[Rezension] Masterpieces of Fantasy Art (TASCHEN)

Wenn man das Wort Fantasie in den Mund nimmt, fällt jeder Person etwas anderes dazu ein, aber es werden sich wohl die meisten darauf einigen können, dass Drachen, gruselige Gestalten, strahlende HeldInnen und fremdartig verlockende Welten darunter fallen. Das ist wohl auch der Grund, warum sich aus dieser Kombination eine ganze Kunst-Gattung herausbilden konnte, die nach inzwischen fast 100 Jahren nichts von ihrer Popularität eingebüßt hat. Das hat selbstverständlich auch etwas mit der Wandlungsfähigkeit und den überwiegend inhaltlichen und nicht technischen Gemeinsamkeiten der Werke zu tun. Nichtsdestotrotz sehen Kenner sofort relevante Erkennungsmerkmale und bei vielen Künstlern die Handschrift, die ihre Gemälde und Zeichnungen zu einem Trademark werden ließ.

Genau in diese Sparte stößt der TASCHEN-Verlag, der es erneut schafft eine (zumindest für den typischen Snob) nischige Ecke der Kunst in das lange verdiente Rampenlicht zu rücken. Angefangen beim legendären Weird Tales-Magazin, über die zahlreichen Zeitschriften und Comics mit ähnlicher Namensgebung, bis hin zu den stoßweiten Entwicklungen der Jahrzehnte ab dem Revival des Genres in den 60ern ist wirklich alles dabei. So wird nicht nur der Hype um Illustrationen bestimmter Titel wie Herr der Ringe oder Conan der Barbar popkulturell und historisch kontextualisiert, sondern die Macher hinter den unglaublichen Werken in aller Ausführlichkeit vorgestellt. Diese haben nämlich mit ihren Kreationen nicht nur einen immensen Einfluss auf die Popkultur ihrer Zeit (und teils weit darüber hinaus) gehabt, sondern haben auch den „klassischen“ Kunstmarkt ordentlich durcheinander gebracht. So sind erzielte Preise von mehr als 5 Millionen Dollar für die seltenen Ölgemälde von Legenden wie Frank Frazetta durchaus ein Statement, das aufhorchen lässt. Nicht mehr sogenannten Experten bestimmen den Wert von Gemälden, sondern Menschen, die eine emotionale Verbindung jenseits aller Spekulationsblasen zu den Bildern aufbauen.

Wie diese zustande kommen kann, wird in den nach einzelnen Künstlern sortierten Kapiteln in Masterpieces of Fantasy Art ausführlich erklärt und kann vor allem durch die bis heute relevanten Franchises wie Dungeons & Dragons, Star Wars oder Conan einfach nachvollzogen werden. Doch nicht nur die Werke, sondern auch die Namen der KünstlerInnen sind in Teilen Trademarks für sich, die sofort Bilder im Kopf entstehen lassen, die wiederum die fantastische Schöpfungskraft dieser kreativen Genies unterstreichen. Wer denkt bei Giger nicht sofort an Aliens und Biomechanik oder bei Moebius an unfassbar komponierte Comic-Seiten und sein Wirken bei Tron und Das Fünfte Element?

Dabei sind noch nicht einmal die Skizzen, Skulpturen und Buch-Cover erwähnt, die die informativen Texte säumen, die vermutlich mehr Informationen für den geneigten Leser bereit halten, als er oder sie irgendwo anders finden könnte. Das Buch ist in dem Zusammenhang nicht nur im Hinblick auf das gigantische Format (29 x 39,5 cm, 7,43 kg, 532 Seiten!), sondern auch inhaltlich ein wahrer Wälzer, der de facto keinen Wunsch offen lässt. Natürlich könnte man anbringen, dass es ja so viele andere KünstlerInnen gibt, die man hätte präsentieren können und es ist tatsächlich etwas dran. Möchte man jedoch nicht eine Bibliothek mit einem Thema füllen, sondern den möglichst umfassendsten Einblick anhand der prominentesten Beispiele an den Leser herantragen, kann man es nicht besser machen als mit dem vorliegenden Band.

Nicht zuletzt liegt es an der Herausgeberin Dian Hanson, die schon seit vielen Jahren über TASCHEN informative und spannende Bücher publiziert. Diese bewegen sich zwar überwiegend im Bereich der Erotik, aber auch darüber hinaus besitzt Hanson eine solche Expertise im Bereich gleich mehrerer Kunstgattungen und des Zeitgeists der letzten Dekaden, dass man vermutlich keine passendere Person für den Job hätte finden können. Wer sich selbst überzeugen möchte, muss sich nur die Texte (auf Englisch/Deutsch/Französisch) zu Gemüte führen, die einen an der Hand nehmen und durch das Reich der Fantasie und das Leben und Schaffen der präsentierten Künstler geleiten.

Als ergänzendes Sahnehäubchen ist auch haptisch etwas geboten. Eingeklebte Kapitelopener und Trenner aus rauem Papier versüßen den Genuss des Bandes selbst beim simplen Durchblättern und Bestaunen der Werke, die in einer atemberaubenden Qualität abgedruckt und neben den schon aufgezählten Vorteilen den Preis von 150€ allemal rechtfertigen. Ein weiterer Anreiz ist die Limitierung der nummerierten Erstauflage. Bei einer Produktion von 7.500 Stück weltweit, sei es dem Interessenten geraten nicht zu lange mit einer Entscheidung bezüglich eines Kaufs zu warten. Bereuen wird man eine Anschaffung auf jeden Fall nicht.

Masterpieces of Fantasy Art



Verlag: TASCHEN



Sprache: Englisch, Deutsch, Französisch



Autor: Dian Hanson



Format: Hardcover



Seitenzahl: 532



Preis: 150 EUR



Limitierung: 7.500 Exemplare (Erstauflage)

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