Wonder Woman/Batman: Hiketeia

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Dieses Jahr erwartet uns der erste Wonder Woman-Film des in sich geschlossenen DC-FIlmuniversums mit Gal Gadot in der Hauptrolle. Nach den ersten Trailern und dem bisherigen Schaffen der Regisseurin Patty Jenkins gibt es durchaus Hoffnungen auf einen ersten Streifen, der sowohl Fans der Comics als auch Kritiker zufrieden stellen sollte. Das konnte man ja in Bezug auf die letzten Veröffentlichungen um Suicide Squad und Batman v Superman ja leider nicht behaupten.

Wie üblich lässt sich Panini Comics bei solchen Releases nicht lumpen und bringt zahlreiche Neuauflagen, Sammelbände und Serien auf den Markt um vom Hype zu profitieren. Das so eine Taktik nicht automatisch negativ behaftet sein muss, erkennt man zum Beispiel an Wonder Woman/Batman: Hiketeia, welches zum ersten mal im Jahr 2002 veröffentlicht wurde und die erste Arbeit des legendären Greg Rucka (Gotham Central) mit der Figur darstellt, bevor er ein Jahr später die reguläre Serie übernahm. Hier kommen sowohl eingefleischte Fans, als auch diejenigen auf ihre Kosten, die das erste Mal mit der Amazone zu tun haben.

Zum einen liegt es an der großartigen Story und zum anderen daran, dass diese Graphic Novel in sich abgeschlossen ist und kein Vorwissen vom Leser voraussetzt. Im Detail geht es um das titelgebende antike Ritual der Hiketeia, welches eine junge Frau an Wonder Woman bindet, die Schutz von der Prinzessin erbittet und diesen auch bekommt. Wie sich schon bald herausstellt, handelt es sich um eine Mörderin, der nicht nur drei gnadenlose Rachegöttinnen, sondern auch der dunkle Ritter persönlich auf der Spur sind.

Entsprechend des alten Brauchs, darf der Bund zwischen den beiden Frauen nicht gebrochen werden und es kommt, wie das Cover des Bands andeutet, zum unerbittlichen Kampf zwischen Batman und Wonder Woman, welcher nur einen Ausgang haben kann…

Zwar kommen gelegentlich Szenen vor, die man getrost als „cheesy“ bezeichnen kann, aber wenn man darüber hinwegsieht, kriegt man eine großartige Geschichte, die erstaunlich offen mit sensiblen Themen umgeht und trotzdem kurzweilige Unterhaltung bietet. Im Großen und Ganzen gehört dieser Band in die Sammlung jedes Fans. Vor allem der attraktive Preis von 19€ für die auf 222 Stück limitierte(!) Hardcover-Ausgabe, müsste alle Bedenken beiseite wischen. Alle anderen sollten den Comic-Shop ihres Vertrauens aufsuchen, einen Blick hineinwerfen und das gute Ding nach hause nehmen.

Denn auch auf visueller Ebene überzeugt die Ausgabe auf voller Länge. Mit J.G. Jones und seinem realistischen Stil hat nämlich ein grandioses Talent und Fanliebling den Stift geschwungen, der in seiner Art perfekt mit Ruckas Storytelling harmoniert. Sein bisheriges Schaffen mit Wanted, Before Watchmen: Comedian oder Final Crisis sprechen dabei wohl für sich.

Wie ihr sicher bemerkt habt, gibt es an Wonder Woman/Batman: Hiketeia nicht viel auszusetzen und daher meine uneingeschränkte Empfehlung!

Über: Das letzte Aufgebot – Band 2

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Vor gut einem halben Jahr, habe ich über eine kontrovers diskutierte Reihe berichtet, die auch mit der Fortsetzung nicht gerade zimperlich bezüglich der Geschichte des zweiten Weltkriegs umgeht. Ich spreche natürlich von „Über„. Die gedruckte Umsetzung des Gedanken, was passiert wäre, wenn die Nazis tatsächlich im Besitz einer geheimen, den Kriegsverlauf ändernden Waffe gewesen wären. In diesem Fall wäre es der Wunsch der Faschisten, einen perfekten Menschen zu erschaffen, der in seiner Perversion so weit gesponnen wird, dass man bei einem Nazi mit Superkräften ankommt. Diese Versionen von Waffen in Menschengestalt hören auf so klingende Namen wie „Panzermensch“ oder Schlachtschiff„. Mit übermenschlicher Kraft und übersinnlichen Fähigkeiten ausgestattet, haben sie die Möglichkeit im Alleingang ganze Reihen an Feinden in kürzester Zeit zu vernichten und durch ihre bestialische Herangehensweise Angst und Schrecken in der Bevölkerung zu verbreiten.

In Band 2 sind die Alliierten inzwischen im Bilde, was die Nazis in der Hinterhand haben und dementsprechend entschlossen gleiches mit gleichem zu vergelten. So werden gleich von mehreren Seiten Kräfte angestrengt um eigene Versionen der „Supermenschen“ zu erschaffen. Auch an diesem Punkt versucht der Autor Kieron Gillen reale Begebenheiten aufzugreifen, um sie daraufhin seiner Vision anzupassen. So gehen die einzelnen Parteien entsprechend ihrer historisch belegten Kriegsstrategie vor. Japan schickt Kamikaze-Versionen ihrer neuen biologischen Waffe, während die Sowjetunion unter Stalin immense Verluste der eigenen Bevölkerung in Kauf nimmt, nur um einige wenige Übermenschen zu erschaffen.

Die Deutschen bleiben während der Handlung natürlich nicht außen vor. Hier werden zwar erneut reale Ereignisse im Licht der Fiktion präsentiert, aber zum Teil noch einen Schritt weiter konstruiert. Man merkt, dass der Autor im Verlauf seiner Arbeit Mut geschöpft hat, in seinen eigenen Zeitstrahl vorzudringen und sich nicht mehr darauf verlässt die bekannte Realität neu zu arrangieren. Der dadurch eingeschlagene Weg erscheint gleich viel frischer und die Lektüre dadurch spannender. Man muss sich natürlich darüber im Klaren sein, dass es sich um die gedruckte Version eines B-Movies mit überbrodelnder Gewaltdarstellung handelt, die Handlung jedoch nicht in Blut und Pathos ertränkt wird. Sie bleibt durchwegs interessant und spielt gekonnt ihre Stärken aus, was wiederum bitter nötig ist, da die Charaktere selbst leider recht eindimensional bleiben.

Die visuelle Umsetzung durch Canaan White erfolgt dabei wie schon beim Erstling auf einem soliden Niveau, dass zwar keine wirklichen Überraschungen bietet, aber stilistisch gut zur Handlung passt. Nach wie vor ist es manchmal schwierig die prominenten Teilnehmer des Krieges zu erkennen, die allesamt von ihrer Mimik recht statisch wirken. Zeitgleich schafft der Zeichner es aber gigantische Schlachten sehr dynamisch in Szene zu setzen. Man merkt, dass die Stärken bei brachialer Action und nicht in subtilen Momenten liegen.

Zusammengenommen kann man daher feststellen, dass es sich zwar defintiv nicht um leichte Kost handelt und Kinder die Finger davon lassen sollten, aber das Paket trotzdem nicht allzu schwer zu verdauen ist. Man kann sich die Lektüre wie einen Tarantino-Film mit weniger Humor und Raffinesse vorstellen. Immer noch unterhaltsam, aber von keiner bleibenden Qualität. Wen es also nach Blut und alternativer Historie dürstet, wird hier trotzdem gut bedient!

Dark Night – Eine wahre Batman-Geschichte

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Außergewöhnlich ist vermutlich das falsche Wort, weil es der hier vorliegenden Geschichte nicht gerecht werden würde. Es ist ein kraftvolles Meisterwerk, welches demonstriert, dass Comics nicht einfach Bilderbücher für die breite Masse sind, sondern als Ausdrucksform fungieren können, die kein Medium in der Form nachahmen kann.

Wenn man sich den Titel ansieht, könnte man sich natürlich die Frage stellen, inwieweit ein Superhelden-Comic die Grenzen sprengen kann, die das eigene Genre dem Produkt vorgibt. Nur sollte man nicht dem Trugschluss unterliegen, dass sich die Handlung im Universum des dunklen Ritters abspielt. Genaugenommen geht es aber um einen seiner Schöpfer oder wenn man es noch weiter präzisieren will, um einen der Macher hinter der erfolgreichen Zeichentrickserie „Batman: The Animated Series“ Anfang der 90er und damit einen der geistigen Väter Harley Quinns: Paul Dini.

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©Panini Comics Deutschland

Es ist die Geschichte einer persönlichen Tragödie, die einen kreativen Geist fast an der Wirklichkeit zerbrechen lässt und dessen Lebenswerk mit hinab reißt. Da die Story von Dini persönlich geschrieben wurde, bietet sich ein extrem intimer Einblick in dessen Gedankenwelt. Ihn dabei zu begleiten ist in Teilen schmerzhaft, rührend und motivierend zugleich. Er schafft es in der Beschreibung seiner lebenslangen Beziehung zu Batman und den mit ihm verbandelten Figuren eine Reflektionsfläche für jeden typischen Fan des dunklen Ritters zu erzeugen. Die Ausgrenzung, die man als Kind erfährt, wenn man sich nicht ins Bild fügt, die Abweisung beim anderen Geschlecht und die daraus resultierende Flucht in eine Welt voller Helden und Schurken, die als mentales Zuhause fungiert.

Man freut sich über Dinis Erfolge und die Erfüllung seines Traums, sein Hobby zum Beruf zu machen. Fünf Emmys, ein Harvey-, sowie ein Eisner-Award zeugen von der qualitativen Hochwertigkeit seines Schaffens. Zugleich ist man schockiert und verletzt, wenn man zusehen muss, wie ein so sanfter Geist von zwei Verbrechern fast zu Tode geprügelt wird und daraus eine solche Angst entwickelt, dass ihm die Arbeit an seinen Projekten fast unmöglich erscheint. Ein zufälliges Ereignis, dass in seiner Grausamkeit fast den Lebenssinn eines Künstlers ausradiert.

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©Panini Comics Deutschland

Doch auch hier begleiten ihn Batman, Joker, Poison Ivy, Two-Face und viele andere, um ihn in Zwiegesprächen, die nur Dini wahrnimmt, zu verführen, zu quälen oder ihm zu helfen. Am interessantesten sind dabei die selbstreferenziellen Passagen, wie der Streit mit dem Joker, in dem der Clownprinz des Verbrechens sich als „Muse für kranke Kreative“ bezeichnet und der Autor ihm Paroli bietet. Dadurch entsteht eine durchgehend spürbare Meta-Ebene auf der wir uns mit Paul Dini fließend zwischen Realität und Fiktion bewegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die vierte Wand zum Leser durchbrochen wird (Deadpool, anyone?), aber auf eine Art und Weise, dass es einem Seelenstrip gleicht, hat man nur selten erlebt.

Passend dazu, wurde das Ausnahmetalent Eduardo Risso verpflichtet, der mit seinem variablen Stil, den Übergang zwischen psychischer und physischer Welt perfekt in Szene setzt. Ob kleine Kniffe, wie die von Panel zu Panel fortschreitende Gestaltung einzelner Charaktere (Skizze zur fertigen Figur), Verbeugungen vor den großen Zeichnern um die menschliche Fledermaus oder die Verwandlung eines Storyboards in den Fortgang der Geschichte – Risso scheint das gesamte Repertoire, was ihm zur Verfügung steht, auszuschöpfen.

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©Panini Comics Deutschland

Es ist die perfekte Symbiose zwischen einer öffentlichen Präsentation der eigenen Gefühle und der mutigen, doch kontrollierten Art ihrer Visualisierung. Dementsprechend kann man „Dark Night – Eine wahre Batman-Geschichte“ als modernes Meisterwerk bezeichnen, welches weder in der Sammlung eines Batman-Fans, noch generellen Comic-Lesers fehlen darf. Ein Band, den ich ohne weiteres, als einen der besten bezeichnen würde, den ich je gelesen habe.

MADs Meisterwerke: Spion & Spion

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Einige von euch werden es wissen, andere wiederum nicht: Ich bin Teil des Orga-Teams des Comicfestivals München und dementsprechend besonders glücklich, den vorliegenden Band besprechen zu dürfen. Warum? Weil der amtierende „Spion & Spion„-Zeichner Peter Kuper sich die Ehre gibt und als einer unserer Star-Gäste (neben Tom Bunk, Herbert Feuerstein uvm.) mit uns das 50-jährige Jubiläum des MAD-Magazins in Deutschland feiern wird! Passend dazu hat Panini Comics Deutschland sich etwas richtig feines einfallen lassen:

Das voluminöse Buch aus der Reihe „MADs Meisterwerke“ macht dem Titel alle Ehre und bringt mit „Spion & Spion“ alles mit, was sich das Satire-Herz wünschen könnte. So findet man das gesamte Werk von Antonio Prohias, seines Zeichens Erfinder der Kontrahenten. Darunter rund 150 Scharmützel aus seiner Feder, die erstmals in Farbe präsentiert werden!

Darüber hinaus wird das Gesamtwerk um einige Duelle des Prohias-Nachfolgers Peter Kuper erweitert, der seit 1990 die beiden Kontrahenten für das MAD-Magazin gestaltet. Doch es bleibt nicht nur bei den amüsanten Keilereien dieser „Kinder“ des Kalten Krieges (die ersten Auftritte fanden Ende der 60er statt). Es findet sich auch umfangreiches Bonusmaterial in Form von 15 Mini-Postern, Essays, Interviews, seltene Sketche, eine gezeichnete Prohias-Kurzbiografie durch den Altmeister Sergio Aragonés und vieles mehr. Im Endeffekt ein Gesamtpaket, dass dem geneigten Leser viel verspricht und noch mehr hält!

Der Band ist zum einen der perfekte Einstieg für angehende Fans des MAD-Magazins bzw. dieser beiden Ikonen, zum anderen aber auch eine schöne Ergänzung für Hobby-Historiker im Comic-Bereich. In jedem Fall bietet diese Ausgabe für alle Leser den lockeren aber zeitgleich bitterbösen Spaß, den man sich von „Spion & Spion“ erwartet.

Ich für meinen Teil bin begeistert und freue mich schon diesen Schmöker persönlich von Peter Kuper signieren zu lassen! Vielleicht sieht man ja auch den ein oder anderen von euch vor Ort?

Batman Adventures 1

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Kaum hatte ich die ersten Seiten von „Batman Adventures 1“ (Panini Comics) aufgeschlagen, schoss die Nostalgie durch meinen Kopf. Wie so viele andere Fans des dunklen Ritters meiner Generation, verfolgte ich seine Abenteuer jeden Samstag morgen auf einem uns heute immer noch geläufigen Privatsender. Bruce Timm und Paul Dini haben Jahrzehnte nach der 60er-Jahre-Serie mit Adam West eine neue Ikone der Fernsehunterhaltung aus der Taufe gehoben.

Mit „Batman“ (im Original „Batman – The Animated Series“) wurde eine Trickfilmserie umgesetzt, die sowohl jung als auch alt begeistern konnte und zeitgleich neue Wege beschritt. Die Film-Noir-Ästhetik, der hohe Wiedererkennungswert, die uvergleichliche Musik des Danny Elfman – Eine Kombination, die vielleicht nur noch bei den Simpsons auf ernsthafte Konkurrenz innerhalb des Mediums stößt. In dem Zusammenhang ist es eigentlich eine Schande, dass es nie zu einer Heimkino-Veröffentlichung in Deutschland kam. Natürlich kann man sich die vier Staffeln ohne großen Aufwand aus England bestellen, die Erinnerungen hängen aber natürlich an der deutschen Synchronisation.

Um zumnindest teilweise die alten Zeiten aufleben zu lassen, ist nun endlich der erste Band der „Batman Adventures“ erschienen. In den USA sind die Fans nämlich schon 2003 in den Genuss der Reihe gekommen, während auf dieser Seite des Teichs die Leser mal wieder in die Röhre gucken durften. Vielleicht werden nun die ersten Schritte unternommen diese Version von Batman sichtbarer zu machen und irgendwann die Fernsehserie folgen zu lassen? Wer weiß. Mit dem vorliegenden Band wird die Sehnsucht zumindest etwas gestillt.

Hier finden wir uns in altbekannten Gefilden wieder und begegnen lieb gewonnenen Charakteren in der visuellen Gestaltung, die sie zu Ikonen der Popkultur werden ließ. Allen voran Harley Quinn, die ihren ersten Auftritt sogar tatsächlich im Fernsehen und nicht im Comic hatte. Inhaltlich werden drei Story-Stränge serviert, die sich mit dem Pinguin als neuen Bürgermeister Gothams, Ras al Guls Feldzug gegen die Schurken der Stadt und Black Masks mafiöse Machenschaften beschäftigen. Alle bringen wieder das vertraute Gefühl zum Vorschein, welches man als Fan lange vermisst hat. Im Grunde also eine Art Fortführung, die man gerne in bewegter Form gesehen hätte. Bis dahin ist „Batman Adventures 1“ aber alles andere als ein Lückenfüller, sondern eine tolle Ergänzung für jeden, der mit dieser Fassung der Figuren aufgewachsen ist. Daher eine klare Empfehlung meinerseits!

 

Mark Millar Collection 1: WANTED

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Ich weiß nicht ob es gesund ist zu sagen, dass WANTED von Mark Millar genau meinem Geschmack entspricht. Und damit meine ich nicht den Film mit Angelina Jolie, der zwar offiziell auf dem vorliegenden Band basiert, aber nicht mehr als die Grundidee und den Namen mit ihm gemein hat.

Gewalt, Perversion, Humor und das Hamsterrad-Leben von Mittzwanzigern waren schon immer ein Cocktail der funktioniert hat und rund 13 Jahre nach dem ersten Release entsprechend schmeckt. Der schottische Autor, dem mit der „Mark Millar Collection“ ein Meilenstein bei Panini Comics gesetzt wird, weiß all die erwähnten Zutaten perfekt zu kombinieren und damit auch außerhalb des Kenner-Kreises Aufsehen zu erregen. Für diejenigen, die aus unerfindlichen Gründen trotzdem noch nie von diesem modernen Klassiker gehört haben, möchte ich hier eine kleine Einführung geben:

Mit der Hauptfigur Wesley Gibson lernen wir den Typus Großstadtbewohner kennen, wie ihn schon der namenlose Protagonist aus „Fight Club“ verkörpert. Eingezwängt in ein Großraumbüro, erniedrigt durch seine Chefin, emotional misshandelt von seiner nymphomanischen Freundin und die einzig positive Konstante in seinem Leben ist das mittägliche Sandwich. Also ein Leben in der Anonymität, welches getränkt in Resignation in einem schmucklosen Grab zu Ende gehen könnte. Und genau hier setzt die kompromisslose Handlung zu WANTED ein. So wird Wesleys Vater (den er nie kennen lernen konnte) auf brutalste Weise ermordet und damit der Weg für unsere Hauptfigur in eine geheime Welt hinter der uns bekannten Fassade geebnet. Daddy war nämlich niemand geringeres als der beste Killer der Welt, der diese Bezeichnung sogar als Namen trug. Nun ist seine Stelle vakant und sein Vermögen von 50 Millionen Dollar auf der Suche nach einem neuen Besitzer. Um beides unterzukriegen, taucht wie aus dem nichts die schöne aber ebenso gefährliche Fox auf, die dem Verbrechersyndikat untersteht, dem Wesleys Vater entsprang. Sie weiht den ungläubigen Nachwuchs in die Machenschaften der Gruppierung ein, die die Welt aus dem Untergrund heraus beherrscht und offenbart ihm die Voraussetzungen für den Eintritt und das damit einhergehende Erbe: Er muss den Platz seines Vaters einnehmen und selbst zum besten und gnadenlosesten Killer aller Zeiten werden oder es ablehnen und in sein jämmerliches Leben zurück kehren. So weit, so Spoiler-frei.

Nun beginnt seine Ausbildung und damit nichts für Leser mit ausgeprägtem Moral-Bewusstsein. Wahlloser Mord, Vergewaltigungen und Praktiken, die nicht näher ausgeführt werden sollen, werden so nebenläufig erläutert, dass man fast glauben möchte, dass es der Normalität entspricht. Man kann nur sagen, dass Wesley sich ganz gut an den neu gefundenen Lifestyle anpasst. Den Rest müsst ihr schon selber heraus finden!

Neben der eigentlichen Handlung strotzt das Werk nur so von popkulturellen Referenzen und Seitenhieben auf die Comic-Industrie. So gut wie jeder große Superheld kriegt sein Fett weg, ohne ihn namentlich zu erwähnen. Wem neben den gängigen Heftchen auch Namen wie Adam West oder Christopher Reeves etwas sagen, wird hier seine diebische Freude haben. Des Weiteren merkt man schon an der Gestaltung der Figuren, dass die Story ein Produkt ihrer Zeit war und ist. Kein Wunder, dass die Hauptfigur dem Rapper Eminem, dem Bad-Boy der beginnenden 00er-Jahre, mehr als nur ähnlich sieht. Als Sahnehäubchen wird auch der geneigte Leser nicht verschont.

Verantwortlich für die visuelle Umsetzung der auf Bildern festgehaltenen Anarchie ist J.G. Jones, den manche als Zeichner hinter „Wonder Woman“, „Black Widow“ oder „Before Watchmen: Comedian“ kennen könnten. Sein bodenständiger Stil passt perfekt um einen Kontrast zur abgedrehten Handlung zu liefern, die in ihrer Intensität dadurch noch weiter unterstrichen wird. Wenn man den Weg zum fertigen Produkt darüber hinaus verfolgen möchte, spendiert Panini im letzten Teil der Ausgabe einige Seiten an Figurenentwürfen. Davor entdeckt man zusätzlich eine wunderschöne Cover-Galerie und ein Dossier über die markantesten Charaktere der Geschichte, die von Gastkünstlern wie John Romina Jr. oder Frank Quitely als eigene Version gestaltet wurden.

Man sieht also, dass neben der Story an sich, die ein Must-Have für jeden Comic-Leser darstellt, ein ordentliches Paket geschnürt wurde, dass sogar als edle Hardcover-Variante ausgeliefert wird. Ich freue mich in jedem Fall auf die nachfolgenden Bände, die in ihrer Qualität dem Ruf des Autors mehr als gerecht werden!

Lula & Yankee, Band 01: Frühstücksbier & Mixtape

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Langsam aber sicher nimmt die Gesamtausgabe des Ausnahmekünstlers Timo Wuerz auch im Schrank Gestalt an. Nachdem die Reihe in umgekehrter Reihenfolge mit dem neuesten Werk „Ghost Realm“ eröffnet wurde, schloss sich nicht lange danach der Erstling des Zeichners um die abstrakte Killer-Geschichte „Aaron und Baruch“ an. Schon hier konnte man feststellten, dass sein Stil extrem wandelbar, aber konstant im Bereich der Malerei zu verorten ist. Wie der hier zu besprechende Band jedoch zeigt, kann er auch ganz anders an seine Arbeit herangehen.

Bei POPCOM ist nämlich eine der wohl ungewöhnlichsten Veröffentlichungen erschienen, die man so auf den ersten Blick kaum dem eben erwähnten Künstler zuordnen könnte. Und doch handelt es sich sogar um das selbe Team, welches „Aaron und Baruch“ heraus brachte und mit Asp Spreng (Ja, der Sänger der gleichnamigen Band!) um einen weiteren Autoren erweitert wurde.

Zunächst aber mal zur Story und dem Hintergrund der Geschichte. „Lula & Yankee“ erschien ursprünglich Mitte der 90er Jahre und behandelt den Alltag der in einer Rock-Band spielenden Lula und ihres Freundes Yankee. Die beiden führen eine glückliche Beziehung, die natürlich nicht arm an kleineren und größeren Eskapaden ist. Das Ganze reicht dabei von sinnieren über das gemeinsame Leben, Besuche bei den Schwiegereltern, Partys mit den gemeinsamen Freunden, bis hin zu einem Ausflug nach Paris. Die hierbei auftretenden Schwierigkeiten meistern die beiden mit eher ungewöhnlichen und bisweilen urkomischen Methoden, die aber (gefühlsmäßig) so nah an der Realität sind, dass man immer wieder wissend in sich hinein schmunzeln muss. Ob die auf jeweils wenigen Seiten dargestellten Ereignisse einen wahren Kern haben, kann ich natürlich nicht beantworten, aber wenn man selber schon einige Beziehungen hinter sich gebracht hat (oder in einer steckt), sollte einem so einiges vertraut vorkommen. Trotzdem schaffen es die beiden Autoren in ihren Storys den Kitsch außen vor zu lassen und damit die Geschehnisse selbst in den absurdesten Situationen greifbar zu machen. Das wirkt sehr sympathisch und nutzt sich glücklicherweise auch nicht ab. Vor allem die immer wieder textlich eingestreuten Passagen aus Rock-Songs der 80er und 90er Jahre geben dem Ganzen eine schöne Note, wenn sich der Soundtrack beim lesen im Kopf abspielt.

Um dieser Sammlung des täglich Wahnsinns unter Liebenden einen Rahmen zu verpassen, haben sich Asp und Timo erneut zusammen getan um einen Prolog  zu spinnen, der alles was diesem folgt als wortwörtlich schöne Erinnerung darstellt. Eine nette Idee, die nicht nur kurz abgehandelt wird, sondern mit Liebe zum Detail an den Leser herangeführt wird. Ein Kniff, der mich schon zur visuellen Aufmachung des Buches führt, verdeutlicht zudem den zeitlichen Abstand zwischen Neuveröffentlichung und Original. Der neue Handlungsstrang spielt in der Gegenwart, ist komplett in Farbe gehalten und leitet als Übergang in die schwarz-weiße Welt der ursprünglichen Geschichten ein.

Und hier kommen wir schon zu dem Punkt, der wohl jeden erstaunen sollte, der Timo bei der Arbeit auf Comic-Veranstaltungen oder zum Beispiel seine fertigen Produkte in Form von CD-Covern gesehen hat. „Lula & Yankee“ ist nur gezeichnet/getuscht und verzichtet wie eben angedeutet auf Farben und die Darstellung der Figuren ist beinahe cartoonesk. Wer die teils extrem realistischen Charaktere in „Ghost Realm“ bewundern konnte, wird von der erstaunlichen Bandbreite überrascht sein. Trotz des ungewohnten Anblicks, passt dieser bodenständige Stil ungemein gut zur Handlung der kleinen Geschichten und verleiht dem Ganzen einen Hauch von Underground und damit einen Charme, der diesem Band ein Alleinstellungsmerkmal verpasst.

Ich für meinen Teil habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und freue mich schon auf die Fortsetzung, die ebenfalls für diese Reihe angekündigt wurde!

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Old Man Logan – 1

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Ich bin wieder da! Nach all den großen Pausen zwischen den Beiträgen, habe ich schon langsam an mir selbst gezweifelt, werde aber von nun an versuchen wieder öfter zu schreiben. Die Unterbrechungen sind definitiv nicht aufgrund von Schreibblockaden oder fehlender Lust passiert, sondern wegen einer Summe an privaten Schwierigkeiten entstanden. Eine Trennung, die diffuse Angst in dem Zusammenhang die eigene Wohnung zu verlieren, Arbeit und Studium weiterhin unter einen Hut kriegen…Ihr seht, es gibt durchaus Dinge, die meine Leidenschaft für Comics, Kunst und Literatur in den Hintergrund rücken lassen.

Nun, gut. Ich möchte euch nicht mit privaten Storys langweilen, sondern euch gleich mal auf eine neue Comic-Reihe aufmerksam machen, die mit einem One-Shot vor acht Monaten ihren Einstand feierte: Old Man Logan!

Wir setzen ziemlich genau da ein, wo wir mit der abgeschlossenen Geschichte aufgehört haben. Logan aka Wolverine landet nackt im New York des heutigen Marvel-Universums. Wie einige von euch wissen könnten, existieren mehrere Versionen davon parallel um verschiedene Erzählstränge zu legitimieren und diese bei Bedarf (wie hier) überschneiden zu lassen. Logan stammt ursprünglich aus seiner eigenen Geschichte von Mark Millar, in der er 50 Jahre in der Zukunft zurückgezogen auf einer Farm mit Frau und Kind lebt, während die Welt von Bösewichten beherrscht wird. Nachdem seine Familie von der Hulk-Gang (die Sprösslinge des irre gewordenen Bruce Banner) ermordet wurde, macht er sich auf um Gerechtigkeit zu üben…

Hier möchte ich ungern auf Details eingehen um Lesern, die das erste Mal mit der Story in Berührung kommen, den Spaß nicht zu verderben. Im schon angesprochenen One-Shot befinden wir uns in den Nachwehen des „Secret War“. Das Multiversum wurde zerstört und nur ein Planet blieb übrig, der eine Art Patch-Work der vielen Welten repräsentiert. Logan verschlägt es hierbei in mehrere Fassungen seiner eigenen Realität, bis er auf den letzten Seiten am Times Square landet und uns in die erste Ausgabe seiner eigenen Reihe entführt.

Da er zunächst nicht versteht, dass es sich nicht um die Vergangenheit handelt (Helden am leben, Gebäude intakt), sondern um eine gänzlich andere Welt, sinnt er darauf seine eigene Zukunft zu verändern, in dem er alle Personen umbringt, die seine Familie und ihn selbst bedroht oder schlussendlich getötet haben. Erst Stück für Stück kommt er dahinter, dass es ein sinnloses Unterfangen ist. Bis dahin begegnet er einem Großteil der Riege aus der neuen Marvel-Generation. Darunter dem neuen Hulk, der jungen Hawkeye oder dem alten Steve Rogers (Captain America). Wie das Ganze von statten geht, möchte ich hier aufgrund von Spoiler-Gefahr nicht erörtern und gehe nun auf die Macher des Werkes ein.

Im Gegensatz zum Einstieg am Anfang des Jahres, übernimmt hier nicht Brian Michael Bendis das texten, sondern Jeff Lemire. Ihr könntet ihn als Autoren hinter „Sweet Tooth“, „Justice League Dark“ und vielen weiteren Veröffentlichungen kennen, da er durchaus umtriebig ist. Es erfolgt jedoch kein wirklicher Bruch was den Schreibstil anbelangt. Sollte man den Vorgänger zuvor gelesen haben und nicht auf die Namen der Macher achten, sollte es ein smoother Übergang sein. Die Stimmung ist immer noch düster, brutal und trotzdem versehen mit dem gewohnten Feeling des Verlags. Das könnte aber auch zu großen Teilen am Zeichner Andrea Sorrentino liegen, der im Gegensatz zum Autoren bei der Figur geblieben ist. Und eins ist sicher: wir können ihm dafür nur dankbar sein! Ich habe zwar schon von Leuten gehört, die mit seinem abstrakten Stil nicht viel anfangen können und eher zu „klassischer“ Kost in Bezug auf die visuelle Umsetzung greifen. Trotzdem kann ich mir kaum eine bessere Fassung für den rachedurstigen Mutanten vorstellen, als die hier vorliegende. Malerisch springt Sorrentino von üblichen Panel-Abfolgen zu ganze Seiten sprengenden Szenen, die oftmals sogar Geräusche als füllendes Stil-Element aufweisen. Schwer zu erklären, aber wunderschön anzusehen.

Ich bin nach der Lektüre auf jeden Fall hungrig auf das was noch kommen mag und kann jedem, der den Vorgänger gelesen hat oder zumindest das Original von Mark Millar sein eigen nennt empfehlen, sich schleunigst auf den Weg ins nächste Comic-Geschäft zu machen oder gleich bei Panini zu bestellen. Ich bleibe Logan auf jeden Fall treu!

Spawn Origins Collection – Band 8

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Inzwischen läuft die „Spawn Origins Collection“ seit gut drei Jahren und schlägt sich hierzulande sowohl bei Neueinsteigern als auch alten Fans ganz gut durch. In den USA hingegen wurde die Reihe leider schon nach der Nummer 9 und damit mitten in einem Story-Strang abgewürgt. Ob es an schwindenden Verkaufszahlen oder einer unternehmenspolitischen Entscheidung lag, kann wohl niemand beantworten. In Deutschland spekuliert Panini Comics im Gegensatz dazu öffentlich über eine eigene Fortführung der Geschichte um Al Simmons und seinem Kampf zwischen Himmel und Hölle.

Warum das eine gute Idee ist, beweist die aktuellste Veröffentlichung, die mit den Heften 88 bis 100 aufwartet. In diesen erwartet uns wieder die gewohnte Mischung aus Gewalt, Pathos und einem Schuss Selbstironie. Wobei man durchaus merkt, dass sich der Stil der 90er weitesgehend zurückgezogen und damit Platz für den düster-seriösen Anstrich gemacht hat, der noch heute vorherrscht. Das sieht man vor allem an den in sich geschlossenen Storys, die den Anfang des Sammelbands bilden. Es werden zwar immer wieder Verweise auf die Kontinuität eingeworfen, der Genuss der einzelnen Handlungen kann aber für sich selbst erfolgen.

Zum Beispiel gibt es die schöne „Verhör-Situation“ eines Verbrecher-Trios durch Spawn, welches die Weltanschauung Todd McFarlanes (der geistige Vater der Figur) verdeutlicht und zeitgleich makaber zu unterhalten weiß. Das selbe gilt für ein immer wieder aufgegriffenes Thema: Den Kindesmissbrauch. Man spürt förmlich den Hass des Autoren auf die Monster, die diese unbeschreiblichen Verbrechen begehen und mit dem Medium Comic hat er ein Ventil gefunden, mit dem er sich ganz explizit damit auseinandersetzen kann.

Trotz dieser kleinen Ausflüge läuft die Hauptgeschichte unaufhörlich weiter. Der Kampf zwischen Himmel und Hölle steht unmittelbar bevor und so gut wie alle Akteure der bis dato stattgefundenen Geschehnisse sind wieder an Bord. Angela, Cogliostro, Sam, Twitch und viele mehr. Da Spawn sich von beiden Seiten emanzipiert hat und sein Erschaffer Malebolgia in der Verwirrung um die Zugehörigkeit des Geschöpfs die Macht der Hölle an sich reißen möchte, um die Apokalypse auszulösen, ist das Chaos so gut wie unausweichlich. Dafür lässt er mit Hilfe zweier Helfer einen Dämon auferstehen, der das Ende der Welt bedeuten kann. Damit fängt die Schlacht aller Schlachten an, in dessen Verlauf einige Überraschungen zutage gefördert werden.

Das alles kommt glücklicherweise, wie schon mal erwähnt, mit immer weniger Pathos aus. Dadurch kann man sich ganz auf den Inhalt konzentrieren, der sich nicht hinter hohlen Phrasen zu verstecken braucht. Natürlich reden wir immer noch von einer der erfolgreichsten Indie-Reihen aller Zeiten, aber gewisse Regeln des Mainstream-Story-Tellings werden trotzdem eingehalten und heben „Spawn“ aus der blutigen Masse des Trash hervor. Hinzu kommen die gewohnt großartigen Zeichnungen von Greg Capullo, der sich im letzten Batman-Run ausleben und sich über die letzten zwei Dekaden als feste Größe in der Szene etabliert konnte. Plastisch, düster und doch mit einem gewissen Augenzwinkern, ist sein Stil unverkennbar und trägt als wichtiger Pfeiler den Erfolg der Reihe mit.

Wenn man die „Spawn Origins Collection“ von Anfang an verfolgt hat, wird man sowohl visuell als auch inhaltlich einen kontinuierlichen Anstieg der Qualität feststellen. Während zu Anfang das Konzept auf größtmögliche Provokation abzielte, die die ehemaligen Marvel-Mitarbeiter erstmals ausleben konnten, fokussiert sich das Kreativ-Team über die Jahre hinweg mehr auf die Tiefe der Charaktere, den Feinschliff des Looks und einen epischen Bogen, den es in solchen Releases selten zu schlagen gilt.

In diesem Sinne ist der achte Teil keinesfalls nur eine Ergänzung (die sich tatsächlich schön im Regal präsentieren lässt), sondern in meinen Augen der Höhepunkt, der bis dahin erzählten Geschichte um Spawn. Ich freue mich dementsprechend jetzt schon auf die weitere Fortsetzung und hoffe, dass Panini Comics ihre Spekulationen diesbezüglich in die Tat umsetzt!

Fight Club 2 – Buch 2|2

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Was hat es lange gedauert, aber nun ist es endlich soweit: Nachdem mich schon der erste Band der offiziellen „Fight Club“-Fortsetzung umgehauen hat, findet die geniale Story ihren Abschluss in der finalen Ausgabe beim Splitter Verlag.

Um diejenigen nicht zu verwirren, die das erste mal davon hören, dass es eine Fortsetzung um Tyler Durden gibt, hole ich etwas aus. 16 Jahre nach der bahnbrechenden Verfilmung und 20 Jahre nach dem Release des ursprünglichen Romans, erschien 2015 die lang ersehnte Fortführung von Chuck Palahniuk, der sich auch für das Erstlingswerk verantwortlich zeigte. Auf die Idee seine ursprünglichen Visionen weiter laufen zu lassen kam er, als er realisierte, dass die Gegenwart bezüglich ihrer fast schon dystopischen Entwicklung, die Realität seiner Figuren zu unterbieten schien. Das konnte er natürlich nicht umkommentiert lassen und griff auf eines seiner Lieblingsmedien zurück – den Comic. Dafür holte er sich den Eisner-Award-Gewinner Cameron Stewart ins Team und legte los.

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©Splitter

Zehn Jahre nachdem Tylers „Projekt Chaos“ gescheitert ist, lebt der ehemals namenlose Mann hinter dem Soziopathen als Sebastian ein fast normales Leben. Pillen und medizinisches Marihuana ermöglichen es ihm einen Alltag zu bestreiten, der eine Zeit lang als unmöglich galt. Diesen teilt er sich mit der uns bekannten Marla Singer, deren Charakter immer noch durch Zigaretten und Zynismus geformt wird, die jedoch inzwischen mit ihrem Mann einen neunjährigen Sohn großzieht. So wie wir Marla jedoch kennen, wird ihr diese Konstellation auf lange Sicht zu langweilig und sie beginnt Sebastians Medizin zu präparieren, bis ihr psychopathischer Sex-Gott Tyler Stück für Stück aus der geistigen Versenkung empor steigt.

So kommt es wie es kommen muss und das „Projekt Chaos“ wird erneut aus der Taufe gehoben, während die immer noch aktiven Fight Clubs tatkräftige Unterstützung leisten und uns dabei bekannte Charaktere wie Angel Face oder Robert Paulson über den Weg laufen. Die ohnehin schon prekäre Situation erreicht ihren Höhepunkt als der gemeinsame Sohn von Marla und Sebastian von Mr. Durden entführt wird. Da beide Persönlichkeiten streng von einander getrennt sind, weiß niemand außer unser hauptberufliche Tunichtgut wo der Nachwuchs festgehalten wird. Nun bleibt nichts anderes übrig als nach dem Kind zu suchen und genau hier setzt die Handlung des Abschluss-Bandes ein, in dem Marla mit einem Haufen todkranker Kinder und jenen, die so tun als ob, die Gegend absucht und Sebastian versucht mit seinem Therapeuten seinen dunkle Seite zu unterdrücken.

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Dabei spielt Palahniuk wieder gekonnt mit dem ihm zur Verfügung stehenden Medium. Wie ein in die Tastatur gehämmerter Mittelfinger nimmt er die Erwartungen der Leser und spuckt sie ihnen vor die Füße. Man weiß nie was auf der nächsten Seite passiert und das ist gut so. Es ist selten, dass man einen Comic in die Hand bekommt, der so gekonnt mit Selbstreferenzen umgeht und die vierte Wand durchbricht ohne dieses Stilmittel zur reinen Zierde verkommen zu lassen. So nimmt er zum Beispiel immer wieder den popkulturellen Fußabdruck des Titels und richtet ihn gegen die damit einhergehenden Konventionen. Er feiert sozusagen einen Anti-Kult des eigenen Werkes, welches trotzdem durch seinen Hauptcharakter funktioniert. Am faszinierendsten bleibt die immer deutlicher zutage tretende Aussage, dass der Schöpfer sowohl in Bezug auf die Fans seiner Arbeit als auch auf das Werk selbst, jegliche Kontrolle verloren hat. Damit gelingt es dem Autoren sowohl inhaltlich als auch vom Feeling her, eine funktionierende Fortsetzung seines wohl größten Erfolgs weiter zu spinnen aber auch eine parallele Aussage zu seiner Schöpfung auf den Punkt zu bringen, die größer geworden ist als er selbst.

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Dabei spielt Cameron Stewart keine unwichtige Rolle. Er schafft es nämlich nicht nur die komplexe Gedankenwelt Palahniuks in Panels zu pressen, sondern nimmt sich die Freiheit diese regelmäßig zu sprengen und auch im visuellen Bereich selbstreflektiert zu agieren. Schuss- und Explosions-Geräusche werden so integriert, dass sie Einfluss auf das Verständnis des Gesagten haben und die Psychosen der Hauptfigur werden mit über die Seiten verteilten Gegenständen fast schon greifbar. Kurzum technisch auf höchstem Niveau.

Dieses wird wie beschrieben über alle Ebenen auch im letzten Band gehalten und bildet den in meinen Augen perfekten Abschluss, aus dem sich der Autor kein Hintertürchen gelassen hat und damit die Punkrock-Attitüde des Gesamtwerkes zu unterstreichen weiß. Dementsprechend gilt auch hier: Pflichtkauf!