Vor gut einem halben Jahr, habe ich über eine kontrovers diskutierte Reihe berichtet, die auch mit der Fortsetzung nicht gerade zimperlich bezüglich der Geschichte des zweiten Weltkriegs umgeht. Ich spreche natürlich von „Über„. Die gedruckte Umsetzung des Gedanken, was passiert wäre, wenn die Nazis tatsächlich im Besitz einer geheimen, den Kriegsverlauf ändernden Waffe gewesen wären. In diesem Fall wäre es der Wunsch der Faschisten, einen perfekten Menschen zu erschaffen, der in seiner Perversion so weit gesponnen wird, dass man bei einem Nazi mit Superkräften ankommt. Diese Versionen von Waffen in Menschengestalt hören auf so klingende Namen wie „Panzermensch“ oder „Schlachtschiff„. Mit übermenschlicher Kraft und übersinnlichen Fähigkeiten ausgestattet, haben sie die Möglichkeit im Alleingang ganze Reihen an Feinden in kürzester Zeit zu vernichten und durch ihre bestialische Herangehensweise Angst und Schrecken in der Bevölkerung zu verbreiten.
In Band 2 sind die Alliierten inzwischen im Bilde, was die Nazis in der Hinterhand haben und dementsprechend entschlossen gleiches mit gleichem zu vergelten. So werden gleich von mehreren Seiten Kräfte angestrengt um eigene Versionen der „Supermenschen“ zu erschaffen. Auch an diesem Punkt versucht der Autor Kieron Gillen reale Begebenheiten aufzugreifen, um sie daraufhin seiner Vision anzupassen. So gehen die einzelnen Parteien entsprechend ihrer historisch belegten Kriegsstrategie vor. Japan schickt Kamikaze-Versionen ihrer neuen biologischen Waffe, während die Sowjetunion unter Stalin immense Verluste der eigenen Bevölkerung in Kauf nimmt, nur um einige wenige Übermenschen zu erschaffen.
Die Deutschen bleiben während der Handlung natürlich nicht außen vor. Hier werden zwar erneut reale Ereignisse im Licht der Fiktion präsentiert, aber zum Teil noch einen Schritt weiter konstruiert. Man merkt, dass der Autor im Verlauf seiner Arbeit Mut geschöpft hat, in seinen eigenen Zeitstrahl vorzudringen und sich nicht mehr darauf verlässt die bekannte Realität neu zu arrangieren. Der dadurch eingeschlagene Weg erscheint gleich viel frischer und die Lektüre dadurch spannender. Man muss sich natürlich darüber im Klaren sein, dass es sich um die gedruckte Version eines B-Movies mit überbrodelnder Gewaltdarstellung handelt, die Handlung jedoch nicht in Blut und Pathos ertränkt wird. Sie bleibt durchwegs interessant und spielt gekonnt ihre Stärken aus, was wiederum bitter nötig ist, da die Charaktere selbst leider recht eindimensional bleiben.
Die visuelle Umsetzung durch Canaan White erfolgt dabei wie schon beim Erstling auf einem soliden Niveau, dass zwar keine wirklichen Überraschungen bietet, aber stilistisch gut zur Handlung passt. Nach wie vor ist es manchmal schwierig die prominenten Teilnehmer des Krieges zu erkennen, die allesamt von ihrer Mimik recht statisch wirken. Zeitgleich schafft der Zeichner es aber gigantische Schlachten sehr dynamisch in Szene zu setzen. Man merkt, dass die Stärken bei brachialer Action und nicht in subtilen Momenten liegen.
Zusammengenommen kann man daher feststellen, dass es sich zwar defintiv nicht um leichte Kost handelt und Kinder die Finger davon lassen sollten, aber das Paket trotzdem nicht allzu schwer zu verdauen ist. Man kann sich die Lektüre wie einen Tarantino-Film mit weniger Humor und Raffinesse vorstellen. Immer noch unterhaltsam, aber von keiner bleibenden Qualität. Wen es also nach Blut und alternativer Historie dürstet, wird hier trotzdem gut bedient!