Anne Geddes: Small World

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Im Gegensatz zu Malern haben viele Photographen das schwere Los gezogen, oftmals nicht mit ihrem eigenen Werk assoziiert zu werden. Daher stammt allem Anschein nach auch der Eindruck, dass Photokünstler ihr Geld dadurch verdienen, nur auf einen Knopf zu drücken.

Auf Laien mag dies vielleicht zutreffen, aber die berühmtesten Vertreter ihres Berufsstands beweisen immer wieder aufs neue, dass mehr dahinter steckt. Neben einem guten Auge für das festzuhaltende Motiv wird auch ein Gefühl benötigt, das nicht nur durch mechanisch angeeignete Übung erreicht wird, sondern bei dem primär pures Talent eine große Rolle spielt. Dieses Statement trifft nicht zwangsläufig auf die Schöpfer ewig ikonischer Motive zu, sondern auch auf diejenigen, die ihren Bildern eine ganz persönliche Note geben und damit bewirken, dass sie als das angesehen werden, was sie schlussendlich sind: bildende Künstler.

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©Anne Geddes

Eine der bekanntesten Fälle in diesem Zusammenhang ist sicherlich Anne Geddes, die es mit ihren Baby- und Kinderporträts geschafft hat, jedem ein Begriff zu sein. Selbst wenn der Name manchen nicht sofort geläufig ist, wird spätestens beim Betrachten ihrer Werke ersichtlich, wer sie ist.

Schon seit 1992 erfreut sie Menschen weltweit mit ihren einzigartigen Ideen. Ob als Hase, Blümchen oder in den Leib zurückversetze Metamorphose zwischen Mutter und Kind – Ihre Fotografien berühren und büßen dabei auch nach Jahren nichts von ihrer Kraft ein. Zwar assoziieren die meisten Geddes Arbeit mit Postkartenmotiven oder Kalendern, doch das wird ihrer Gabe, sensibelste Momente auf Bilder zu bannen, nicht gerecht. Um sich ein differenziertes Bild ihres Schaffens zu machen, hat TASCHEN nun kurz vor Muttertag mit „Anne Geddes. Small World“ zum ersten Mal ihr nun fast 30-jähriges Gesamtwerk, inklusive bisher unveröffentlichter Aufnahmen, zusammengetragen.

Diesem wird nicht nur durch die den Bildern angemessene Größe des Buches Respekt gezollt, sondern vor allem mithilfe der liebevollen Aufbereitung, die sich nicht an der Chronologie ihres Schaffens, sondern am Wachstum der Kinder orientiert. Dementsprechend wird die Zeit im Mutterleib mit dem Titel „Anfänge“ betitelt, während thematisch an den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt („Ankunft„), die Entdeckung der Umgebung durch den unschuldigen Blick des Kindes („Wachstum„), sowie das Entwachsen aus der auf sich zentrierten Perspektive („Die nächsten Schritte„) aufgereiht wird.

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©Anne Geddes

Dabei wird die Vertrautheit zwischen der Fotografin und ihren Motiven sofort spürbar. Selten wurden Babys mit solch einer intensiven Lebendigkeit und zeitgleich einer schier unfassbaren Zerbrechlichkeit zum zentralen Bildinhalt einer Photographie gemacht. Dabei schafft es Anne Geddes die Intimität auch trotz Zuhilfenahme von teils sehr aufwändigen und liebevoll gestalteten Requisiten beizubehalten. So werden die Kleinen in verschiedenste Kostüme gekleidet und in fantasievolle Umgebungen versetzt, die eine fast natürliche Symbiose eingehen. Trotzdem wird das Ganze zu keinem Zeitpunkt ins Lächerliche gezogen, sondern versprüht geradezu einen subtilen Humor, der den Bildern nicht die Atmosphäre eines beliebigen Photoshoots gibt, sondern jedes Werk mit einem gewissen Etwas ausstattet.

Man muss keinen Kinderwunsch in sich tragen, um sich des Zaubers von „Small World“ bewusst zu werden. So findet man in den Werken die seltene Kombination aus Emotion und Ästhetik, die den Betrachter in eine Welt jenseits der rauen und bisweilen furchteinflößenden Wirklichkeit gleiten lässt. Um Babys und Kinder, die nun mal das Hauptmotiv von Anne Geddes Lebenswerk sind,  vor den dunklen Seiten dieser Gesellschaft zu schützen, hat sie vor vielen Jahren die Vereinigung Geddes Philanthropic Trust gegründet. Diese wird durch die Einnahmen ihrer Produkte finanziert und unterstützt mit beachtlichen Summen den weltweiten Kampf gegen Kindesmisshandlung und Verwahrlosung.

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©Anne Geddes

Anne Geddes widmet sichtlich all ihre Energie und Inspiration der Schönheit und Schätzung der jüngsten Erdbewohner unter uns und schafft dabei ein abgerundetes Gesamtwerk aus philanthropischen und künstlerischen Errungenschaften.

Ich für meinen Teil war zunächst etwas skeptisch, was dieses Buch anbelangt. Die Leser, die ZOMBIAC schon etwas länger verfolgen, wissen um mein Faible für bizarre Motive und dunkle Abgründe in allen Bereichen der Kunst. Dabei sticht der liebliche Bildband „Small World“ offensichtlich heraus. Jedoch hat mich die Zartheit der Motive und immense Kreativität der einzelnen Werke sofort und in jeder Hinsicht überzeugt. Wer hätte gedacht, dass ich, als Freund der dunklen Motive, während des Betrachtens eines Fotobandes fast durchgehend ein seliges Lächeln auf den Lippen tragen würde? Ja, es klingt fast schon Diabetes-auslösend süß, aber es entspricht der Wahrheit und hat mich zur Einsicht gebracht, dass auch Werke außerhalb der eigenen (primären) Interessen das Herz berühren können. Überzeugt euch selbst vom Zauber des Bildbandes Small World von Anne Geddes, dem auch ich selbst nicht widerstehen konnte. (P.S.: Bald ist Muttertag 😉 )

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