The James Bond Archives. SPECTRE Edition.

james_bond_archives_fp_gb_3d_03416_1510011046_id_1000343

Nachdem ich vor geraumer Zeit den Prachtband „The Charlie Chaplin Archives“ besprochen habe, konnte ich nun meine Hände an die erweiterte Neuauflage von „The James Bond Archives“ legen.

Neuauflage? Ja, richtig gehört. Zum 50. Jubiläum von „007“ im Jahre 2012 erschien das Werk schon einmal im Überformat und hatte mit der ersten Auflage einen weiteren Kaufanreiz: Einen Filmstreifen mit einer halben Sekunde aus dem Bond-Erstling „Dr. No“ (1962)! Wenn man sich als wahren Fan und Kenner der Reihe bezeichnet, wären auch die 150€ für dieses Schmuckstück eine lohnende Investition gewesen. Wenn man darüber hinaus einen Schritt weiter gegangen wäre, könnte man sich für 2500€ zu den 250 Besitzern des Prints einer Entwurfzeichnung und einer Signatur des aktuellsten Agenten ihrer Majestät Daniel Craig zählen. Beides stolze Summen, die aber durch die restlos vergriffenen Auflagen beider Editionen den Beweis ihrer Berechtigung liefern. Nun haben auch die letzten Fans die Möglichkeit in die Entstehungsgeschichte jedes (!) einzelnen Abenteuers einzutauchen und sich auch die Hintergrundinformationen des aktuellsten Streifen „Spectre“ zu Gemüte zu führen. Mit einem handlicheren Format, erweitertem Inhalt und einem für das dargebotene angenehmen Preis, findet man in diesem Buch wirklich alles was das Cineasten-Herz begehrt.

preview_xl_james_bond_archives_04_1209261529_id_614078

Wie man es vom Verlag gewöhnt ist, wird hier definitiv geklotzt und nicht gekleckert! Angefangen mit einem ausführlichen Playboy-Interview mit dem Bond-Schöpfer Ian Fleming aus dem Jahr 1964, werden der Entstehungsprozess, die Gedankengänge hinter den „007“-Charakteristika und die Bezüge zur persönlichen Geschichte des Autoren ausführlich dokumentiert.

Dem folgt auch schon die Story des Beginns einer Film-Legende, indem der schwierigen Frage der Rechte, der Besetzung des Stabs und den weiterführenden Plänen zur damaligen Zeit auf den Grund gegangen wird. Nachdem die formalen Themen jedoch geklärt sind, steigt man als Leser sofort in die Kult-Streifen wie „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), „Goldfinger“ (1965) oder „Moonraker“ (1979) ein. Sie alle werden mit einer kurzen Erklärung des Plots eingeleitet und daraufhin mit Kommentaren der Beteiligten Produzenten, Regisseure und Schauspielern vom ersten bis zum letzten Drehtag erläutert. Da dies aus so vielen verschiedenen Perspektiven geschieht, gibt es einem das Gefühl der vollständigen Durchdringung der Materie. Szenen, Stunts und Produktionsbedingungen erhalten dadurch eine viel größere Bandbreite an Facetten, die man nach der Lektüre beim erneuten Genuss der Filme viel mehr oder sogar zum ersten mal wahrnimmt.

preview_xl_james_bond_archives_09_1209261537_id_614159

Um dabei jeden Teil dieses gewaltigen Konstrukts um die Figur zu erfassen, werden auch parallel und eigentlich nicht zum Kanon gehörende Werke wie das Sean Connery-Comeback in „Sag niemals nie“ (1984) oder die Parodie „Casino Royale“ (1967) (ja, es gab schon mal einen) mit Woody Allen besprochen. Die persönliche Note bekommen die Geschichten um die Entstehung aller Filme auch durch Erzählungen über das Jahrzehnte kreisende Besetzungs-Karussel der Hauptrolle. Es wird nicht ausgespart, warum George Lazenby nur ein Auftritt gewährt wurde und wie knapp manch anderer schon früher eine Rolle hätte ergattern können. Des Weiteren werden auch hässliche Seiten wie Unfälle am Set und interne Streitereien bei den hauptsächlich fröhlichen Drehs nicht ausgespart. Damit avanciert dieses inhaltlich makellose Buch zu einem authentischen Stück Dokumentation und umgeht der oft doch so naheliegenden Selbstbeweihräucherung der Macher.

Das ganze mündet wie schon am Anfang der Besprechung erläutert, im aktuellsten Auftritt von Daniel Craig in „Spectre“, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags sogar noch im Kino läuft. Da der Film ja naturgemäß ein visuelles Medium ist, werden die Kommentare selbstverständlich um großflächige Bilder in Form von Set-Aufnahmen und Produktionsnotizen ergänzt. Diese zeigen, teils nur im vorliegenden Band zu sehen, ikonische Szenen aus alternativen Blickwinkeln, unbeschwerte Momente außerhalb der Sichtweite der Kamera oder auch das gewaltige Ausmaß mancher Sets, die schier unglaubliche Summen verschluckten, dafür aber ein umso beeindruckenderes Ergebnis darstellten.

fp_james_bond_spectre_1511051849_id_1012021

Zusammengefasst kann man sagen, dass die Anschaffung dieses Buches als Fan schier unausweichlich ist. Keine Publikation schafft es nur im Ansatz diese Fülle an exklusiven Einblicken in Wort und Bild zu vermitteln. Dementsprechend kann man hier bedenkenlos zugreifen und bekommt dafür nicht nur eine lückenlose Chronologie, sondern auch ein unterhaltsames Stück Literatur, welches den Inhalt fast schon beiläufig aber einprägsam vermittelt.

Ich wünsche euch einen guten Rutsch!

Letztes Rezi-Exemplar für dieses Jahr im Briefkasten gelandet! Es handelt sich um das Prequel zum schon vor einiger Zeit erschienenen Comic zum aktuellsten Konzept-Album von apRon !

In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr! In den ersten Wochen werdet ihr neben einer Rezi zu dieser Ausgabe auch Reviews zu einem Band über Tim Burton vom Hatje Cantz-Verlag und „The James Bond Archives“ von TASCHEN auf ZOMBIAC entdecken! Bis dahin!

21630_430467390491028_7473956737608587889_n

Deutschland um 1900 – Ein Porträt in Farbe

germany_1900_photochroms_xl_int_3d_01137_1510271049_id_1008848

Ich denke, dass ich nicht alleine bin wenn ich beim Betrachten von schwarz-weiß-Fotografien, insbesondere aus dem 19. Jahrhundert, das Gefühl bekomme auf eine gänzlich andere Welt zu blicken. Es scheint fast ein fremder Planet zu sein, mit ganz eigenen Riten und Bräuchen, so wie der dazu passender Optik.

Das liegt vor allem an der industriellen Revolution, die sich zum damaligen Zeitpunkt erst zu entfalten begann und damit nach und nach Traditionen und über Jahrhunderte gereifte Stadtbilder verschlang. Festgehalten wurden ursprüngliche Szenerien höchstens auf Gemälden und Fotografien, die ohne Farbe einen Teil des Bezugs zur Realität einbüßen mussten.

Demenstprechend kam es einem Wunder gleich, als das Schweizer Unternehmen „Orell Füssli“ den sogenannten Photochromdruck im Jahr 1888 patentieren ließ. Mit diesem Verfahren war es nun plötzlich möglich Fotografien in Farbe (14 an der Zahl) serienmäßig abzudrucken. Was könnte da am ehesten in Betracht kommen, als Postkarten in dieser Form herzustellen und damit die schönsten Plätze des jeweiligen Landes zu porträtieren?

022a_germany_1900_photochroms_xl_01137_1510271141_id_1008937

Dom und Friedrichsbrücke

Genau dieser Gedanke ließ um die Jahrhundertwende auch in Deutschland einen Boom entstehen, aus dem sehr viele Abbildungen hervorgegangen sind, die uns einen interessanten Einblick in die „gute alte Zeit“ gewähren. Und genau hier ist der kleine Wermutstropfen zu finden. Da es sich großteils um Bilder für Tourismuszwecke handelt, werden dunkle Kapitel der Geschichte, wie die teils katastrophalen Arbeitsbedingungen der Unterschicht, Antisemitismus (auch schon im Kaiserreich ein eklatantes Problem) sowie soziale Unruhen gänzlich ausgeblendet. Was bleibt sind Idyllen im wahrsten Sinne des Wortes.

Dies kann dem Prachtband, der diese Bilder eindrucksvoll versammelt, jedoch auf keinen Fall zu Lasten gelegt werden, da die rund 800 Photochrome auf über 600 Seiten ein Bild Deutschlands um 1900 vermitteln, welches durchaus existiert hat und zu recht eine gewisse Faszination mit sich bringt.

276a_germany_1900_photochroms_xl_01137_1510271128_id_1008868

Eisenach, Hohe Sonne mit Blick auf die Wartburg

Diese sind einer Rundreise gleich in einer gewissen geografischen Chronologie angeordnet. Angefangen bei Berlin, der Nord- und Ostseeküste, über die am Rhein gelegenen Städte, den Schwarzwald bis hin nach Bayern. Dabei begegnet der Betrachter monumentalen Schlössern und Burgen, ländlichen Gebieten, wie entrückt wirkenden Straßenszenen, sowie schier unfassbar schönen Naturlandschaften, die einem Märchen entstammt sein könnten. Es ist kein Wunder, dass sich eine Vielzahl an Kreativen in das Herz Europas verirrte. Romantiker wie Lord Byron konnten hier der Natur so nah sein, wie sonst kaum an einem anderen Ort. Autoren wie Mark Twain wurden durch ihre Reisen auch nachhaltig in ihrem Schaffen geprägt und Künstler ergötzten sich an der Inspiration, die im Überfluss vor ihren Füßen lag.

Auch heute noch kommt man aus dem Staunen kaum mehr raus, kann fast nicht glauben, dass solche Orte existiert haben könnten und verfällt in eine Art Wehmut, da all die dargestellte Schönheit in ihrer Pracht unwiederbringlich verloren ist.

Neben den heutzutage längst zerstörten Gebieten, ziehen vor allem die uns besonders vertrauten Abbildungen ihre Aufmerksamkeit auf sich. In meinem Fall wäre es die Stadt München, die zwar ihre klassischen Charakteristika beibehalten hat, aber vor über 100 Jahren eine gänzlich andere Ausstrahlung besaß, als es heute der Fall ist. Es fühlt sich fast so an, als würde man durch dieses Buch in ein Paralleluniversum blicken und genau das macht es zu einer lohnenden Anschaffung. Es bietet die Möglichkeit in die Vergangenheit des eigenen Landes zu reisen und sich selbst auszumalen, wie das heutige Deutschland aussehen würde, wenn es nicht seine Identität und Kultur, die es sich mit Architektur und Landschaften aufgebaut hat, mit dem 2. Weltkrieg in den Abgrund gestoßen hätte. Hier kommen sowohl Leser mit großem Interesse an Geschichte als auch Fans der Foto-Kunst auf ihren Geschmack.

504a_germany_1900_photochroms_xl_01137_1510271133_id_1008897

Schloss Neuschwanstein, Schlafzimmer mit Bildern aus der Tristan-Sage

Das Buch kann bei TASCHEN bestellt werden.

The Little Books of Batman, Superman & Wonder Woman

dc_comics_batman_pi_gb_3d_48602_1509221523_id_998584

Der TASCHEN-Verlag fand vor kurzem schon Erwähnung auf meinem Blog, als er endlich die Aufarbeitung der Historie von DC Comics mit „The Bronze Age Of DC Comics“ fortführte. Dieser und die zwei zuvor erschienenen Bände zur „Golden“ und „Silver Age“ beleuchteten die prägendsten Epochen bis in die 70er Jahre. Die noch kommenden Sammlungen „The Dark Age“ und „The Modern Age Of DC Comics“, werden zusammen ein Konvolut ergeben, welches ganze 75 Jahre an Comic-Literatur abdecken wird.

DC_COMICS_BATMAN_PI_INT_OPEN-0118-0119_48602

In gesammelter Form erschien vor ein paar Jahren schon die Gesamtausgabe, die jedoch mit einem enormen Überformat und entsprechendem Preis zu Buche schlug, dabei aber sowohl inhaltlich als auch visuell seines gleichen suchte. Die Vielzahl an Auszeichnungen, mit denen „75 Years Of DC Comics“ dekoriert wurde, sprechen hierbei für sich selbst. Entsprechend dem gigantischen Umfang wurden Unmengen an Figuren beleuchtet, die entweder im Laufe der Zeit einen kleinen aber stabilen Fankreis vorzeigen konnten, gänzlich von der Bildfläche verschwanden oder zur unvergleichlichen Größe aufstiegen. Diese Bandbreite an Informationen ist selbstverständlich primär für Kenner der Materie interessant und klammert dabei den Mainstream an Lesern aus. Das ist jedoch nicht negativ zu bewerten, denn es spricht für Paul Levitz und sein Team, dass sie sich nicht auf ohnehin schon bekannte Themen stürzen und diese langatmig präsentieren, nur um eine Illusion von Fülle zu erzeugen.

dc_comics_superman_pi_int_3d_48601_1509221525_id_998609

Um jedoch die Leser, die sich vielleicht nur für die größten Helden die der Verlag vorzuweisen hat  interessieren, davon zu überzeugen, dass es sich lohnt auch die Entstehungsgeschichte von Batman, Superman und Wonder Woman zu entdecken, wurden ihnen nun die „Little Books Of…“ in die Regale gelegt.

DC_COMICS_SUPERMAN_PI_INT_OPEN-0168-0169_48601

Diese sind jeweils um die 200 Seiten lang und mit 17×12 cm perfekt für die Jacken- oder Hosentasche geeignet. In allen drei Bänden wird die gesamte Geschichte von den Anfangstagen bis kurz vor Beginn der „New 52“ dargestellt und repräsentativ durch die wichtigsten Storys und Titelbilder der letzten Jahrzehnte unterstrichen. Diese werden mit einem kurzen Begleittext versehen, der auf den Zeichner, Autor und die Besonderheit der Geschichte hinweist. So wird die visuelle Reise durch die Bilder der letzten Jahrzehnte informativ aufgewertet ohne aufdringlich zu sein oder den Kunstwerken den Raum zu nehmen, den sie dringend brauchen um zu wirken.

Eingeleitet werden die Bücher durch ein kleines Essay, welches die Frage stellt, warum wir die jeweilige Figur so lieben und teilweise über mehrere Generationen hinweg begleiten. Darauf finden sich teils sehr pointierte Antworten, überlassen aber dem Leser selbst zu entscheiden, warum er eine solche Begeisterung für den jeweiligen Charakter hegt. Allein wenn man sich die Evolution im Bereich der Erzählstruktur und der damit einhergehenden optischen Veränderung ansieht, kann man sich eine schier unendliche Liste an Gründen vorstellen, eine Liebe für Superhelden zu entwickeln.

dc_comics_wonder_woman_pi_int_3d_48603_1509221520_id_998559

Angefangen beim rohen Charme der ersten Ausgaben, die stark an Comicstrips und den kurzen, abgeschlossenen Abenteuern in den Zeitungsausgaben orientiert waren, über die gegenseitige Beeinflussung von Film und Comic, die sich wohl am deutlichsten bei Batman in den 60ern und der Serie mit Adam West niederschlug, bis hin zur brutalen Realität der Gegenwart, die auch weltpolitische Themen nicht ausklammert, ist wirklich alles dabei. Dementsprechend sind die drei Ausgaben nicht nur Einstiegsliteratur für interessierte oder angehende Comic-Fans, sondern auch interessante Nachschlagewerke für langjährige Leser.

DC_COMICS_WONDER_WOMAN_PI_INT_OPEN-0024-0025_48603

Auch für Cineasten könnten diese Veröffentlichungen eine lohnende Angelegenheit sein. Wie den meisten schon bekannt sein sollte, werden exakt diese drei Superhelden in wenigen Monaten auf der Leinwand aufeinander treffen und in „Batman v. Superman“ epische Kämpfe austragen. Zusätzlich sind für die nächsten Jahre Spielfilme angekündigt worden, die sich gänzlich auf die einzelnen Figuren konzentrieren wollen. Zum Beispiel dürfen wir uns auf Wonder Woman mit Gal Gardot im Jahr 2017 freuen. Die kleinen Büchlein könnten hierfür als die perfekte Vorbereitung auf potentielle Easter-Eggs und Verweise aus der Historie der jeweiligen Charaktere dienen. Ich persönlich besitze alle Teile der DC-Veröffentlichungen bei TASCHEN und kann trotzdem die neuen Ausgaben als perfekte Ergänzung und wunderbare Zusammenfassung mit voller Überzeugung weiterempfehlen. Wer sich schon immer eine Art Enzyklopädie für zum Beispiel Batman gewünscht hat (wie ich), dessen Gebete wurden nun erhört!

The Bronze Age Of DC Comics

Batman No. 251 Interiors, “The Joker’s Five-Way Revenge”; script, Denny O’Neil; pencils and inks, Neal Adams. © DC Comics

Als jahrelanger Fan des Verlags besitze ich mit „75 Years Of DC Comics“ selbstverständlich den ultimativen Prachtband zur Historie des Unternehmens. Inhaltlich sowohl in Bezug auf Informationsgehalt als auch Visualisierung nicht zu übertreffen, hat dieses 7-Kilo-Ungetüm von Paul Levitz einen „kleinen“ Ehrenplatz in meinem Schrank ergattert. Der einzige Nachteil, den eine Ausgabe in Über-Format mit sich bringt ist jedoch der fehlende Komfort beim lesen. Natürlich entfalten Titel-Seiten und legendäre Szenen eine ganz eigene Strahlkraft, wenn man diese auf fast einem halben Meter ausbreitet. Trotzdem muss man sich dafür den perfekten Ort und Zeitpunkt suchen um den Inhalt genießen zu können.

va_dc_comics_bronze_age_press_013a_02834_1509021704_id_992336

GREEN LANTERN No. 76 Cover art, Neal Adams, April 1970. © DC Comics

Dieses Kriterium hat sich TASCHEN zu Herzen genommen und legt nach „The Golden Age“ und „The Silver Age Of DC Comics“ den nächsten Band in die Regale. „The Bronze Age Of DC Comics“ kommt im Vergleich zur Urfassung ebenfalls mit nur knapp der halben Größe aus, zeigt sich aber parallel mit in der titelgebenden Farbe gebundenem Umschlag von der schönsten Seite, nur um auf den noch prachtvolleren Inhalt hinzuweisen. Denn hier handelt es sich keineswegs nur um eine Wiederverwertung bekannter Texte und Bilder, sondern um eine stark erweiterte Fassung, die dem Leser einen Einblick in die vielleicht prägendste Ära der Superhelden-Geschichten bietet. Zum ersten mal wurden sozial relevante Themen wie Rassismus, Drogenmissbrauch und zwischenmenschliche Verwerfungen in den Raum gestellt und mit Fingerspitzengefühl einer breiten Basis zugänglich gemacht. Insbesondere der Zeichner Neal Adams und der Autor Danny O’Neil liefen mit ihrem „Green Arrow/Green Lantern“-Run zur nie wieder erreichten Höchstform auf und ebneten damit den Weg für eine erwachsenere Sichtweise auf diese Kunstform. Ohne die Vorarbeit durch solche Werke sind legendäre Titel wie „The Dark Knight Returns“, „Watchmen“ oder „V wie Vendetta“ schier unvorstellbar.

MACY’S THANKSGIVING DAY PARADE Photograph, Superman balloon, New York City, Thanksgiving ca. 1982. © DC Comics

MACY’S THANKSGIVING DAY PARADE
Photograph, Superman balloon, New York City,
Thanksgiving ca. 1982. © DC Comics

Weitere prägende Ereignisse, die die Comiclandschaft nachhaltig verändern sollten, sind des Weiteren die zum Teil verlagsübergreifenden Crossover wie zum Beispiel „Superman vs. Spider-Man“ oder das Aufeinandertreffen von Muhammad Ali mit dem Mann aus Stahl. Dieser feierte zum damaligen Zeitpunkt auch sein Leinwand-Debüt, welches mit bis dato kaum vorstellbarer Tricktechnik und produktionstechnischem Aufwand zum Blockbuster avancierte und damit die Zielgruppe deutlich erweiterte. Parallel mischte Lynda Carter als „Wonder Woman“ die Fernsehwelt auf und nahm nach der übertriebenen „Batman“-Serie der 60er Jahre einen festen Platz im Nachmittags-Programm und in den Herzen der Zuschauer ein.

Doch es geht in diesem Buch selbstverständlich primär um die bunten Heftchen, die wir alle lieben. Dementsprechend würdigt Levitz im Großteil des Werks die kreativen Köpfe hinter den Geschichten. Darunter befinden sich unter anderem Bernie Wrightson, dem wir „Swap Thing“ zu verdanken haben. Eine waschechte Horror-Serie, die bis zum heutigen Tag Relevanz hat und mit den „New 52“ sogar einen Reboot feiern durfte. Des Weiteren konnte DC sogar die Marvel-Legende Jack Kirby unter Vertrag nehmen und damit visuell gänzlich neue Wege beschreiten. Das sind nur zwei der vielen Namen, die „The Bronze Age Of DC Comics“ prägten und denen hier auch der gebührende Platz eingeräumt wird. Um das Ganze zu verdeutlichen leitet ein Interview mit einem der bedeutendsten Kreativen der jeweiligen Ära jedes der Bücher dieser Reihe ein. Hier wäre es Danny O’Neil, der interessante und persönliche Einblicke in die damalige Zeit gibt und dabei das Erlebte launisch Revue passieren lässt.

va_dc_comics_bronze_age_press_064a_02834_1509021711_id_992356

Batman No. 251 Interiors, “The Joker’s Five-Way Revenge”; script, Denny O’Neil; pencils and inks, Neal Adams. © DC Comics

Ich muss hier wirklich anmerken, dass es vermutlich nie eine so umfassende Aufarbeitung bezüglich DC gab und geben wird und jeder der nur im Ansatz ein Interesse verspürt auch hinter die Kulissen dieser Industrie blicken zu wollen, keine Wahl hat als zuzugreifen. Insbesondere die Möglichkeit sich die Geschichte Stück für Stück zuzulegen ist im direkten Vergleich zur Urfassung ein Argument für die Anschaffung. Ich für meinen Teil freue mich schon riesig auf die zwei ausstehenden Kapitel in Form von „The Dark Age“ und „The Modern Age Of DC Comics.“

Die besten TV-Serien. TASCHENs Auswahl der letzten 25 Jahre

Es wird vermutlich kaum jemanden unter uns geben, der nicht die ein oder andere Fernseh-Serie als Ausklang für einen anstrengenden Tag oder als süchtig machenden Stoff konsumiert hätte. Dabei wird uns als Zuschauer eine immense Bandbreite an Genres und Formaten geliefert, die man teils kaum unter einem Oberbegriff zusammenfassen kann. Angefangen bei in sich abgeschlossener Unterhaltung für die ganze Familie (z.B. Die Simpsons), bis hin zu opulenten Meisterwerken, die einem Kinofilm in nichts nachstehen (z.B. Game Of Thrones) wird einem alles geboten was das Herz begehrt.

Bei der Masse an Produktionen ist es jedoch kaum möglich einen allumfassenden Überblick zu behalten und genau hier setzt die neueste Veröffentlichung aus dem Hause TASCHEN ein. Wie gewohnt wird das besprochene Thema bis zum kleinsten Punkt in Gänze ausgebreitet und analysiert. Dafür ist der Verlag bekannt und wird auch hier durch den Autor Jürgen Müller, den man als Herausgeber der bekannten Dekaden-Filmbuchreihe kennt, seinem Namen gerecht.

"The Simpsons" Season 25 (2014)

Dabei ist es kein Zufall, dass es sich inhaltlich  (wie der Titel des Buches schon verrät) um die besten Serien der letzten 25 Jahre handelt. Denn genau in dieser Zeit entstanden die ersten Premium-Produktionen, die entweder eine revolutionäre Idee und/oder einen mehrere Folgen überspannenden Story-Bogen vorweisen konnten. Angefangen mit der leibhaftigen Initialzündung für qualitativ hochwertige Formate um „Twin Peaks“ von David Lynch, über Frühwerke moderner Künstler wie Lars von Triers „Geister“ bis zu mit Hollywood-Größen besetzten Veröffentlichungen à la „True Detective“, wird jede einzelne Periode dieser wiedergeborenen Unterhaltungsform eindringlich analysiert und bewertet. Dabei wird jeder Serie, nach einigen Kurzinformationen in Form von Anzahl der Folgen, Sender und Dauer, ein gut genutzter Platz von jeweils 4-5 Seite eingeräumt, in dem die Story, die Ursprünge und Hintergrundinformationen beleuchtet werden. Dem wird ein kurzes Glossar nachgestellt, das weiterführende Erklärungen rund um die Entstehungsgeschichte bietet und einen noch tieferen Einblick in die Materie gewährt.

Breaking Bad (Season 4) 2011

Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine einfache Wiedergabe schon bekannter Informationen, sondern um detailverliebte Ausführungen über Gründe für bestimmte Entwicklungen, den Einfluss von Produzenten und Filmschaffenden sowie die Auswirkungen auf das generelle Voranschreiten des Mediums. Egal ob es sich dabei um die Nutzung unvorstellbar hoher Budgets, unkonventioneller Methoden oder einfach brillantes Story-Telling handelt. Hier reicht die Bezeichnung „fun-facts“ in keinster Weise aus. Es fühlt sich eher wie eine unterhaltsam aufbereitete Enzyklopädie an, die dazu einlädt das nun erworbene Wissen mit Gleichgesinnten zu teilen. Natürlich kommen dabei, wie es sich bei einem visuellen Medium gehört, die Bilder und Screenshots zu der jeweils besprochenen Serie nicht zu kurz. Wie üblich im Überformat geliefert, entfalten die Darstellungen einen nicht zu verleugnenden Sog auf den Leser, der bei der Lektüre am liebsten sofort den Fernseher anschmeissen möchte um sich selbst einen Eindruck verschaffen zu können. Bei der Masse an vorgestellten Titeln kommt es im Übrigen gar nicht so selten vor, dass man gewisse Veröffentlichungen bis dato gar nicht kannte und sich im Laufe des Buches die ein oder andere Inspiration holt. Für mich persönlich wären das die schon oft gepriesenen „Sopranos“, sowie die mir bis zu dieser Lektüre nicht bekannten HBO-Produktionen „Deadwood“ und „Rom“. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass hier sowohl der typische Serienjunkie überrascht wird aber auch der Neuling vollends befriedigt wird, indem kein Vorwissen verlangt wird und der Inhalt als Anreiz verstanden werden kann.

Matthew McConaughey and Woody Harrelson

Bei einem fairen Preis von knapp 50 Euro, ist das Gebotene hierbei mehr als nur ein fairer Gegenwert. In Halbleinen gebunden und auf hochwertigem Papier gedruckt, stimmen wieder einmal sowohl Aufmachung als auch Inhalt. Dementsprechend gibt es von mir eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für dieses Sachbuch, welches vor allem in dem behandelten Bereich seinesgleichen sucht.

The Charlie Chaplin Archives

Um es sogleich vorweg zu nehmen: Der TASCHEN-Verlag hat es mal wieder geschafft sowohl Qualität als auch Quantität in Perfektion verschmelzen zu lassen. Der vorliegende Prachtband „The Charlie Chaplin Archives“ ist alles und vielleicht sogar etwas mehr als sich so mancher Fan wünschen kann.

Den glücklichen Umstand, als Laie einen detaillierten Blick hinter die Kullisen der Entstehungsgeschichte aller(!) Werke Chaplins werfen zu können, verdanken wir seinen beiden Halbbrüdern Sydney Chaplin und Wheeler Dryden. Die beiden waren dafür verantwortlich, die Chaplin-Studios zu räumen als die Familie in die Schweiz umzog. Nun liegt dieser gewaltige Schatz nach 10 Jahren Arbeit, in denen die geretteten Dokumente und Schriftstücke katalogisiert und eingescannt wurden, in all seiner Schönheit vor.

preview_xl_chaplin_362_1506111510_id_972718

Paul Duncan, der schon das James Bond-Archiv zusammenstellte, trug für diesen Band in Überformat die wichtigsten Informationen und Aufnahmen zusammen um ein detailliertes Bild zu schaffen, welches das Genie eines Charlie Chaplin sowohl in der Arbeit als auch im privaten Umfeld einfängt.

Dabei fängt er schon bei den ersten Schritten auf der Bühne als Kind an, welches ein paar Groschen für die Familie dazu verdienen will. Schon damals erkannte man in ihm das schlummernde Talent, dass eine Tages zu einem der größten Schauspieler aller Zeiten avancieren sollte. Ausgeschmückt mit allerlei teils unbekannten Ablichtungen, erfährt die Beschreibung etwas Greifbares, welches durch die durchgehenden Zeitzeugen-Aussagen an Tiefe gewinnt. Diese setzen sich aus Beschreibungen Chaplins und seiner Weggefährten zusammen, die um einige Details durch Einwürfe der Macher des Bandes ergänzt werden.

Durch diesen Stil, der sich durch das gesamte Buch zieht, werden in schönster Weise private Momente mit denen am Set in Verbindung gebracht. Im Detail wären es Umbesetzungen, Liebschaften, Entdeckungen von Talenten, Verhältnisse zu Personen des öffentlichen Lebens, sowie Tragödien, die das Leben Charlie Chaplins vom Anfang bis zum Ende durchziehen.

preview_xl_chaplin_399_1506111512_id_972728

Es werden dabei in chronologischer Abfolge alle Stationen auf den Bühnen dieser Welt erfasst, bewertet, kommentiert und in einen überspannenden Zusammenhang gesetzt. Angefangen bei einem Varieté-Ensemble, über Chaplins persönliche Entdeckung des Mediums Film in den USA, bis hin zu seinen Einsätzen für „Keystone“, „Essanay“, „Mutual“, sowie „First National“, die ihn einem größeren Publikum zugänglich machten. Dabei kommen viele Anekdoten ans Licht, die eine Erklärung für viele Entscheidungen in seiner Karriere liefern und dem Leser die Entwicklung seiner berühmtesten Figur, des Tramps, lebendig vor Augen führen.

Danach folgen die Werke, die vermutlich jeder, egal ob Cineast oder Gelegenheitskonsument, gleichermaßen kennen und lieben sollte: „A Woman In Paris“ (1923), „Goldrausch“ (1925), „Circus“ (1928), „Lichter der Großstadt“ (1931), „Moderne Zeiten“ (1936) sowie einer der legendärsten Filme überhaupt – „Der große Diktator“ (1940).

Hier wird sich wie schon bei den Kurzfilmen, am Set-Geschehen, dem fast schon manischen Perfektionismus Chaplins und den Reaktionen auf die jeweilige Veröffentlichung abgearbeitet, die vieles in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Selbstverständlich werden hier auch die Spätwerke „Monsieur Verdoux – Der Frauenmörder von Paris“ (1947), „Rampenlicht“ (1952), „Ein König in New York“ (1957), sowie die letzte vollendete Arbeit „Die Gräfin von Hongkong“ (1967) berücksichtigt. Insbesondere letzteres Kapitel ist äußerst amüsant im Bezug auf Chaplins Verhältnis zu den Hauptdarstellern Sophia Loren und Marlon Brando, welcher vom Großmeister wie ein Schuljungen getadelt wird.

preview_xl_chaplin_450_1506111514_id_972748

Als Abschluss kann man sich die nie vollendeten oder nie veröffentlichten Filme in Form von Skripten, Fotografien und Hintergrundinformationen zu Gemüte führen. Es ist zum Beispiel erstaunlich festzustellen, dass ein komplett fertiges Werk wie „A Woman of the Sea“ vernichtet wurde, aus der Idee Napoleon zu spielen „Der große Diktator“ wurde und sich die letzten Gedanken Chaplins in Form von „The Freak“ in ein Drama mit Fantasy-Einschlag hätten manifestieren können.

Als Fazit lässt sich ziehen, dass dieser Band ein unumgängliches Must-Have für jeden Charlie Chaplin-Fan und Cineasten darstellt. Wie so einige Veröffentlichungen bei TASCHEN zuvor, schlägt der Preis von 150 Euro zwar so manche Geldbörse durch, ist aber jeden Cent wert. Wir reden hier von einem 560 starken, im Überformat gelieferten Werk, dass mit seinen 7 Kilo deutlich macht was in ihm steckt. Wer der englischen Sprache im Übrigen nicht mächtig sein sollte, kann in dem komplett auf deutsch gedruckten Beiheft in die Archive abtauchen. Als zusätzlichen Anreiz enthalten die ersten 10.000 Exemplaren einen kostbaren Filmstreifen mit 12 Einzelbildern aus Lichter der Großstadt (1931), der aus einem 35-mm-Film aus dem Chaplin-Archiv geschnitten wurde.