[Rezension] Japan 1900 (TASCHEN)

Für viele Menschen, dabei insbesondere Europäer, ist Japan immer noch ein geheimnisvoller Ort am anderen Ende der Welt, der vertraut und doch so fremd wirkt. Als halbwegs kulturaffiner Mensch ist man oft mit den bekannten Exporten Nippons wie Manga, Tee und Sushi konfrontiert. Dabei entsteht das Bild eines Landes, welches oft mehr einer Fantasie, als der Realität entspricht. Die Gründe dafür liegen hierbei weiter in der Vergangenheit als man zunächst annehmen möchte. In der Regierungszeit des Kaisers Meiji (1867-1912) öffnete Japan nach einer zweihundertjährigen Isolation 1868 seine Tore zur Welt und erlaubte damit einen Blick in eine Gesellschaft, die sich losgelöst von politischen und eurozentrischen Trends entwickelte und damit per se ab diesem Punkt ein Faszinosum bildete. In die goldene Zeit des Reisens fallend, gab es nun plötzlich einen Ort, den man ab 1869 in nur 40 Tagen durch den Suez-Kanal oder ab 1900 in nur 17 Tagen durch die transsibirische Eisenbahn erreichen konnte. Man bedenke, dass bis zu diesem Zeitpunkt eine Reise von über einem Jahr eingeplant werden musste, um an dieses Ziel zu kommen. In dem Sinne gleich mehrere Zufälle, die sich zeitlich überlappten und in ihrer Kombination anfingen das Bild Japans zu formen, welches wir bis zu einem gewissen Grad auch heute in uns tragen.

© Former Collection Marc Walter/Photovintage France; Berg Fuji von Suzukawa aus gesehen (1895)

Eben diesem Zeitraum widmet sich der brandneue Prachtband Japan 1900 von TASCHEN, der mit knapp 5,8 kg und einem Umfang von 536 Seiten die unfassbare Masse von mehr als 700 Vintage-Fotografien beinhaltet, die ursprünglich in schwarz-weiß aufgenommen und nachträglich im sogenannten Photochromdruck-Verfahren eingefärbt wurden. Wie schon bei Deutschland um 1900 – Ein Porträt in Farbe und weiteren Veröffentlichungen in dem Stil, sorgt die Färbung dafür, dass die präsentierten Bilder weniger entrückt erscheinen und trotz eindeutiger Stilisierung mehr in der Realtät verankert wirken. Nach wie vor muss man sich fast schon kneifen, wenn man Aufnahmen aus den 1880ern sieht und sich bewusst macht, dass hier die Welt vor 140 Jahren abgedruckt wurde.

© Former Collection Marc Walter/Photovintage France; Yokohama, Kirschblütenbäume bei Nogeyama, Kusakabe Kimbei (1890)

Dabei beschränken sich die beiden Autoren Sebastian Dobson und Sabine Arqué nicht auf die simple Präsentation von Ansichten aus der Meiji-Zeit, sondern ordnen die Bilder thematisch in Kapiteln und aufschlussreichen Kommentaren so ein, dass man gefühlt wie durch einen Reiseführer aus vergangenen Zeiten blättern kann und Sehnsucht nach einem Ort entwickelt, der in dieser Form nicht mehr existiert. Das liegt mitunter an der Tatsache, dass der Westen zu dem Zeitpunkt nur langsam durch Touristen, wirtschaftliche Verflechtungen und politische Öffnung in das Kaiserreich einsickerte. Dadurch erhält man einen Blick auf eine vorindustrielle Nation, die insbesondere im Kontrast zu rauchenden Schornsteinen, Akkordarbeit und aufkommenden Klassenkämpfen geradezu beruhigend wirkt. Natürlich werden bei Fotografien, die primär für den Reisesektor angefertigt wurden die Schattenseiten entweder ausgeblendet oder in einen romantisierenden Rahmen eingehegt. So werden schweißtreibende Feldarbeit und Prostitution sicherlich nicht dem ländlichen Charme bzw. dem edlen Look entsprochen haben, der einem in diesem Buch begegnet. Das gilt auch für quasi anthropologische Abbildungen der Ainu, die indigenen Ureinwohner Japans, die im Laufe der Zeit bis auf die nördliche Insel Hokkaidō zurückgedrängt wurden. Nicht zu vergessen sind auch die erste Schritte auf dem Weg zur Imperialmacht, die sich fast in einer Zwangsläufigkeit durch die Öffnung gen Westen ergaben. Gut zu erkennen an zusätzlich abgebildetem Material wie Postkarten, Speisekarten, Gepäcketiketten und vielem mehr. So erschließt sich aus der Betrachtung nicht zwangsläufig die Tragik hinter den Abbildungen. Dafür helfen entsprechend die erwähnten Texte dabei Hintergründe zu erforschen und historische Zusammenhänge zu begreifen. So kann man ästhetisch atemberaubenden Landschaften, exotische Kleidung und alte Traditionen aufnehmen, ohne Gefahr zu laufen einer Verklärung aufzusitzen.

© Former Collection Marc Walter/Photovintage France; Sumo-Kämpfer beim Ekōin Tempel, vermutlich von Adolfo Farsari (1841–98) (1886)

Nichtsdestotrotz handelt es sich primär um einen westlichen Blick auf das Japan jener Zeit, der viel von Inszenierung und einem fast unwirklichen Idyll geprägt ist. Das haben die Ersteller der Fotografien jedoch auch nie zu kaschieren versucht und präsentieren in dem Sinne ein Wunschbild, welches noch so weit in der Realität verankert ist, dass es dem Fernweh keinen Abbruch tut. So kann man sich Seite für Seite auf eine Reise von Nagasaki, über die Insel Miyajima, bis hin nach Tokio und Hokkaidō machen und dabei unterwegs noch viel mehr entdecken.

In diesem Sinne ist Japan 1900 die optimale Anschaffung für all jene, die regelmäßig Fernweh haben, sich für Vintage-Fotografie in edler Aufmachung begeistern können und alle, die gerne einen vermeintlich direkten Blick auf die Vergangenheit werfen wollen.

Japan 1900
Verlag: TASCHEN 
Mehrsprachige Ausgabe: Englisch, Deutsch, Französisch 
Autoren: Sebastian Dobson, Sabine Arqué
Format: Hardcover, 29 x 39,5 cm, 5,80 kg
Seitenzahl: 536 
Preis: 150 EUR 

Ausstellungseröffnung in Berlin: 20 Jahre Helmut Newton SUMO

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Ein weiteres Event steht im Hause TASCHEN an. Diesmal feiert der Verlag das 20. Jubiläum ihrer ersten SUMO-Ausgabe (70×50 cm): Helmut Newton SUMO

Noch in diesem Monat erscheint passend zu diesem Ereignis eine erweiterte, von June Newton überarbeitete und zu einem demokratischen Preis zu erstehende Neuausgabe. Ursprünglich erschien der Band in einer limitierten Auflage von 10.000 signierten und nummerierten Exemplaren, die bald nach der Veröffentlichung ausverkauft waren und schnell ihren Wert vervielfachten. Als Sensation auf dem Buchmarkt in aller Welt ist die Publikation heute in zahlreichen bedeutenden Sammlungen zu finden, darunter dem Museum of Modern Art in New York.

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Und nicht nur das. Das legendäre SUMO-Exemplar Nummer eins, handsigniert von über 100 der in dem Buch abgebildeten berühmten Persönlichkeiten, brach den Rekord für das teuerste Buch des 20. Jahrhunderts: Bei einer Auktion in Berlin am 6. April 2000 kam es für damals 620 000 DM unter den Hammer.

Des Weiteren wird der legendäre Fotograf (*31.10.1920 – †23.01.2004) am 06.06.2019 (20-22 Uhr) mit einer Ausstellung der Helmut Newton Stiftung Berlin gewürdigt. Hierbei können geneigte Besucher die im Buch abgebildeten Fotografien der abgedruckten Reihenfolge nach betrachten. Hierbei begegnet man auch Newtons berühmten Big Nudes, Sie Kommen, weiteren Aktaufnahmen und unzähligen Modebildern, die man bisweilen aus Zeitschriften wie der Vogue, Queen, Elle oder Vanity Fair kennt. Hinzu kommen Porträts berühmter SchauspielerInnen oder Künstlern wie Liz Taylor, Salvador Dalí und Andy Warhol.

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©Alice Springs; Helmut Newton, Benedikt Taschen und SUMO auf dem dafür entworfenen Tisch von Philippe Starck, Köln, 07.07.1999.

Hier wären alle Details zur kommenden Ausstellung:

20 Jahre Helmut Newton Sumo
Datum: Donnerstag, 06.06.2019
Uhrzeit: 20-22 Uhr
Adresse: 
Helmut Newton Stiftung Museum für Fotografie
Jebenstrasse 2, 10623 Berlin-Charlottenburg

 

Signieraktion: Laurent Benaïm kommt nach Berlin

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TASCHEN lädt erneut zu einem Event in den Berliner Flagshipstore (Schlüterstraße 39, 10629 Berlin). Niemand Geringeres als Laurent Benaïm wird am 16. Mai von 18 bis 19 Uhr exklusiv sein neues Buch signieren, welches wohl zu den gewagtesten Veröffentlichungen von TASCHEN gehört.

Dieses bricht mit der üblichen erotischen Fotografie, bestehend aus dem Katalog normativer Schönheitsideale und stellt ausschließlich Amateure in den Mittelpunkt seines Schaffens. Dabei ist es für ihn vollkommen irrelevant ob diese jung oder alt, dick oder dünn, hetero-, homo-, bi-, inter- oder transsexuell sind. Hierbei werden seine seit 1999 im Pariser Vorort Montreuil aufgenommenen Motive durch eine spezielle Drucktechnik des Gummibichromatverfahrens aus dem 19. Jahrhundert so aufbereitet, dass die teils extremen Darstellungen in ihrer Wucht etwas gedämpft und damit auch auf Ausstellungen in Paris, Berlin, Mailand, Luxemburg oder Zürich gezeigt werden können. Ein besonders außergewöhnlicher Ort, an dem seine Bilder zu bestaunen waren, war das Kinsey-Institut für Sexualforschung in Bloomington (Indiana, USA).

Wenn auch ihr euch die neueste Veröffentlichung dieses Außergewöhnlichen Fotografen signieren lassen wollt, habt ihr am kommenden Donnerstag endlich die Möglichkeit dazu. Hier wären nochmal alle wichtigen Details:

Signieraktion: Laurent Benaïm
Ort: TASCHEN Flagshipstore Berlin 
(Schlüterstraße 39, 10629 Berlin)
Datum: 16.05.2019
Uhrzeit: 18 bis 19 Uhr

 

 

[Rezension] Italien um 1900. Ein Porträt in Farbe (TASCHEN Verlag)

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Wenn man die Deutschen nach ihrem Traumland befragen würde, wäre die überwiegend häufigste Antwort wohl Italien. Wie bei so vielen Reisezielen, ist dabei jedoch die idealisierte Vorstellung das erste Bild, dass einem in den Sinn kommt und nicht die Realität, die häufig so schnöde ist, wie das eigene Zuhause. Doch warum haben sich bei uns gewisse Klischees über Land und Leute eingebrannt, selbst wenn wir persönlich vielleicht nie vor Ort gewesen sind?

Die simple Antwort lautet: Postkarten und Abbildungen, die nichts anderes tun sollten, als eben dieses bis heute omnipräsente Gefühl einzufangen, dass man mit den dargestellten Ländern verbindet. Genaugenommen reden wir von Photochromdrucken, die Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurden und dem Betrachter die Illusion der Realität in Form von Farbfotografien zu präsentieren. Eigentlich handelt es sich dabei um durch spezielle Techniken eingefärbte Schwarzweiß-Negative, die abhängig vom Können der Ersteller, abstrakter oder greifbarer wirken können. Die Klischees, die wir uns in dem Kontext einprägen, entstehen dadurch, dass die Bilder Momente aufgreifen, die zumindest oberflächlich eine Unschuld in sich tragen, die sie nur wenige Jahrzehnte später durch die beiden Weltkriege verlieren sollten. Natürlich gab es auch vor dem Umbruch des 20. Jahrhunderts Konflikte, soziale Spannungen und Ängste, doch diese sind weder im kollektiven Gedächtnis präsent, noch stößt man auf sie bei der Betrachtung der genannten Bilder.

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Venedig, Canal Grande mit Rialtobrücke; Copyright: Marc Walter Collection, Paris

Genaugenommen glänzen Photochrome oft (aber nicht immer) durch die Abwesenheit von Menschen und einen Fokus auf die Umgebung. Dadurch erscheinen uns geläufige Plätze plötzlich idyllisch, während sie heutzutage von Touristen überrannt werden. So sah man es schon in den TASCHEN-Veröffentlichungen „Deutschland um 1900 – Ein Porträt in Farbe“ und „An American Odyssey„, die das beschriebene Konzept genauso in sich trugen, wie der neueste Release „Italien um 1900. Ein Porträt in Farbe„. Hier trug der Sammler Marc Walter die schönsten Darstellungen von den Alpen bis Sizilien zusammen, die im XL-Format nur als opulent zu bezeichnen sind.

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Gardone Riviera am Gardasee, um 1900; Copyright: Marc Walter Collection, Paris

Wenn man es genau nimmt, handelt es sich um eine Art Bilderbuch, dass die Version eines Landes zeigen möchte, dass es in diesem makellosen Zustand wohl nie gegeben hat, aber Sehnsüchte weckt, den fast schon spürbaren Flair von Markusplatz und Gardasee persönlich zu erleben. Wie in einer Filmkulisse bewegt man sich als Zuschauer zwischen Händlern, ikonischen Bauwerken und leergefegten Straßen, die komprimiert die Essenz der sogenannten „Belle Époque“ repräsentieren. Die Moderne scheint noch weit entfernt und nur in ihren Anfängen erkennbar, während Tradition und Folklore ein Idealbild zeichnen, dass sich aus Marktgassen, Zitronenhainen und verträumten Panorama-Aufnahmen speist. Im Endeffekt genau das Italien, von dem Goethe schwärmte und damit die Deutschen mit seiner Lust an dem Sehnsuchtsort im Süden ansteckte.

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Turin, Piazza Vittorio Emanuele I; Copyright: Marc Walter Collection, Paris

Diesem Gefühl kann man nun auch als Leser des Prachtbands mit einem Glas Wein und genügend Platz auf dem Tisch (der Band kommt im typischen TASCHEN-XL-Format) nachgeben und sich in längst vergangene Zeiten entführen lassen.

Italien um 1900. Ein Porträt in Farbe*
Verlag: TASCHEN
Herausgeber: Marc Walter, Sabine Arqué
Autor: Giovanni Fanelli
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch 
Format: Hardcover, 29 x 39,5 cm
Seitenzahl: 580
Preis: 150 EUR
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Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt

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Wer schon einmal eine ältere Bibliothek von innen gesehen hat und sich selbst als leidenschaftlicher Leser bezeichnen würde, kennt das überwältigende Gefühl, dass sich beim ersten Blick auf meterhohe Schränke, gefüllt mit zahllosen Geschichten und Informationen einstellt. Eine Mischung aus Erstaunen, Ehrfurcht und Freude, die sich in dem stillen Raum in Ruhe ausbreitet und nur durch einen Griff in eines der Regale übertroffen werden kann.

Genau diesen Moment wollte wohl der italienische Fotograf Massimo Listri einfangen, als er beschloss, die in seinen Augen schönsten Bibliotheken der Welt, im gleichnamigen XL-Band vom TASCHEN-Verlag, für die Ewigkeit festzuhalten. Dabei ist der Begriff Bibliothek fast schon vermessen, wenn man all die Fresken, vergoldeten Regale, Statuen und jahrhundertealten Werke sieht, die mehr an eine Kathedrale als an etwa anderes erinnern. Auf der Reise, an der Listri den Leser teilhaben lässt, durchstreift man diese ‚Schatzkammern aller Reichtümer des menschlichen Geistes‘ in aller Herren Länder. So ist der Band in die geographisch unterschiedlichen Bereiche Europas, sowie des amerikanischen Kontinents unterteilt und zeigt dadurch über die Büchersammlungen hinaus, auch die architektonischen Eigenarten der präsentierten Länder, die einen Besuch der gezeigten Bibliotheken zu einer wahrlich kulturhistorischen Wallfahrt werden lassen.

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©Massimo Listri / TASCHEN
Biblioteca Statale Oratoriana dei Girolamini, Neapel, Italien

Auch sind die Hintergründe der Entstehung der einzelnen Sammlungen interessant, die wiederum die Zusammenstellung der Bücher und die visuelle Aufbereitung der Räume erklären. So sieht man ehemalige Bibliotheken untergegangener oder aktuell immer noch waltender Monarchien. Darüber hinaus gewährt uns Listri Einblicke in Privatbibliotheken, wie die der Medici, die von niemand anderem als Michelangelo persönlich entworfen wurde, Klosterbibliotheken oder die Vatikanische Apostolische Bibliothek, die eine der wertvollsten Sammlungen der Welt beherbergt. Dabei sind das nur einige von vielen Beispielen, die das Gefühl verstärken Geschichte geradezu einatmen zu können, wenn man die entsprechenden Räume und Hallen betritt. Ein krasser und doch angenehmer Kontrast zum Alltag des 21. Jahrhunderts, dem man hier entfliehen kann. Während all unsere Fotos und Texte irgendwann, allein schon aufgrund von ständig wechselnden Datenformaten, das digitale Zeitliche segnen, überdauern klassische Bücher über Jahrhunderte und bleiben damit ein konstanter Übermittler von Wissen, der unabhängig von Zeitgeist und technischer Entwicklung Bestand hat.

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©Massimo Listri / TASCHEN
Stiftsbibliothek Sankt Gallen, St. Gallen, Schweiz

Um dabei das Gezeigte überhaupt korrekt einordnen zu können, findet man neben den großartigen Fotografien, die dazu passenden, sowie detaillierten Texte. Diese sind zum einen in längerer Form zwischen den geographisch aufgeteilten Kapiteln, aber auch als ergänzende Stichpunkte zu den wertvollsten Besitztümern, Baujahren und weiteren interessanten Fakten zu finden. So kann man nicht nur die Aufmachung der palastartigen Bauten genießen, sondern sich aktiv über sie informieren und sich damit vielleicht Inspiration für die nächste Urlaubsreise holen. Ich für meinen Teil habe mir zumindest schon die ein oder andere Notiz dazu gemacht.

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©Massimo Listri / TASCHEN
Stiftsbibliothek Kremsmünster, Kremsmünster, Österreich

Zusammengetragen wurden diese Informationen dabei nicht von einem anonymen Redakteur, sondern durch die Experten Georg Ruppelt und Elisabth Sladek. Ersterer leitete nach seiner Promovierung und anfänglicher Laufbahn als Bibliothekar, als stellvertretender Direktor die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und von 2002 bis 2016 als Direktor die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover. Währenddessen hat er schon mehr als 400 Aufsätze und 40 Monographien über das Buch- und Bibliothekswesen verfasst. Bei so einer Biografie kann man sich getrost die Frage stellen, ob es tatsächlich noch andere Menschen auf der Welt gibt, die sich in einem Leben so viel theoretisches, als praktisches Wissen um dieses Thema aneignen konnten. Zumindest in ähnliche Sphären stößt Elisabeth Sladek vor, die in Wien Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Judaistik studierte. Daraufhin spezialisierte sie sich auf die Kunst- und Architekturgeschichte des Barock und ist in Forschung und Lehre tätig, unter anderem in Wien, Rom und Zürich. Zu diesen Themen publiziert sie regelmäßig. In diesem Sinne ein Team, dessen Expertise nicht nur bei Betrachtung ihres Lebenswegs, sondern auch sofort beim Blick in Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt* offenbart wird.

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©Massimo Listri / TASCHEN
Biblioteca do Convento de Mafra, Mafra, Portugal

In dieser Kombination bietet der vorgestellte Prachtband nicht weniger, als die konzentrierte Essenz dessen, was man als bibliophile und wissensdurstige Person geradezu als magisch bezeichnen würde. Gewissermaßen ein Spaziergang durch die ältesten und schönsten Oasen des Wissens, dessen Genuss man nach der Lektüre nur noch durch den realen Besuch dieser altehrwürdigen Orte steigern kann.

Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt*
Verlag: TASCHEN  
Fotograf: Massimo Listri 
Autoren: Georg Ruppelt, Elisabth Sladek 
Mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch, Französisch  
Format: Hardcover, 29 x 39,5 cm
Seitenzahl: 560
Preis: 150 EUR


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David LaChapelle. Lost + Found. Part I & Good News. Part II

Wenn es einen modernen Künstler gibt, der es schafft zeitgenössische Gesellschaftskritik mit Popkultur und Starkult zu vermengen, dann ist es David LaChapelle. Der in Connecticut geborene Fotograf komponiert in seinen Arbeiten einen Mix aus Religion, Liebe, Showgeschäft und Sex, der in seiner einnehmenden Wirkung den Status festigt, den LaChapelle sich über Jahrzehnte hart erarbeitet hat.

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Dabei scheint es für ihn eine seiner leichtesten Übungen zu sein, die größten Sterne am Hollywood-Himmel und aus der Musikindustrie vor die Linse zu bekommen. Noch erstaunlicher ist die Tatsache, dass der Mann gerne mit Tabus spielt und das Privatleben seiner Modells zum Thema seiner Bilder macht und diese sich trotzdem zur Zusammenarbeit bereit erklären. Ob es nun die obskure Familiensituation der Jenners, die erwachsene Tochter Kurt Cobains nebst einem Songzitat ihres Vaters oder die in einer Plastikwelt gefangene Pamela Anderson ist – die Kritik an der Konsumgesellschaft der USA, mit ihren personifizierten Stellvertretern, lässt sich fast physisch greifen.

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Diese Aufmerksamkeit, die sich zum einen aus seiner eigenen Prominenz und zum anderen aus der weit größeren Berühmtheit seiner abgelichteten Motive speist, nutzt er gekonnt um zu einem noch größeren Schlag gegen Missstände auszuholen oder einfach den apokalyptisch anmutenden Zeitgeist für die Ewigkeit auf Zelluloid zu bannen. Er spart dabei nicht an provokanten Details, die sich mal mehr oder weniger in seinen teils in Gigantomanie ausufernden Werken verstecken. Ob es nun nicht dem klassischen Schönheitsideal entsprechende Menschen in krassem Kontrast zu engelsgleichen Gestalten, offen präsentierte Geschlechtsteile vor sakralem Hintergrund oder an der Grenze zu Pornografie konstruierte Settings sind – LaChapelle weiß durch solche Momente zu faszinieren, ohne ins billig plakative abzurutschen.

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Den Beweis, dass er diese Qualität über seine gesamte Laufbahn hinweg halten kann, hat er nun mit den zwei abschließenden Bänden seiner auf fünf Teile ausgelegten Reihe vorgelegt: Lost + Found. Part I & Good News. Part II

Hier präsentiert er nicht nur bis dato unveröffentlichte Bilder aus seinen Anfangsjahren, sondern auch neuere Kreationen, die das erste Mal in einem Buch betrachtet werden können. Erstere zeigen dabei eine kaum bekannte Seite des Künstlers, der in den 80er Jahren fast schon subtil mit seiner Kamera agiert hat. Entrückt wirkende Models, die zwar wie später in surrealen Umgebungen posieren, aber in erstaunlich gedeckten Farbpaletten porträtiert werden. Dazu eine klassischere Form der Ästhetik, die erst später Platz für überlebensgroße Motive machen sollte.

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Zusammen mit den, zumindest in ihrer Aufmachung, bekannten Fotografien ergibt sich der visualisierte Lebensweg eines Ausnahmekünstlers, der zwar in einer zeitgenössischen Art und Weise Unterhaltungsindustrie, Religion und Politik zu einem Gesamtbild vermischt, dabei aber immer noch die Realität abbildet. Überdreht, bunt, schockierend, aber trotzdem ein sofort erkennbares Abbild greifbarer Umstände.

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Genau wegen diesem Kontrast aus Pop und Statement, macht es immer wieder Spaß sich durch beide Bände zu arbeiten und nach Details zu suchen, die einem vielleicht bei der ersten Betrachtung verborgen blieben, denn von diesen gibt es mehr als genug! Wie als Einladung zur selbstständigen Entdeckungsreise, beginnen manche der Seiten mit einer Nahaufnahme eines Bildes, welche als solche, aufgrund der perfekt in Szene gesetzten Elemente, nicht zu erkennen ist. Erst beim umblättern merkt man plötzlich, dass man auf ein gigantisches Gesamtwerk zusteuert, dass in seiner ganzen Pracht den Konsumenten fasziniert zurücklässt.

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Lost + Found. Part I und Good News. Part II sind hierbei als zwei Seiten einer Medaille zu verstehen, weshalb sich die Anschaffung beider Bücher empfiehlt. Ich für meinen Teil bin immer noch wehmütig, nicht bei der Präsentation und dem damit einhergehenden Besuch LaChapelles in Berlin teilgenommen zu haben. Spätestens nachdem ihr selbst eins seiner Publikationen bei TASCHEN in die Hände genommen habt, werdet ihr die Faszination und Begeisterung dafür verstehen. Also nichts wie los und sich selbst ein Bild davon machen!

 

David LaChapelle kommt nach Berlin!

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Es ist wieder einer dieser Tage, an denen ich wünschte mich teleportieren zu können. Wie oft ist es schon passiert, dass der TASCHEN-Verlag in die Räume seiner Flagshipstores eingeladen hat um Neuveröffentlichungen zu zelebrieren und dabei die dazu passenden Künstler im Gepäck hatte. Ob Christo, Steve Schapiro oder Peter Lindbergh – Jeder Name stellvertretend für ein legendäres Lebenswerk. Auch am 28.10. diesen Jahres darf ich neidisch gen Norden blicken, während eine weitere Koryphäe sich in Berlin die Ehre gibt.

Niemand Geringeres als der Ausnahme-Fotograf David LaChapelle wird an dem Tag von 18 bis 20 Uhr anwesend sein, um seine neuesten zwei Bildbände zu präsentieren und zu signieren. Es hätte kein besserer Zeitpunkt gewählt werden können, da mit „Lost + Found, Part I“ und „Good News, Part II“ eine fünfteilige Reihe abgeschlossen wird, die mit „LaChapelle Land“ (1996) begann, mit „Hotel LaChapelle“ (1999) fortgeführt und vor über zehn Jahren mit „Heaven to Hell“ (2006) einen vorläufigen Höhepunkt fand.

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Die glücklichen Besitzer dieses Werks können sich über eine Signatur und den Händedruck eines Mannes freuen, der es wie kein zweiter versteht Gesellschaftskritik mit Popkultur zu vermengen und dabei die Gesichter einer Armada von Prominenten vor die Linse zu kriegen. Dadurch kreiert er Motive, die uns vertraut und doch, in seiner ganz eigenen Vision, fremd erscheinen. Diese Mixtur ist es auch, die es schafft, den Zeitgeist ganzer Dekaden einzufangen und dem Betrachter als Spiegel vorzuhalten.

Dabei kriegen Käufer der finalen zwei Bände sogar die Möglichkeit, erstmalig einen Blick auf zuvor unveröffentlichtes Material zu werfen, welches es zuvor nicht mal in einschlägigen Galerien zu sehen gab, sowie erstmals in Buchform veröffentlichte Abbildungen.

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Solltet ihr wie ich kein Glück haben und am 28.10. nicht in Berlin sein, gebe ich euch zumindest die Möglichkeit den edlen vierten Band „Lost + Found, Part I im Wert von 49,99€ euer Eigen zu nennen. Was ihr dafür tun müsst, erfahrt ihr hier:

  1. Lasst ein „Like“ auf meiner Facebook-Seite
  2. Lasst ein „Like“ unter diesem auf der FB-Seite geposteten Beitrag
  3. Markiert einen Freund unter dem eben genannten Beitrag

Dadurch kommt ihr in den Los-Topf aus dem ich danach den glücklichen Gewinner ziehen werde.

Ich wünsche euch viel Glück beim Gewinnspiel und ganz viel Spaß beim schmökern!

Teilnahmebedingungen
1. Teilnahmeberechtigte
Teilnehmen kann jede(r) Volljährige, ausgenommen Mitarbeiter der TASCHEN GmbH.
Eine Teilnahme über Gewinnspiel-Agenturen oder sonstige Dritte, die den Teilnehmer bei einer Vielzahl von Gewinnspielen anmelden, ist ausgeschlossen.
2. Teilnahmemöglichkeiten
Eine Teilnahme ist nur über Facebook möglich, indem der im Text angegebene Beitrag und die Facebook-Seite von ZOMBIAC mit einem „Like“ versehen und öffentlich geteilt wird. Das Gewinnspiel erfolgt ohne Zusammenarbeit mit Facebook.
3. Teilnahmeschluss
Teilnahmeschluss ist der 27.10.2017 um 23:59 Uhr.
4. Gewinnermittlung
Der Gewinner wird per Los ermittelt.
5. Art der Gewinnbenachrichtigung
Der oder die Gewinner/in wird über eine persönliche Facebook-Nachricht schriftlich kontaktiert.
6. Veröffentlichung der Gewinner
Der Name des Gewinners wird nach seiner Ermittlung in anonymisierter Form auf zombiac.blog und der angeschlossenen Facebook-Seite veröffentlicht.
7. Der Rechtsweg
Eine Barauszahlung der Gewinne ist ebenso wie der Rechtsweg ausgeschlossen.

Mario Testino signiert in Berliner TASCHEN-Store!

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Wenn man auf die Fotografen der Reichen und Schönen zu sprechen kommt, dauert es nicht lange bis der Name Mario Testino fällt. Der Mann, der durch seine Fotos von Prinzessin Diana zum ersten Ansprechpartner des Adels wurde und durch seine Arbeiten für so gut wie jedes namhafte Modemagazin weltweite Berühmtheit erlangte, kommt nach Berlin um im TASCHEN-Flagshiptstore seine Bücher SIR und UNDRESSED zu promoten. Diese Gelegenheit können Besucher am 02. Juni (17:30-18:30 Uhr) nutzen, um sich eine Signatur dieser Legende zu sichern.

Es gehört nicht viel dazu, um zu verstehen, warum der gebürtige Peruaner so gut wie jeden Promi von Rang und Namen vor die Linse bekommen hat. Repräsentativ steht hierfür der eben erwähnte Band SIR, der über 300 zeitgenössischer Aufnahmen männlicher Ästhetik präsentiert. Jede Facette des starken Geschlechts wird in ausdrucksstarken Motiven festgehalten: Ob Dandy, Macho oder androgyner JünglingTestino bringt auch die verborgensten Seiten der Models zum Vorschein.

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©Mario Testino

Apropos Models. Es handelt sich dabei nicht um personifizierte „stock images“, sondern um die berühmtesten Vertreter ihres Geschlechts in Form von Sportlern wie David Beckham, Musikern wie David Bowie oder Schauspielern wie Josh Hartnet. Dabei werden ein ums andere Mal die Grenzen der Geschlechteridentitäten überschritten und damit ein noch spannenderer Blick auf die Bilder ermöglicht.

Wenn ihr euch zur Feier von Mario Testinos Besuch selbst von seinem Schaffen überzeugen wollt, habt ihr hier auf ZOMBIAC die Chance dazu! Ich verlose den eben angeschnittenen Band SIR, den ihr euch entweder persönlich in Berlin unterschreiben lassen oder einfach als schönen Blickfang in euer Regal stellen könnt!

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©Mario Testino

Das einzige was ihr dazu tun müsst, ist es den zu diesem Beitrag veröffentlichten Facebook-Post zu kommentieren und dabei eine/n Freund/in zu markieren! Das Ganze dauert bis Sonntag, den 28.05. um 23:59 Uhr. Eine Barauszahlung ist ausgeschlossen und der Gewinner wird per Facebook kontaktiert.

Viel Glück!

Anne Geddes: Small World

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Im Gegensatz zu Malern haben viele Photographen das schwere Los gezogen, oftmals nicht mit ihrem eigenen Werk assoziiert zu werden. Daher stammt allem Anschein nach auch der Eindruck, dass Photokünstler ihr Geld dadurch verdienen, nur auf einen Knopf zu drücken.

Auf Laien mag dies vielleicht zutreffen, aber die berühmtesten Vertreter ihres Berufsstands beweisen immer wieder aufs neue, dass mehr dahinter steckt. Neben einem guten Auge für das festzuhaltende Motiv wird auch ein Gefühl benötigt, das nicht nur durch mechanisch angeeignete Übung erreicht wird, sondern bei dem primär pures Talent eine große Rolle spielt. Dieses Statement trifft nicht zwangsläufig auf die Schöpfer ewig ikonischer Motive zu, sondern auch auf diejenigen, die ihren Bildern eine ganz persönliche Note geben und damit bewirken, dass sie als das angesehen werden, was sie schlussendlich sind: bildende Künstler.

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©Anne Geddes

Eine der bekanntesten Fälle in diesem Zusammenhang ist sicherlich Anne Geddes, die es mit ihren Baby- und Kinderporträts geschafft hat, jedem ein Begriff zu sein. Selbst wenn der Name manchen nicht sofort geläufig ist, wird spätestens beim Betrachten ihrer Werke ersichtlich, wer sie ist.

Schon seit 1992 erfreut sie Menschen weltweit mit ihren einzigartigen Ideen. Ob als Hase, Blümchen oder in den Leib zurückversetze Metamorphose zwischen Mutter und Kind – Ihre Fotografien berühren und büßen dabei auch nach Jahren nichts von ihrer Kraft ein. Zwar assoziieren die meisten Geddes Arbeit mit Postkartenmotiven oder Kalendern, doch das wird ihrer Gabe, sensibelste Momente auf Bilder zu bannen, nicht gerecht. Um sich ein differenziertes Bild ihres Schaffens zu machen, hat TASCHEN nun kurz vor Muttertag mit „Anne Geddes. Small World“ zum ersten Mal ihr nun fast 30-jähriges Gesamtwerk, inklusive bisher unveröffentlichter Aufnahmen, zusammengetragen.

Diesem wird nicht nur durch die den Bildern angemessene Größe des Buches Respekt gezollt, sondern vor allem mithilfe der liebevollen Aufbereitung, die sich nicht an der Chronologie ihres Schaffens, sondern am Wachstum der Kinder orientiert. Dementsprechend wird die Zeit im Mutterleib mit dem Titel „Anfänge“ betitelt, während thematisch an den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt („Ankunft„), die Entdeckung der Umgebung durch den unschuldigen Blick des Kindes („Wachstum„), sowie das Entwachsen aus der auf sich zentrierten Perspektive („Die nächsten Schritte„) aufgereiht wird.

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©Anne Geddes

Dabei wird die Vertrautheit zwischen der Fotografin und ihren Motiven sofort spürbar. Selten wurden Babys mit solch einer intensiven Lebendigkeit und zeitgleich einer schier unfassbaren Zerbrechlichkeit zum zentralen Bildinhalt einer Photographie gemacht. Dabei schafft es Anne Geddes die Intimität auch trotz Zuhilfenahme von teils sehr aufwändigen und liebevoll gestalteten Requisiten beizubehalten. So werden die Kleinen in verschiedenste Kostüme gekleidet und in fantasievolle Umgebungen versetzt, die eine fast natürliche Symbiose eingehen. Trotzdem wird das Ganze zu keinem Zeitpunkt ins Lächerliche gezogen, sondern versprüht geradezu einen subtilen Humor, der den Bildern nicht die Atmosphäre eines beliebigen Photoshoots gibt, sondern jedes Werk mit einem gewissen Etwas ausstattet.

Man muss keinen Kinderwunsch in sich tragen, um sich des Zaubers von „Small World“ bewusst zu werden. So findet man in den Werken die seltene Kombination aus Emotion und Ästhetik, die den Betrachter in eine Welt jenseits der rauen und bisweilen furchteinflößenden Wirklichkeit gleiten lässt. Um Babys und Kinder, die nun mal das Hauptmotiv von Anne Geddes Lebenswerk sind,  vor den dunklen Seiten dieser Gesellschaft zu schützen, hat sie vor vielen Jahren die Vereinigung Geddes Philanthropic Trust gegründet. Diese wird durch die Einnahmen ihrer Produkte finanziert und unterstützt mit beachtlichen Summen den weltweiten Kampf gegen Kindesmisshandlung und Verwahrlosung.

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©Anne Geddes

Anne Geddes widmet sichtlich all ihre Energie und Inspiration der Schönheit und Schätzung der jüngsten Erdbewohner unter uns und schafft dabei ein abgerundetes Gesamtwerk aus philanthropischen und künstlerischen Errungenschaften.

Ich für meinen Teil war zunächst etwas skeptisch, was dieses Buch anbelangt. Die Leser, die ZOMBIAC schon etwas länger verfolgen, wissen um mein Faible für bizarre Motive und dunkle Abgründe in allen Bereichen der Kunst. Dabei sticht der liebliche Bildband „Small World“ offensichtlich heraus. Jedoch hat mich die Zartheit der Motive und immense Kreativität der einzelnen Werke sofort und in jeder Hinsicht überzeugt. Wer hätte gedacht, dass ich, als Freund der dunklen Motive, während des Betrachtens eines Fotobandes fast durchgehend ein seliges Lächeln auf den Lippen tragen würde? Ja, es klingt fast schon Diabetes-auslösend süß, aber es entspricht der Wahrheit und hat mich zur Einsicht gebracht, dass auch Werke außerhalb der eigenen (primären) Interessen das Herz berühren können. Überzeugt euch selbst vom Zauber des Bildbandes Small World von Anne Geddes, dem auch ich selbst nicht widerstehen konnte. (P.S.: Bald ist Muttertag 😉 )

Art Record Covers

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Seit nun fast 80 Jahren gehört die Verschmelzung von Bild und Ton unweigerlich zum Genpool der Popkultur. Dabei durchlebt diese Symbiose auf verschiedenen Ebenen immer wieder Veränderungen, die teils unvorhergesehene Folgen haben.

Angefangen als reines Marketinginstrument, entledigten sich die Plattenfirmen zunächst der eintönigen Verpackung ihrer Produkte und steigerten damit sowohl die Aufmerksamkeit potentieller Käufer als auch die Anzahl der abgesetzten Tonträger. Im nächsten Schritt wurde der Fernseher zum Kaminersatz im heimischen Wohnzimmer und damit zum Katalysator für die weitere Visualisierung der Musikindustrie.

Nun waren Plattencover und Booklets fester Bestandteil des Images und oftmals der erste Kontakt mit einem potentiell neuen Fan. Kein Wunder, dass auch viele etablierte Künstler, die tendenziell eher den Pinsel als das Mikro schwingen, die Chance gekommen sahen ihre Werke einem breiteren Publikum vorzustellen oder in Zusammenarbeit mit bestimmten Musikern den ohnehin vorhanden Bekanntheitsgrad zu festigen.

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Cover: Andy Warhol / Musik: The Velvet Underground and Nico / Album: The Velvet Underground and Nico / Jahr: 1967 / Label: Verve Records

Bis heute zieren Gemälde, Fotografien und Collagen die Front von CDs und nun wieder aufkommenden Vinyls. Sogar im Bereich des Streamings sind Bilder immer noch ein relevanter Faktor, um auf sich aufmerksam zu machen.

Da im Laufe der Jahrzehnte eine nicht geringe Auswahl an Kollaborationen zwischen den kreativen Kreisen zustande kam, ist es nicht verwunderlich, dass der für solche Themen immer passende TASCHEN-Verlag einen eigenen Band heraus gebracht hat, der sowohl der Kunst durch die Lautsprecher als auch dem Papier huldigt: Art Record Covers!

Hier werden rund 500 Cover präsentiert, die den Musikliebhabern unter uns in großer Zahl bekannt sein dürften. Genre-Grenzen spielen bei so manch ikonischer Veröffentlichung keinerlei Rolle. Ob Velvet Underground, die Beatles, Metallica oder Tyler the Creator – Sie alle verbindet der Rückgriff auf Talente, die auch außerhalb der Musik-Gemeinde ihre Fußabdrücke hinterlassen haben. Ein Andy Warhol war zum Beispiel schon als junger Illustrator für Columbia Records tätig, bevor sein unvergleichlicher Stil die Welt eroberte. Selbst Jahre später kehrte er Musikern jedoch nicht den Rücken. 1967 erblickte das Debütalbum der eben erwähnten Velvet Underground mit dem berühmten Bananen-Cover das Licht der Welt.

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Cover: Keith Haring / Musik: Emanon / Album: The Baby Beat Box / Jahr: 1986 / Label: Pow Wow Records

Auch für Schockmomente konnte die ein oder andere Aufmachung verwendet werden. Andres Serrano, ein Enfant Terrible unter den Fotokünstlern, konnte zum Beispiel mit den Bildern zu den Metallica-Alben „Load“ und „Reload“ Aufmerksamkeit erregen, in dem er für seinen typischen Stil Sperma, Blut und Urin zum Teil seines Werks werden ließ. An anderer Stelle reicht schon der Name des Künstlers um Schnappatmung zu erzeugen. H.R. Giger oder Mark Ryden sprechen mit ihrem individuellen und weit über Kenner bekannten Stil für sich selbst.

Dabei reden wir hier nur über die Spitze des Eisbergs. Der Herausgeber Francesco Spampinato, seines Zeichens Kunsthistoriker und Künstler, hat über 3.000 Cover durchgesehen, um die in seinen Augen relevantesten 500 heraus zu suchen. Auf diese verteilen sich ganze 270 Vertreter der bildenden Künste in alphabetischer Reihenfolge, die eindrucksvoll darlegen, dass die Vereinigung der beiden Universen bis heute ihre Berechtigung und trotz Digitalisierung eine Zukunft hat.

Nach der Lektüre, die den Leser tatsächlich das ein oder andere mal überrascht, hat man in jedem Fall selbst wieder Lust durch die eigene Sammlung zu wühlen und herauszufinden, welche Namen sich wohl hinter den Bildern verstecken. So habe ich mich plötzlich an das Werk Gottfried Helnweins erinnert, der seine Arbeit in Rammsteins „Sehnsucht“ und Marilyn MansonsThe Golden Age of Grotesque“ hat einfließen lassen. Oder Richard Kern, den TASCHEN-Fans primär durch seine Fotoarbeiten zu „New York Girls“ kennen sollten und der seine Themen rund um Gewalt, Sex und Fetischismus auch auf Alben-Cover ausweitete.

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Cover: Mark Ryden / Musik: Tyler, The Creator / Album: Wolf / Jahr: 2014 / Label: Odd Future Records

In jedem Fall ist Art Record Covers in vielerlei Hinsicht ein Appetizer für eine eigene Entdeckungsreise, aber auch für sich ein Genuss fürs Auge und nach der Neuentdeckung einiger Musiker auch fürs Ohr. Dementsprechend kann ich den Band jedem empfehlen, der sich mit Musik, Malerei und Fotografie mehr auseinandersetzt, als mit dem Finger auf dem Smartphone drüber zu wischen. Es lohnt sich!