[Rezension] Doomsday Clock Bd. 1 (Panini Comics)

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Ich gehöre zu den Leuten, die sich intensiv mit Comics beschäftigen. Trotzdem würde ich mich niemals als Puristen bezeichnen. Daher kann ich mich auch unvoreingenommen über Spin-Offs, Pre- und Sequels freuen, wenn bei diesen mit fast schon legendären Stoffen hantiert wird. Dazu gehört definitiv das epochale „Watchmen“ von Alan Moore und Dave Gibbons. Eine Geschichte, die erzählerisch neue Maßstäbe gesetzt hat und nach Jahrzehnten immer noch begeisterte Leser findet. Eine für dieses Jahr angekündigte HBO-Produktion, die als Fortsetzung angelegt ist, unterstreicht nochmal die Relevanz dieser Veröffentlichung.

Auch im Bereich der Comics traute sich DC schon vor einigen Jahren, die Story um eine Gruppe von Superhelden, die nicht unbedingt den moralischen Kompass der üblichen Verdächtigen wie Batman und Co. besitzen, um einige in sich abgeschlossene Mini-Serien zu ergänzen. Diese erzählten, immer von einem anderen Kreativ-Team gestaltet, die Geschichten von Rorschach, Nite Owl oder Dr. Manhatten, die vor der eigentlichen „Watchmen„-Handlung angesetzt wurden. Auch dieser Vorstoß wurde von vielen Lesern skeptisch betrachtet und von manchen geradezu als Beleidigung gegenüber den ursprünglichen Machern ausgelegt. Nichtsdestotrotz fand auch dieser Stoff begeisterte Leser, die in Teilen dadurch das erste Mal mit den Figuren in Berührung kamen. Dabei orientierte man sich immer noch streng an dem, was die Vorlage an Informationen zur Verfügung stellte und nutzte es primär als Basis für die Erweiterung des bis dato bekannten Universums.

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©Panini Comics

Nun sind einige Jahre ins Land gezogen und DC Comics hat sich dazu entschieden ein weiteres Kapitel zum Franchise hinzuzufügen, dass diesmal jedoch durchaus weitere Kreise ziehen dürfte, als die für sich stehenden Prequels. Mit „Doomsday Clock“ läutet der Verlag nämlich nichts Geringeres als die Verschmelzung des uns bekannten Comic-Reigen aus Batman, Superman und Co. mit dem ursprünglich für sich stehenden „Watchmen„-Universum ein.

Ein durchaus mutiges Unterfangen, dass einige Stolperfallen bereit hält. Selbst wenn Geoff Johns als Autor die Zügel in der Hand hält und nicht unbedingt für Fehlgriffe bekannt ist, hätte dieses Experiment auch schnell an seiner Stellung innerhalb der Szene kratzen können. Es sei jedoch vorweg zu nehmen, dass diese Befürchtungen sich nicht bewahrheitet haben. Warum das so ist, erfahrt ihr hier:

Wir steigen in das Jahr 1992 ein und damit gut sieben Jahre nach den Geschehnissen aus dem Original-Werk. Ozymandias, der zunächst als Held eingeführt wurde, sich im laufe der Handlung aber als Bösewicht herausgestellt hat, initiierte eine angebliche Alien-Invasion mit dem Ziel die Kämpfe zwischen den verfeindeten Blockstaaten zu beenden und damit den von ihm befürchteten Weltuntergang zu verhindern. Diejenigen, die die letzte Seite von „Watchmen“ in Erinnerung haben, wissen jedoch, dass Rorschachs Tagebuch seinen Weg an die Presse fand. Daher ist die Welt trotz der (im wahrsten Sinne des Wortes) monströsen Anstrengung von Ozymandias, der nun zum meistgesuchten Mann der Welt avanciert ist, erneut am Abgrund von dem sie sich kurzzeitig entfernt hatte.

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©Panini Comics

Genaugenommen steuern die Weltmächte mit so großen Schritten auf einen dritten Weltkrieg zu, wie nie zuvor. Insbesondere als Russland in Polen einmarschiert, scheint eine Grenze überschritten worden zu sein, denn die USA setzen Russland mit einem Ultimatum massiv unter Druck. Sollte Moskau dieses nicht erfüllen, droht Washington in der Folge mit einem atomaren Erstschlag und damit dem Szenario, dass Ozymandias ursprünglich verhindern wollte. Es scheint so gut wie keine Möglichkeit zu geben den atomaren Alptraum verhindern zu können und doch besinnen sich einige wenige auf jemanden, der die Macht haben könnte die Weltuntergangsuhr zurück zu drehen. Auf jemanden, der einem Gott gleich Raum und Zeit zu verändern vermag. Auf jemanden wie Dr. Manhatten. Dieser ist bekanntlich verschwunden und die Suche beginnt.

Und insbesondere an diesem Punkt merkt man den Versuch, an „Watchmen“ direkt anzuknüpfen. Dabei darf man jedoch nicht dem Trugschluss aufsitzen, dass es sich hierbei um eine Kopie der Erzählweise bzw. Stimmung handelt, denn beides ist in seiner Genialität wohl von niemandem zu erreichen. Das wird auch der Grund dafür sein, dass sowohl Geoff Johns als Autor und Gary Frank als Zeichner ihren eigenen Weg gehen, jedoch genug vom Original durchscheinen lassen, um einen sauberen Anschluss herzustellen. Das passiert primär durch dem Leser bekannte Versatzstücke wie die Erzählung aus der Sicht bestimmter Figuren, die grimmige Stimmung, die die Superhelden in ein raues bis realistisches Licht rückt, sowie offensichtlich platzierte Easter Eggs.

Nichtsdestotrotz liegt der Fokus in diesem ersten von vier Sammelbänden zunächst einmal auf dem Aufbau eines Gerüsts, an dem sich die Handlung in den darauf folgenden Releases entlang hangeln kann. Dazu gehört natürlich die Zusammenkunft der Figuren aus den beiden schon erwähnten Comic-Universen, wobei sich diese im vorliegenden Band auf eher kurze Episoden beschränken und sicherlich in Zukunft noch in epischer Breite aufgegriffen werden. Trotzdem ist der beschriebene Weg derart spannend gestaltet, dass man nach den letzten Seiten fast schon frustriert die Lektüre aus der Hand legt, weil man unbedingt wissen möchte, wie es nun weiter geht. Zwar wird der Unterhaltungswert im Gegensatz zu „Watchmen“ nicht so sehr aus selbstreferentiellen Aspekten und politischen Seitenhieben gezogen, doch er besticht unbestreitbar durch eine durchdachten Handlungsbogen, der auch bei Puristen einiges wett machen könnte.

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©Panini Comics

Auch auf visueller Ebene wird von Gary Frank eine eigene Schiene gefahren, die sich zwar im Realismus von Dave Gibbons bewegt, jedoch eindeutig die individuelle Handschrift des aktuellen Künstlers trägt. Doch auch hier gibt es Querverweise, die man als Fan des ursprünglichen Stoffes zu schätzen weiß. So wird selbstverständlich mit dem neunteiligen Panel-Aufbau gearbeitet, der das Original schon hervorstechen ließ und heute noch eindeutige Assoziationen weckt.

Alles in allem ist „Doomsday Clock Bd. 1“ daher in meinen Augen nicht einfach ein „Fanpleaser“, der die richtigen Trigger setzt, sondern ein eigenständiges Werk, dass zwar keinen neuen Epos für die Ewigkeit darstellt, jedoch die Tür für viele weitere spannende Geschichten aufstößt, die ohne diesen Release nicht möglich wären.

Doomsday Clock Bd.1 (von 4) 
Verlag: Panini Comics 
 
Autor: Geoff Johns 
Zeichner: Gary Frank

Erschienen am: 02.04.2019 
 
Format: Softcover
 
Seitenzahl: 108
Preis: 13,99 EUR

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