicher geht!