Bat-Mite

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Wie schon vor einiger Zeit ausführlich berichtet, gab es einen sanften Relaunch beim DC-Verlag, aus dem das sogenannte „DC You“-Universum hervor ging. Hier wurde die Kontinuität der einzelnen Reihen aufgeweicht um Autoren mehr Freiheiten bei der Gestaltung ihrer Geschichten zu geben und andererseits neue Zielgruppen zu erschließen.

Das geschieht aktuell zum Beispiel mit der „Gotham Academy“, „Batgirl“ oder „Bizarro„. Letzterer setzt auf einen humoristischen Ansatz, den man üblicherweise vom Konkurrenten Marvel erwarten würde. In die selbe Kerbe schlägt auch „Bat-Mite“.

Viele Fans des dunklen Ritters kennen mit ziemlicher Sicherheit die 60er-Jahre Serie mit Adam West, die in Bezug auf verrückte Versionen von Batman wohl die Rangliste anführt. Was wiederum wenige wissen ist, dass schon im Jahr 1959 der kleine „Bat-Mite“ seinen Einstand in der US-Reihe „Detective Comics“ feiern durfte. Er stammt laut Origin-Story aus dem selben Universum wie Supermans Widersacher „Mr. Mxyzptlk“, ist aber im Gegensatz zu diesem Bösewicht ein großer Fan des dynamischen Duos „Batman & Robin“. Dementsprechend möchte er die beiden unterstützen, stiftet dabei jedoch mehr Chaos als zu helfen. Er tauchte größtenteils, passend zum damaligen Zeitgeist, in den 60ern auf und verschwand Ende der 70er fast vollkommen vom Radar der Comic-Leser, als  die Geschichten einen ernsteren Anstrich verpasst bekommen haben.

Nun ist der nervige Zwerg mit den magischen Kräften in einer abgeschlossenen Mini-Serie von Autor Dan Jurgens („Der Tod von Superman“, „Flashpoint“, „Batman of the Future“ usw.) und der Zeichner-Newcomerin Corin Howell (dieser Band ist ihr Debüt im Batman-Universum) zu neuem Leben erwacht.

In der vorliegenden Story taucht der Gnom aus dem nichts auf um dem echten dunklen Ritter bei einem Kampf zur Seite zu stehen. Natürlich artet die undurchdachte Aktion in Chaos aus und endet in einer Zerstörungsorgie. Wie üblich kann Bat-Mite jedoch keine Schuld bei sich selbst entdecken und ist nach wie vor überzeugt davon, der bessere Verbrechensbekämpfer zu sein. Dadurch bildet er sich zu allem Überfluss ein, dass Batman sein Sidekick sei, dem er fortwährend unter die Arme greifen muss. Dieser ist davon eher weniger begeistert und im Laufe des Zwiegesprächs entwickelt sich bei dem Wesen aus einer anderen Welt eine irrwitzige Idee. Dadurch, dass er sich für den ultimativen Helden hält, ist es für ihn die logische Konsequenz Amateure wie „Robin“ aka „Damian“, „Hawkman“, „Poster Gold“ oder die „Inferior Five“ zu coachen.

Mit der Umsetzung seines Einfalls bricht nun das komplette Chaos aus, welches unsere Hauptfigur in eine Anstalt für Hirntransplantationen, die Wohnung eines seltsamen Pärchens und in die Konfrontation mit der Cape-tragenden Version eines Sammler-Nerds treibt. Es klingt verrückt? Ist es auch! Glücklicherweise funktioniert dieses Konzept aber wunderbar und lässt den Leser öfter mal laut auflachen. Leider sind ein paar gute Witze durch die Übersetzung verloren gegangen, die ansonsten mehr als deutlich auf die verschiedenste Bereiche der Popkultur verweisen. Sie können aber bei der Masse an Gags gut verschmerzt werden. Filme, Comics und Musik werden mit sicherer Hand durch den Kakao gezogen und bilden das i-Tüpfelchen auf der durchgehend unterhaltsamen Geschichte. Auch mit diesem Band hat DC eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Humor in ihrem Haus einen Platz finden kann und nicht nur auf depressiv dreinblickende (was nicht schlecht sein muss!) Charaktere bauen muss.

Die visuelle Umsetzung passt dabei wie die Faust aufs Auge und könnte für Corin Howell die Eintrittskarte für eine dauerhafte Etablierung im Verlag bedeuten, wenn „DC You“ einen nachwirkenden Anklang bei der Leserschaft findet. Ihr zwischen Realismus und Cartoon schwankender Stil unterstreicht die bizarre Verflechtung zwischen Superhelden-Genre und Comedy auf eine Weise, die frischen Wind in die Reihen der muskelbepackten Heroen bringen könnte. Ich werde die Dame auf jeden Fall auf dem Radar haben um ihren Werdegang ganz genau verfolgen zu können!

Dafür, dass ich es von mir selbst nicht erwartet hätte, habe ich einen Narren an der neuen Ausrichtung und den abgeschlossenen Serien gefressen, die etwas Leichtigkeit in die dunkle Comic-Welt in meinem Schrank bringen. Wer ebenfalls einen Versuch mit „Bat-Mite“ wagen möchte, kann ab dem 19. April im Comicbuchladen eueres Vertrauens oder hier zuschlagen.

X-Men: Ein neuer Anfang

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Aktuell befinden wir uns mitten in einem Hype um Superhelden, ausgelöst durch Verfilmungen, die einen Rekord nach dem anderen brechen. Angefangen mit Spider-Man, kriegen wir teilweise monatlich neue Kost von Marvel und DC auf der großen Leinwand geliefert. Als großer Comic-Fan freut es mich natürlich, dass plötzlich so viele Menschen einen Zugang zu diesem Medium gefunden haben und die Storys nicht mehr als Kinderkram abgetan werden (Spawn und Deadpool würde ich keinem Grundschüler in die Hand drücken). Aber wie nach jedem Aufstieg wird es irgendwann einen Absturz geben. Man kann davon ausgehen, dass der Markt irgendwann übersättigt wird und damit vermutlich auch die Leserschaft der bunten Hefte zurück geht.

Der letzte Boom, den ich aufgrund meines Alters leider nicht aktiv mitbekommen habe, war Anfang der 90er, nachdem Autoren wie Frank Miller und Alan Moore in den Jahren zuvor gänzlich neue Zielgruppen erschlossen haben, die mehr Dunkelheit und Härte wollten. Damit wurde eine Ära eingeläutet, die mit Konventionen brach und damit den Weg für Künstler und Schreiber ebnete, die ganz dem neuen Zeitgeist entsprachen.

Dazu gehörte eine ganze Riege an Kreativen aus dem Marvel-Lager wie der legendäre Jim Lee. Diesem wurde kurze Zeit nach seinem Einstieg in das Unternehmen die prestigeträchtige Serie „Uncanny X-Men“ anvertraut. Kurz darauf legte er auch Hand an den heute zu besprechenden Titel „X-Men“ (1991). Das erste Heft schaffte es sogar in das Guinness Buch der Rekorde als der meistverkaufte Comic aller Zeiten. Neben dem Artwork war natürlich auch die Story-Komponente entscheidend für den anhaltenden Erfolg der Reihe. Chris Claremont, schon 1969 als Laufbursche im Verlag eingestiegen, erarbeitete sich den Weg an die Spitze mit Einfällen für die Mutanten-Welt, die heute noch nachhallen und mit dem Look von Lee das Bild der X-Men erschaffen haben, welches schließlich in der 90er-Jahre TV-Serie mündete.

Nach einiger Zeit beanspruchte Lee jedoch mehr Mitspracherecht, änderte Skripte eigenmächtig ab und initiierte damit einen Disput, der zunächst den Abgang von Claremont zur Folge hatte. Nur Monate später ging auch der Zeichner, um mit anderen den Image-Verlag zu gründen, der ihnen Rechte an den eigenen Kreationen gab und am Teil des Booms profitieren ließ.

Die Zusammenarbeit der zwei Männer bleibt bis dato ein Meilenstein, der glücklicherweise von Panini Comics Deutschland neu aufgelegt wurde. „X-Men: Ein neuer Anfang“ beinhaltet die ersten sieben Hefte, die einen überspannenden Zusammenhang aufweisen und darum als ganze Geschichte gelesen werden können. In dieser macht sich eine Gruppe von Mutanten mit einem Raumschiff auf die Suche nach Magneto, der in seinem Asteroid M die Erde umkreist, um sein selbst auferlegtes Exil zu fristen. Als er von der Gruppe entdeckt wird, bietet diese ihm ihre Dienste an. Der Anführer Fabian Cortez erklärt des Weiteren, dass die Station angeblich entdeckt wurde. Um sich zu schützen, begibt sich Magneto daraufhin zur Erde um einige Atomraketen zu bergen, die im Notfall zur Verteidigung eingesetzt werden sollen. Dabei kommt es zum Kampf mit den X-Men, während dem einer der Sprengköpfe über Russland detoniert. Daraufhin zieht sich Magneto mit den verbliebenen Raketen auf seine Basis zurück, während auf der Erde ein Plan zum Einsatz kommt, der die Vernichtung des Asteroiden-Heims des Mutanten zum Ziel hat. Zeitgleich überzeugt Cortez Magneto davon, dass dessen DNA durch Moira McTaggert verändert wurde. Als Reaktion entführt er die Frau und Professor X um sie zu zwingen die X-Men zu manipulieren und für ihn kämpfen zu lassen. Doch als es zum Showdown kommt, ergibt sich eine überraschende Wendung der Ereignisse…

Was diese Geschichte anbelangt, bin ich relativ zwiegespalten. Einerseits sieht man den Panels eindeutig an, warum Jim Lee zur modernen Speerspitze der Comic-Künstler unserer Zeit avanciert ist und gelegentlich eingestreute Verweise auf ernste Ereignisse der Realität (z.B. der Holocaust, Rassismus usw.) sind eindeutig an ein älteres Publikum gerichtet. Trotzdem wirkt es alles mit einem zeitlichen Abstand von 25 Jahren etwas altbacken. Nachdem ich als Leser an Geschichten heran geführt wurde, die episch über einen Zeitraum von einem Jahr ausgebreitet werden können oder an visuelle Meisterwerke, die in Sachen Dramaturgie großen Film-Events in nichts nachstehen, fremdle ich ein bisschen mit dem vorliegenden Band. Ich gehe davon aus, dass es wie in jedem Bereich eine Entwicklung gab, die zum damaligen Release übergreifend nicht abgeschlossen war. Das beziehe ich jedoch ausschließlich auf fortlaufenden Reihen und nicht auf komplette Storys, auf die ja auch noch heute gern verwiesen wird (V wie Vendetta, Watchmen, The Dark Knight Returns usw.). Sprechblasen wurden scheinbar wahllos gestaltet, was wiederum Satzbrüche zur Folge hatte, die keinen wirklichen Sinn ergeben. Natürlich kann es ein Problem der Übersetzung sein, funktioniert im Vergleich jedoch in der Gegenwart tadellos. Außerdem finden wir die typischen Dialoge, die mitten im Kampfgeschehen geführt werden, obwohl einer der Charaktere zum Beispiel gerade eins übergebraten bekommen hat. Hinzu kommt die schon angesprochene Geschwindigkeit, bei der man als Leser das Geschehen kaum verarbeiten kann.

Das klingt im ersten Moment hart, ist aber ein übergreifendes Phänomen der damaligen Ära. Im Klartext bedeutet es, dass meine Generation etwas verwöhnt ist! 😉 Aus nostalgischer und historischer Sicht, ist es jedoch eine lohnenswerte Anschaffung. Man wird durchwegs gut unterhalten, die Optik stimmt (bei dem Künstler kein Wunder) und man kriegt einen kleinen Einblick in die Zeit, als die uns heute noch bekannten Figuren dem Höhepunkt ihrer Popularität entgegen schritten.

Dementsprechend kann ich „X-Men: Ein neuer Anfang“ jedem empfehlen, der weiß worauf er sich einlässt, während Neulinge oder Leser, die nur aktuelle Erscheinungen konsumieren erst einen Blick beim Comic-Shop eures Vertrauens riskieren sollten.

Old Man Logan: Die Rückkehr

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Vor geraumer Zeit habe ich mir im Kino den ultimativen Film bezüglich der visuellen Umsetzung einer Postapokalypse angesehen. „Mad Max“ überzeugte mich von der ersten bis zur letzten Sekunde durch die brillante Optik, den treibenden Soundtrack und die daraus resultierende Atmosphäre, die den Puls konstant oben hält. Im Endeffekt ein Szenario, dass wie geschaffen für eine Comic-Welt zu sein schien und mit der unvergleichlichen Art gleich mehrere Oscars absahnen konnte.

Nun ist mir ein Band in die Hände gefallen, der ganz dem gerade von mir beschriebenen Muster entspricht und sogar in einer Welt angesiedelt ist, die eine frappierende Ähnlichkeit zur Wüstenlandschaft von Max aufweist. „Old Man Logan: Die Rückkehr“ setzt kurz nach den Ereignissen des Erstlings von Mastermind Mark Millar ein, ist jedoch Teil des Mega-Events „Secret Wars“. Glücklicherweise wurde die Geschichte jedoch nicht in irgendeinem Megaband vergraben, sondern darf als eigenständiges Werk das Licht der Welt erblicken und dabei trotzdem Teil der Kontinuität nach dem Krieg bleiben.

Das gigantische Marvel-Multiverse wurde zerstört und nur ein Planet überlebte, der als eine Art bizarres Patchwork eine Vielzahl an Regionen beheimatet, die jedoch vollkommen unabhängig voneinander existieren. Anzutreffen sind dort die verschiedenen Versionen der uns bekannten Helden, die zwar von den anderen Zonen wissen, aber trotz allem isoliert agieren. Gemeinsam ist nur die Angst vor dem aus dem Chaos hervorgegangenen Herrscher Dr. Doom, der als Gott verehrt wird und dessen Status durch die Thors verschiedener Realitäten auch mit Gewalt untermauert wird.

Mittendrin finden wir eine von der Zerstörung des Krieges zwischen Helden und Schurken gezeichnete Wüste, die ein einsamer alter Mann durchstreift. Dieser ist der uns wohlbekannte Wolverine (oder auch Old Man Logan), der eine gewisse Ähnlichkeit zum Revolvermann aus der Stephen King-Saga „Der Dunkle Turm“ aufweist. In sich gekehrt versucht er die Ereignisse von vor 50 Jahren zu verarbeiten, bei denen er durch Mysterio manipuliert die X-Men getötet hat. In der Zwischenzeit schafft er es sogar eine Familie zu gründen, die jedoch durch den Hulk-Clan ermordet wird. Damit legt er seinen pazifistischen Lebensstil ab und eliminiert aus Rache die gesamte Sippe, mit der Ausnahme des Babys Robert Bruce Banner Jr., den er sogar adoptiert. Genau hier setzt die neue Story ein, bei der Wolverine bei einem seiner Streifzüge den Kopf eines Ultron findet. Ihm ist bewusst, dass dieser aus einem anderen Teil der „Battleworld“ stammen muss und macht sich auf die Suche nach dessen Ursprung. Dabei begegnet er alten Weggefährten, alternativen Versionen seiner Feinde und Verbündeten und trotzt unzähligen Gefahren, die sein vom langsamen Altern ausgezehrter Körper erdulden muss.

Verantwortlich für die Story, die mit wenig Dialog, dafür aber mit umso mehr packender Atmosphäre dienen kann, ist der Erfolgs-Autor Brian Michael Bendis. Der mit fünf Eisner-Awards ausgezeichnete Schreiberling kann sich so gut wie alles von Rang und Namen auf die Fahnen schreiben. Ob Hellspawn, Batman oder gefühlt jede wichtige Figur von Marvel Comics – überall hat der gute Mann schon seine Finger im Spiel gehabt. Bei der Fortsetzung zur Kult-Geschichte „Old Man Logan„, die nicht wenigen als das Wolverine-Äquivalent zu Batmans „The Dark Knight Returns“ gilt, ist es nicht verwunderlich, dass die verantwortlichen bei Bendis anfragten. So gut wie alle seine Veröffentlichungen wurden zu einem durchschlagenden Erfolg und auch hier enttäuscht er weder Fans noch Kritiker. Ein spannender Aufbau, der intelligent in die aktuellsten Ereignisse des fiktiven Universums eingepflegt wurde, ein Höhepunkt, der einen von Seite zu Seite treibt und ein Ende, dass direkt in die Kontinuität überführt ist fast schon mehr als man erwarten kann. Trotzdem schafft er es die Story mit der nötigen nüchternen Stimmung zu transportieren, die der Rahmen der Handlung verlangt.

Einen nicht geringen Anteil an der Atmosphäre hat der Zeichner Andrea Sorrentino, den man von seiner Arbeit an „Green Arrow“ oder „I, Vampire“ kennen könnte. Mit unzähligen Splash-Pages und Panel-Breaks kreiert er Seite für Seite kleine Meisterwerke, die man sich auch einzeln gerne an die Wand hängen würde. Mimik, Gestik und das Zusammenspiel mit der Umgebung tun ihr übriges, um nachhaltig Begeisterung auszulösen. Kombiniert mit der düsteren bis erdrückenden Farbpalette Marcelo Maiolos, kann man sich gar nicht lang genug an den Bildern laben.

Es gibt durchaus komplexere Geschichten, die durch ausgetüftelte Wendungen im Gedächtnis bleiben oder durch Cliffhanger die Tage bis zum Release der Fortsetzung zählen lassen, aber insbesondere ein visuelles Medium wie der Comic, lebt von den Gefühlen, die die Bilder kombiniert mit der Story transportieren wollen. Genau das schafft „Old Man Logan: Die Rückkehr“ mit Bravour. Packend, spannend und nachdenklich zugleich, wird man auf eine Reise geschickt, die man gerne noch viel weiter mit gegangen wäre. Glücklicherweise werden diese Gebete von Marvel erhört. Im Klartext können wir uns auf eine reguläre Reihe um den gealterten Recken freuen, die zwar von Jeff Lemire („All-New Hawkeye“, „Extraordinary X-Men“) getextet, aber weiterhin mit dem beliebten Artwork von Sorrentino veredelt wird.

In diesem Sinne könnt ihr euch nach meiner Huldigung schon denken, was ich als Fazit von dem vorliegenden Band halte: Absolute Kaufempfehlung! Wenn ihr euch unsicher seid oder denkt, dass ich euch was andrehen will, dann schaut im nächstgelegenen Comic-Shop vorbei und wagt einen Blick in die Ausgabe. Es wird sich lohnen!

Spawn Origins Collection – Band 7

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Einer meiner ersten Ausflüge in den Bereich der Comics für Erwachsene war „Spawn“. Vor ungefähr 15 Jahren hatte ich das erste mal eines der Hefte in der Hand, die zum damaligen Zeitpunkt noch monatlich erschienen. Inzwischen ist man zu broschierten Ausgaben übergegangen, die gleich vier US-Hefte auf einmal beinhalten. Zwar muss man nun etwas länger auf sie warten, dafür gibt es aber eine richtig große Ladung an Anti-Helden-Stoff.

Für diejenigen, die die Figur nicht kennen sollten, möchte ich kurz erklären worum sich die seit Anfang der 90er laufende Geschichte dreht. Erstmal zum Ursprung. Spawns Erfinder Todd McFarlane genoß einen legendären Ruf und konnte vor allem als Spider-Man-Zeichner und Autor eine gehörige Portion Ruhm einfahren. Sein extrem detailverliebter Stil gehört bis heute zu seinen Trademarks. Als er sich mit dem Marvel-Verlag überworfen hatte, zog mit einem ganzen Tross an weiteren Kreativen (z.B. mit dem legendären Jim Lee) aus, um einen neuen Verlag aus dem Boden zu stampfen, der den Künstlern mehr Mitspracherecht und Kontrolle in Bezug auf ihre Arbeit einräumen sollte: Image Comics.

Hier konnte man sich von allen Zwängen der Industrie, wie den Verzicht auf übermäßige Gewalt, Tabu-Themen wie Pädophilie oder sexuelle Darstellungen befreien. Die Reihe, die diese Freiheit bis heute wohl am meisten im Mainstream ausreizt ist „Spawn“. Es geht darin um den amerikanischen Söldner Al Simmons, der im Auftrag seines Auftraggebers während eines letzten Einsatzes ermordet wird. Daraufhin kommt Al in die Hölle und trifft dort den Teufel Malebolgia. Dieser bietet ihm einen Vertrag an, der Simmons an ihn bindet, dafür aber ein Wiedersehen mit dessen Frau Wanda verspricht. So wird er wieder auf die Erde geschickt und muss feststellen, dass er Jahre nach seinem Tod, grässlich entstellt und ohne Gedächtnis wieder in New York ist. Seine Frau ist längst mit einem anderen verheiratet, zieht ein kleines Mädchen auf und hat die Trauer um ihren Ex-Mann größtenteils überwunden. Zeitgleich ist unser Hauptcharakter mit einem lebenden Kostüm und magischen Kräften ausgestattet, die er noch nicht einordnen kann. Im Laufe der Zeit wird ihm der Name „Spawn“ verpasst und er erkennt die Verschwörung, die ihn in die nun vorherrschende Situation gebracht hat.

Währenddessen kümmert er sich um die bösen Menschen dieser Welt in einer Art und Weise, die man auch heute nicht von Cape-Trägern in Comics erwarten würde. Während ein „Batman“ den „Joker“ auch nach hundertfachem Mord einfach wieder einsperrt, massakriert „Spawn“ Kinderschänder und Konsorten auf einer Art, die nur als Warnung an die anderen Parasiten dieser Gesellschaft zu verstehen ist. Das ist eine Art die schwächsten Glieder der Bevölkerung zu beschützen, die es bis zum Start der Serie nicht gab und damit einen Impuls an die Industrie und Fangemeinde gab, der bis heute anhält und durch den Erfolg bestätigt wird.

Da die Serie nun seit 2 1/2 Jahrzehnten besteht, war es nur eine Frage der Zeit bis eine Neuauflage der Klassiker herausgebracht wird, um die Sammlung der alten Hasen zu vervollständigen und neue Fans an die Geschichte heran zu führen. In diesem Fall wäre es die sogenannte „Spawn Origins Collection“, die in jedem Hardcover-Band über 10 Hefte ab der ersten Nummer vereint und dabei sogar in Deutschland bisher unveröffentlichte Storys an den Mann bringt. In den USA wurde diese Aufarbeitung leider nach dem neunten Band eingestellt. Wir in Deutschland haben aber vielleicht Glück, was den Fortbestand der Serie anbelangt. So geht es diesen Monat in die siebte Runde mit den Heften 76 bis 87 und laut Aussagen seitens „Panini Comics Deutschland“, ist der Erfolg zumindest groß genug, um eine eigenständige Fortsetzung zu starten.

Falls ihr schon Besitzer der ersten sechs Bände seid, möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten, ob sich die Anschaffung lohnt bzw. ob es sich nur um einen Lückenfüller in der Sammlung handelt. Gleich von Anfang an kann ich eine Entwarnung geben. Die Story wird von mal zu mal runder, schlüssiger und auch in der Optik ansprechender. Todd Mcfarlane hat es über die Jahre geschafft, die Tiefe der einzelnen Charaktere wie Sam & Twitch hervorzuheben und aus der am Anfang teils vorhandenen Statik zu befreien. Man nimmt inzwischen jede Figur für voll und erkennt mehr Facetten entlang der Handlung. In diesem Band lüftet „Spawns“ mysteriöser Freund „Cog“ ein überraschendes Geheimnis und eröffnet unserem Helden eine Möglichkeit seinen Fluch zu brechen. Auf dem Weg dahin trifft er jedoch einen seiner ersten Widersacher, der es sich zur Aufgabe gemacht hat Seelen für die Hölle zu sammeln und dabei vor den bestialischsten Morden nicht zurück schreckt. Diesen jagt unser Rächer mit dem eben erwähnten Duo, welches inzwischen Spawns geheime Identität gelüftet hat. Außerdem findet ein Treffen mit dem Geist eines alten Bekannten statt, welches einen Wendepunkt in der gesamten Geschichte darstellt…

Glücklicherweise handelt es sich um eine Reihe, die einen großen Story-Bogen schlägt und den Leser nicht durchgehend gestückelt mit Informationen versorgt. So ist es möglich den Band an einem Stück zu verschlingen, da man natürlich wissen möchte, wie es weitergeht. Als Zeichner ist der aktuelle „Batman“-Kreative Greg Capullo an Bord, der schon bald nach McFarlane das Ruder am Stift übernommen hat und sich von Heft zu Heft zu entwickeln scheint. Während die ersten Ausflüge in die Gassen von New York fast cartoonesk wirkten, hat sich der ihm eigene Stil in eine bizarr verformte Version der Realität gewandelt, die von unendlich vielen Details durchzogen ist. Jedes Panel scheint eigene Geheimnisse zu verbergen, die man mit einem genauen Blick ausfindig machen möchte. Nach wie vor gehört Capullo wegen dieser Art Elemente zu „komponieren“ zu meinen Lieblingskünstlern dieser Sparte. Man kann sich vorstellen wie glücklich ich über seine Verpflichtung bei DCs größtem Flaggschiff war. Im vorliegenden Band kann man ihn geradezu zu Höchstform auflaufen sehen und die klassische visuelle Umsetzung der Reihe genießen, die vor einigen Jahren einem gänzlich neuen Stil gewichen ist, der ebenfalls seinen Reiz hat, aber bei weitem nicht das Gefühl hervorruft, wie im Laufe der 90er und frühen 2000er.

„Spawn Origins Collection: Band 7“ ist dementsprechend eine weitere Steigerung auf dem Weg zur nächsten Ausgabe, die ich nach der Lektüre der vorliegenden Geschichten haben MUSS. Es bleibt nur zu hoffen, dass Paninis Pläne einer Fortführung reale Züge annehmen und uns für ein paar Jahre mehr mit Storys aus der Hölle versorgen.

Hier geht es zu einer Leseprobe.

Ihr könnt euch den Band entweder hier oder hier besorgen.

Gotham Central – Band 3: Im Fadenkreuz des Jokers

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Was habe ich lange auf den dritten Band der „Gotham Central“-Reihe gewartet und nun ist es endlich soweit! Als ich die erste Ausgabe vor einigen Monaten in den Händen hielt, wusste ich zwar schon, dass die „Gotham“-TV-Serie unter anderem durch die Geschichten um die Cops aus der gleichnamigen Stadt als Vorlage diente, aber eine so hohe Qualität hätte ich wirklich nicht erwartet.

Was das anbelangt wurde ich relativ schnell überzeugt und gierte sofort nach der Fortsetzung, die in Bezug auf Spannung dem Vorgänger in nichts nachstand. Für diejenigen, die hiermit frisch auf den Titel stoßen, möchte ich kurz erklären was das besondere an „Gotham Central“ ist. Primär ist die Handlung zwar in der Welt von „Batman“ angesiedelt und wir treffen regelmäßig auf seine Widersacher, aber diejenigen, die sich mit ihnen rumschlagen müssen sind in dem Fall die Polizisten der Stadt. Klassischerweise kennen wir die Handlung nach dem Muster „Bösewicht greift an -> Keiner kann etwas dagegen tun -> Batman ist zur Stelle -> Happy End“. Hier wird ein gänzlich neuer Ansatz verfolgt, der das Police Department und seine Akteure in den Vordergrund stellt, die ihrer Arbeit nachgehen, persönliche Geschichten mit sich bringen und sich auch ohne Maske dem Verbrechen entgegenstellen. Dabei sticht die Atmosphäre durchaus auch im Vergleich zu anderen Cop-Reihen individuell hervor, indem die Geschichten sich am Film Noir- und Hardboiled-Genre orientieren. Alles ist geerdet, wobei eine durchgehend zynische Sichtweise auf den Alltag der Hauptfiguren gerichtet wird. Selbst wenn ein Schurke mit ungewöhnlichen Kräften oder Waffen wie „Mr. Freeze“ auftaucht, rutscht die Handlung nie ins fantastische und behält damit die einzigartige Note im DC-Universum bei.

Ein fast schon prototypisches Beispiel ist die vorliegende Story „Im Fadenkreuz des Jokers„. Hier macht der Clownsprinz des Verbrechens Jagd auf die Bewohner des verschneiten Gothams, indem er sie ins Visier seines Scharfschützengewehrs nimmt. Damit wird der Grundstein für eine Handlung um einen „klassischen“ Serienkiller gelegt, mit dem Unterschied, dass dieser üblicherweise in einer direkten Auseinandersetzung mit Batman zu verorten ist. In diesem Fall übernehmen jedoch die Polizisten Renee Montoya, Crispus Allen und ihre Kollegen den Fall, um weitere Mordopfer zu verhindern. Dabei legt der „Joker“ kleine Hinweise aus, verhöhnt sowohl den dunklen Ritter als auch die Gesetzeshüter gleichermaßen und arbeitet dabei auf einen in seinen Augen fulminanten Showdown hin.

In dieser Konstellation folgt der Leser den Ermittlern Schritt um Schritt, leidet mit ihnen um Verluste aus dem Umfeld, fühlt den Druck der Obrigkeit und sieht ihnen beim Messen mit Batman zu, um ihre eigene Legitimation aufrecht zu erhalten. In meinen Augen gibt es dabei während der Lektüre keinerlei Durchhänger oder Lückenfüller, sondern durchgehenden Nervenkitzel, für den das Autoren-Duo schon seit der ersten Ausgabe verantwortlich ist. Greg Rucka und Ed Brubaker, die beide neben Comic-Werken auch im Krimi-Genre beheimatet sind, haben von Anfang an die Messlatte sehr hoch gelegt und schaffen es erstaunlicherweise konsequent das selbst auferlegte Level zu halten. Natürlich bin ich froh darüber, die bis dato konstante Qualität genießen zu können, habe aber zeitgleich Angst bei den folgenden Werken einen Abfall der Kreativität beobachten zu müssen. Das ist natürlich das Los aller hervorragenden Serien, wobei ich mir in diesem Fall einen baldigen Abschluss in Deutschland wünsche, damit der Name „Gotham Central“ als Ganzes in positiver Erinnerung behalten werden kann.

Auf der visuellen Ebene erleben wir zum einen wieder den altbekannten Michael Lark, der mit seinem an den frühen Frank Miller erinnernden Stil für düster-beklemmende Bilder sorgt, während bei einem Kapitel Brian Hurtt den Stift schwingen darf. Da ihr Stil relativ ähnlich ist und sich großteils nur in der mal mehr oder weniger rohen Art der Darstellung unterscheidet, findet kein Bruch statt, der das Lesevergnügen stückelt. Alles in allem scheinen die Panels wie die Faust aufs Auge in Bezug auf die Story zu passen und unterstreichen durchgehend sowohl die bedrohliche Atmosphäre als auch den zynischen Blick der Protagonisten auf das Geschehen.

Zusammengenommen kriegt man hier die Kost, die man als Fan der Vorgänger erwartet und das im positivsten Sinne! Von der ersten bis zur letzten Seite bangt man mit und wird nicht durch allzu offensichtliche Hinweise vorzeitig auf das Ende hingewiesen, was einem Todesstoß für Kriminal-Geschichten gleichkommt. Im Laufe der Zeit habe ich mich wie erwähnt zu einem großen Fan der Reihe entwickelt und freue mich jetzt schon, wenn in der nächsten Panini-Vorschau Band 4 stecken sollte. In diesem Fall habt ihr meine uneingeschränkte Empfehlung bei „Gotham Central – Band 3: Im Fadenkreuz des Jokers“ zuzugreifen!

 

BIZARRO

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Vor einigen Jahren krempelte DC sein eigenes Universum kräftig um, indem alle laufenden Serien unter dem gemeinsamen Titel „New 52“ (entsprechend der Anzahl der Reihen) wortwörtlich auf 0 gesetzt wurden.

Mit wenigenAusnahmen, wurden alle Vorgeschichten, Entstehungsmythen und Beziehungen für nichtig erklärt und damit ein Neustart ermöglicht, den es in der langen Geschichte des Verlags bis dato nicht gab. Damit sollten vorrangig neue Fans rekrutiert und alte mit frischen Ideen getriggert werden. Selbstverständlich gab es auch einen Aufstand der Puristen, dem jedoch ein klarer Erfolg der Strategie entgegenstand.

So konnte man als alter Hase immer noch überrascht werden, während Neulinge plötzlich die Chance bekamen endlich in den boomenden Markt (vor allem aufgrund der zahlreichen Verfilmungen) einzusteigen. Wie gesagt fing alles schon vor gut 4 Jahren an und wie es eben in der Natur der Sache liegt, erweiterte sich das neue Universum wieder fast ins unendliche, die Erzählstränge wurden komplexer und die Qualität schwankte deutlich zwischen brillant und unerträglich.

Dementsprechend war es nur eine Frage der Zeit bis der nächste (sanfte) Relaunch kommt, um die nächste Generation an Lesern an sich zu binden und mit neuen Reihen das Interesse der Veteranen (wieder mal) hoch zu halten. Nun ist es endlich soweit und „DC YOU“ geht auch hierzulande an den Start. Dabei werden, wie eben angedeutet, nicht alle bisher publizierten Geschehnisse für ungültig erklärt, sondern zum einen die Kontinuität der Reihen aufgelockert und zum anderen ein für bestimmte Serien gültiger humoristischer Ansatz präsentiert.

Zum Beispiel agiert im ersten Fall Jim Gordon als Rächer der Nacht in der regulären „Batman“-Reihe, während der altbekannte Bruce Wayne bei der „JLA“ immer noch seinen Umhang trägt. Bei der zweiten Option sehen wir eine „hippe“ Version von „Bat-Girl“
oder die „Gotham Academy“, die beide eine jüngere und teils weiblichere Zielgruppe ansprechen sollen.

In diese Kerbe schlagen auch einige selbstreferenzielle Titel wie „Bizarro„, den ich euch heute stellvertretend für die gesamte Neu-Ausrichtung präsentieren möchte.
Leser der regulären Serien kennen die Figur als furchteinflößende, von Lex Luthor geschaffene Version des Mannes aus Stahl oder aus der „Superman Adventures“-TV Show aus den 90ern. In der vorliegenden Fassung sehen wir ein naives bis dämliches Alien,
welches es sich seit seiner Ankunft auf der Erde zur Aufgabe gemacht hat, ein eigener „Superman“ zu werden. Dafür ist es zwar mit entsprechend übermenschlicher Stärke, Gefrier-Blick und Laser-Atem ausgestattet, geht mit diesen aber um wie ein Kind,
dass gerade zu laufen beginnt. Darum folgen „Bizarro“ Zerstörung und Chaos auf Schritt und Tritt. Deshalb ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass Metropolis vom selbsternannten Helden mehr als genervt und für jede Idee dankbar ist das gutherzige Ungetüm so weit wie möglich fort zu schaffen.

Diese Aufgabe fällt Clark Kents/“Supermans“ Sidekick Jimmy Olsen zu, der das graue Monster nach Kanada (oder auch „Bizarro-Amerika“) verfrachten soll. Daraus ergibt sich ein wahnwitziger Road-Movie bzw. eine Buddy-Komödie, die es in der Form bei DC schon seit Ewigkeiten nicht gab. Dabei erleben wir die beiden Hauptfiguren beim Kampf gegen einen besessenen Gebrauchtwagen-Verkäufer, des Weiteren in einer Geisterstadt im Wilden Westen und einen wahrlich „bizarren“ Körpertausch. Und ja, es ist genauso verrückt wie es sich anhört.

Noch verwirrender aber umso witziger werden diese ganzen Situationen, wenn man sich vor Augen führt, dass „Bizarro“ durchgehend das Gegenteil von dem meint was er sagt und dabei nicht gerade die feinste Grammatik an den Tag legt. Durch diese Mixtur schafft Heath Corson als Autor mit einen Spagat zwischen Vorschlaghammer und dezenten Anspielungen, durchgehend die Lachmuskeln zu bearbeiten. Zusätzlich verknüpft er immer wieder Elemente aus der realen Welt, um das Geschehen trotz absurder Bedingungen dennoch greifbar zu machen. Kleine Gags wie der manchmal eingespielte Liebelingssong von „Bizarro“ („Wrecking Ball“ von Miley Cyrus, was denn sonst!?) stehen repräsentativ für einen Humor, den ich persönlich bis dato nur von Marvel kannte. Hier sieht man jedoch, dass auch in der tendentiell dunkleren Welt von DC Platz für Spaß vorhanden ist und dieser auch passend in Texten und Bildern umgesetzt werden kann.

Apropos Bilder. Gustavo Duarte macht einen ganz wunderbaren Job, indem seine cartoonhaften Panels einen nicht ganz unwesentlichen Beitrag zur Slapstick-Stimmung leisten. Ob nun Mimik oder Bewegung – beides passt wie die Faust aufs Auge und lässt einen Schnitzer höchstens mit der Lupe suchen. Als kleines Extra hat der gute Mann für einzelne Panels Gastzeichner mit an Bord geholt, die den meisten Kennern ein Begriff sein sollten. So finden wir Darwyn Cooke („Before Watchmen: Minutemen“), Tim Sale („Batman: Das lange Halloween“), Francis Manapul („The Flash“) und einige mehr. Da der Stil-Bruch sich zum einen nur auf einzelne Charaktere bezieht und die generelle Stimmung von vornherein sympathisch wirr ist, fallen die kleinen Gastauftritte in keinster Weise negativ ins Gewicht.

Als Fazit kann ich ziehen, dass der humoristische Einstand von „DC YOU“ zumindest in Bezug auf „Bizarro“ mehr als gelungen ist. Man wird durchgehend gut unterhalten und hat im Gegensatz zu den US-Amerikanischen Lesern sofort den Luxus, die Geschichte in einem Zug lesen zu können, da mit dieser Ausgabe die gesamte Miniserie von 6 Heften vorliegt. Da ich persönlich in Bezug auf Humor in Comics relativ schwer zu überzeugen bin, kann ich nach der persönlich positiven Erfahrung jedem einen Blick in den Band empfehlen. Nun bin ich auf „Bat-Mite“ im nächsten Monat gespannt und hoffe euch auch davon berichten zu können!

Eine Leseprobe zu „Bizarro“ findet ihr hier.

Wer gleich zuschlagen möchte, kann sich hier die Ausgabe besorgen.

BIZARROLEIPZIGERBUCHMESSE2016_Variant2Climitiertauf444Exemplare_365

Auf 444 Stück limitierte Variant-Ausgabe für die Leipziger Buchmesse

MADs Meisterwerke: Superhelden – Band 1 (1954-2004)

MADSMEISTERWERKESUPERHELDEN128VON229_Hardcover_937

Die Besprechung des vorliegenden Titels ist gleich in mehrfacher Hinsicht besonders. Zum einen muss man wissen, dass ich als Teil des Comicstadt München e.V. an der Organisation des Comicfestivals München beteiligt bin, welches Ende Mai 2017 erneut seine Pforten öffnen wird. In diesem Zusammenhang gibt es so gut wie immer ein Jubiläum oder ein Thema, welches sich besonderer Aufmerksamkeit erfreut. So ist auch diesmal: MAD feiert seinen 50. Geburtstag in Deutschland und wir werden uns bemühen eine attraktive Ausstellung präsentieren zu können, die alle wichtigen Evolutionsstufen des Kult-Magazins beleuchtet.

Dieses wagt mit „MADs Meisterwerke: Superhelden – Band 1 (1954-2004)“ eine eigene Rückschau mit einem spezifischen Thema, welches schon im Titel deutlich wird. Die Helden in Strumpfhosen sind nämlich nicht erst seit Anfang der 00er-Jahre populär, sondern erfreuen schon seit Mitte des 20. Jahrhunderts Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Aufgrund der schon immer vorhandenen Fanschar, ist es natürlich nicht weiter verwunderlich wenn ein Satire-Magazin das Thema und die dazugehörigen Protagonisten auf die Hörner nimmt.

Die dabei in Form von Realverfilmungen wirklich existierenden Menschen wurden in diesem Zuge auch nicht verschont und ordentlich durch den Kakao gezogen. Diese fanden es offensichtlich ebenfalls amüsant. Zumindest lässt das Vorwort durch niemand geringeren als den ’66er-Batman Adam West höchstpersönlich darauf schließen. Mit lobenden Worten äußert er sich zur Parodie der Serie und leitet launisch direkt in das Geschehen ein, welches in chronologischer Reihenfolge durch die MAD-Historie führt.

Die deutschen Fans können sich sogar besonders glücklich schätzen, da dem US-Original die lokalen Satire-Stücke beigefügt wurden und zusammen ein attraktives Hardcover ergeben, auf welches die Amerikaner leider verzichten mussten.

Los geht es mit einer Geschichte aus der vierten Ausgabe der Reihe in Form von „Superduperman“, der den Mann aus Stahl nach allen Regeln der Kunst in seiner Perfektion auseinandernimmt. Es folgen kurze Comicstrips, Ausflüge nach Gotham zu „Blöd-Man“ oder manchmal auch „Brettpfann“ genannt, Abstecher in Comic-Universen, die auch die hinteren Reihen der übernatürlich ausgestatteten Recken beleuchten und in bekannte Film-Streifen, die eine ganz eigene „MAD„-Note abbekommen. Durch die durchgehend hohe Diversität spürt man zum einen, dass Comics auch vor 60 Jahren gelesen und unabhängig von Verfilmungen konsumiert wurden. Zum anderen merkt man das Inserderwissen der Macher auf jeder Seite und versteht, dass da Fanboys gearbeitet haben, die wussten wie man die jeweiligen Figuren und ihre Geschichten anzugehen hat.

Ein weiterer Punkt, der das Buch so besonders für mich macht, ist die Möglichkeit in Jugenderinnerungen zu schwelgen. Ich weiß noch ganz genau, als der erste Spider-Man-Film mit Tobey McGuire erschien, die X-Men die große Leinwand enterten und die ersten Staffeln von Smallville über den Bildschirm flimmerten. Zeitgleich war ich ein regelmäßiger Leser des Mad-Magazins und habe natürlich auch die Parodien der eben genannten Streifen geradezu verschlungen. Dabei begegnet man auf so mancher Seite alten Bekannten, die man fast schon vergessen hatte. Wer kann sich noch an Erkan & Stefan oder den Quatsch Comedy Club erinnern? Diese und viele weitere Phänomene der deutschen Medienlandschaft wurden gut und gerne mit den Geschichten verwoben und gaben diese der Lächerlichkeit preis, ohne zu sehr in fast schon bösartige Gefilde vorzustoßen.

Der einzige Kritikpunkt den ich hier anzuführen habe, ist die an wenigen Punkten im Buch zu findende nicht ganz gelungene Übertragung vom Englischen ins Deutsche. So findet man unter anderem einen Comicstrip, in dem Superman sich in eine Schlange bei einer Behörde für „Aliens“ (Englisch für Ausländer) stellt. Leider funktioniert der Witz im deutschen nicht, egal wie man ihn dreht und wendet. Natürlich ist es nachvollziehbar, dem Wunsch nachgehen zu wollen, wirklich alles abzubilden, was jemals veröffentlicht wurde. Die Frage ist, ob es auch auf Kosten sinnfreier Darstellungen gehen muss. Im Großen und Ganzen fällt es aber in der Masse an Geschichten nicht wirklich stark auf und sollte das Lesevergnügen nicht negativ beeinflussen.

Als kleines aber feines Extra findet man am Ende sogar Superhelden-Entwürfe von „echten“ Genre-Zeichnern von Rang und Namen, die in ihrem unverkennbaren Stil Figuren wie „Der Zecher“ (Frank Miller), „Der unglaubliche Urheberrechtsverletzer“(Jim Lee) oder „Der Entomologe“ (Dave Gibbons) zum besten geben und damit zeigen, dass auch sie den Spaß verstehen, den die MAD-Redakteure seit Jahrzehnten mit ihren Werken treiben.

Der Band macht als Gesamtwerk unglaublich viel Spaß und macht Lust auf den abschließenden zweiten Teil, der aufgrund des anhaltenden Superhelden-Hypes mindestens genauso dick ausfallen sollte wie der erste!

Batman Sonderband 47 – Convergence

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Das große DC-Event „Convergence“, über das ich schon mehrfach berichtet habe, erstreckt sich bekannterweise über die gesamte Historie des Verlags und spart natürlich nicht die größten Aushängeschilder des Unternehmens aus.

Insbesondere Batman hat eine Vielzahl von Auftritten in mehreren Ausführungen. Ob nun als viktorianischer Tüftler, Vampir oder futuristisch ausgestattet – die Fledermaus ist überall. Bei der Masse an „Elseworld“-Geschichten liegt es natürlich nahe auch das auf einzelne Superhelden zugeschnittene Sonderband-Format zu nutzen, um wirklich allen Versionen des dunklen Ritters eine Bühne zu bieten. In Ausgabe 47 gehen wir dabei auf eine nostalgische Rückschau, die einen Blick auf eines der wichtigsten Kapitel rund um die Figur bietet und begleiten seine Mitstreiter aus Paralleluniversen, die gegen ebenfalls alternative Formen anderer Promis in Strumpfhosen antreten.

Im Detail sehen wir in der ersten Erzählung „Die dunkle Seite der Straße“ eine Verbrüderung zwischen Batman und seinem Nachfolger Azrael, der während des Mega-Events „Knightfall“ (die Story, in der Bane Batmans Rückgrat bricht) mit eiserner Hand und brutalsten Methoden Gotham sicherer machen möchte. Nun müssen sie, eingesperrt unter der Kuppel, gemeinsam vorgehen um Metropolis (jap, nicht Gotham) zu beschützen. Dabei kommen wieder die gänzlich unterschiedlichen Ansätze der Verbrechensbekämpfung zur Geltung und lassen den alten Konflikt, der im Original schon gut über 20 Jahre her ist, wieder aufleben. Hier kann man die Nostalgie geradezu riechen. Zeitgleich spannend erzählt und visuell sehr ansprechend gestaltet, ist der Entertainment-Faktor gleich am Anfang hoch angesetzt.

Dem folgt das Aufeinandertreffen zwischen zwei meiner Lieblingswelten. Auf der einen Seite haben wir Robin und Huntress, die das dynamische Duo der alten „Erde-2“ bilden und „Genosse Superman“ in der anderen Ecke des Ringes. Der Mann aus Stahl ist in dieser Version nicht im ländlichen Amerika gelandet, sondern mitten in der Sowjetunion. Eine gewagte aber wunderbar umgesetzte Fassung der im Grunde sehr amerikanischen Story. Auch Batman darf bei diesem Clash der Titanen nicht fehlen. Da Supes seine Kräfte dank der Kuppel verloren hat, lässt er seinen Mythos durch sowjetische Propaganda aufrechterhalten. Dementsprechend gestaltet sich der Kampf bei weitem nicht so unfair wie er zunächst anmutet. Wenn man seinen Blick dabei von den von Denys Cowan mit rauem aber passenden Strich befüllten Seiten losreißen kann, merkt man bei der Aufzählung der Macher sofort, warum die Story so gut funktioniert. Wieder einmal wurde der legendäre Len Wein herangezogen um seiner Fantasie freien Lauf zu lassen und dabei ein so überzeugendes Ergebnis abzuliefern, wie wir es bei diesem Mann fast schon erwarten.

Die vorletzte Geschichte ist gleichzeitig die ungewöhnlichste des ganzen Bandes. Batman und die Outsiders (eine Art Ersatz für die JLA, angeführt vom dunklen Ritter, inklusive der ersten schwarzen Hauptfigur bei DC in Person von Black Lightning) müssen sich in „Der neue Alltag“ gegen OMAC behaupten. Dieser Charakter war nichts Geringeres als Jack Kirbys letztes Projekt für DC Comics und damit wieder ein Leckerbissen für Hobby-Historiker in Bezug auf das neueste Event. Das besondere an der Story ist, dass zunächst auf den Umgang der einzelnen Figuren mit der neuen Situation eingegangen wird. Für einige kann der Verzicht auf Superkräfte nämlich ein wirklicher Segen sein. Das erste Mal nach unendlich langer Zeit jemanden berühren zu können, sich als ein Teil der Gesellschaft zu betrachten. Teilweise gern betretenes Neuland, bis sich die Kuppel wie so oft auflöst und dadurch den Kampf der Welten auf ein Neues einläutet. Dieser wird durch Carlos D’Anda ansehnlich in Szene gesetzt, verleiht jedem Panel etwas fast schon explosives und gleichzeitig einen frischen Touch, wenn man bedenkt, dass unsere Helden noch in den Outfits der 70er Jahre stecken.

Die abschließende Handlung bildet „Ein Liebeslied für Stephanie Brown“. Diese Stephanie ist ein Batgirl, welches kurz nach dem verheerenden Erdbeben in Gotham auftauchte und genauso schnell wieder verschwand. Zusätzlich finden wir eine weitere weibliche Fledermaus in Form von Cassandra Cain und einen Red Robin, der das Gespann zu einem Trio aufstockt. Die eigentliche Hauptfigur bleibt jedoch die Dame aus dem Titel und führt uns durch die Geschichte aus der Ich-Perspektive. Leider ist die Story hierbei nur bedingt unterhaltsam bzw. gelungen. Da ist als Abschluss für einen im Grunde sehr gelungenen Sonderband doch sehr schade. Offensichtlich auf lustig getrimmte Szenen regen nur bedingt zum lachen an, visuell wird zwar eine annehmbare Arbeit geleistet, sackt aber im direkten Vergleich deutlich ab.

Im Großen und Ganzen bleibt es aber der einzige Wermutstropfen, der das Lesevergnügen bei weitem nicht in dem Maße trübt, dass man von einem Kauf abraten müsste. Nach dem teils durchwachsenen, teils aber auch großartigen Megaband, kann ich heute den Batman-Sonderband zu „Convergence“ uneingeschränkt empfehlen!

Deadpool: Greatest Hits & Deadpool – Das Film-Special

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Es wird kaum jemanden geben, ob nun Comicleser oder nicht, der die fast schon ausufernde Werbekampagne rund um den Söldner mit der großen Klappe nicht mitbekommen hätte.

Ob nun auf öffentliche Toiletten, ausgestattet mit thematisch passenden Plakaten („Erst pinkeln, dann schütteln!“ oder „Wow, heißes Brazilian Waxing, Bro!“), in Form von ausgeklügelten Hashtags oder die Verulkung popkultureller Themen und Ereignisse (Australian Day, Valentinstag, andere Superhelden-Filme usw.) – Deadpool ist aktuell in aller Munde!

Zu verdanken ist das dem riesigen Engagement des Hauptdarstellers Ryan Reynolds, seines Zeichens Fanboy der Reihe, einer über Jahre gewachsenen Fanbase und dem Einlenken der Filmstudios bezüglich der Ausrichtung des seit gestern in den deutschen Kinos angelaufenen Streifens. Gewalt und Humor funktionieren ab 2016 auch in diesem Genre, welches entweder mit düsteren Farben gezeichnet oder so kunterbunt ausgelegt wurde, dass es schmerzt.

Aufgrund der medialen Aufmerksamkeit, ist es nur logisch, dass auch Leute die zuvor vielleicht noch nie ein Comic-Buch in die Hand genommen haben oder nur die klassischen Helden kennen, sich für die Figur zu interessieren beginnen und sogar einen Einstieg in das Medium wagen.

Für diesen Fall hat Panini Comics Deutschland eine weitere Anthologie auf Lager die, wie schon bei Batman und Joker in den letzten Jahren, die gesamte Bandbreite der Entwicklungsgeschichte von Wade Wilson aka Deadpool abdeckt: Deadpool: Greatest Hits! Aufgrund der anarchischen Ansätze ist diese, trotz der im Verhältnis zu anderen Strumpfhosenträgern kurzen Lebensspanne (er existiert erst seit den 90er Jahren), durchsetzt von unfassbar vielen und vor allem verrückten Einfällen. Angefangen bei seinem ersten Auftritt, bei dem er gegenüber „Cable“ eine lockere Lippe riskiert, über eine Zeitreise in das Spidey-Universum der Ditko-Ära (inklusive Original-Optik!), die durch den derben Humor so richtig durcheinandergewirbelt wird (Mary Jane offensichtlich flachlegen wollen? Sich über die Frisuren der Osbornes lustig machen und nach Whiskey verlangen? Kein Problem!) bis hin zu Crossovern mit dem Punisher und einer Hochzeit! Jede der Storys steht für sich selbst und kann ohne großes Vorwissen genossen werden.

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Die Auswahl ist durchaus gelungen und lädt zum weiteren schmökern ein. Stoff gibt es in diesem Zusammenhang wirklich mehr als genug in Form einer aktuell laufenden Reihe, Tradepaperbacks aus der „Killer-Collection“ oder auch den englischsprachigen Importen aus der Prä-„Marvel Now“-Ära. Das alles zusammen ist die Mixtur, nach der die aktuelle Generation an Lesern verlangt und durch Deadpool auch bekommt. Zynisch, brutal, überbrodelnd an popkulturellen Anspielungen (Video-Games, Comics, Filme) und angereichert mit einem extrem derben Humor, präsentiert sich hier ein „Held“, der das 21. Jahrhundert in seiner Form so wiederspiegelt wie kein anderer seiner Kollegen.

Wenn jemand zunächst eine Kostprobe möchte, kann parallel zu „Deadpool – Das Film-Special“ greifen, welches als Heftausgabe vorliegt und für Sammler sogar als Variant-Cover-Version verfügbar ist. Die Geschichte findet man zwar auch in dem „Greatest Hits“-Band, aber als Leckerbissen für Untentschlossene ist diese Ausgabe perfekt! Thematisch passend zum anlaufenden Film, aber nicht zu verwechseln mit einem Comic zum Film (den es nicht gibt), möchte Wade Wilson sein Leben auf der großen Leinwand sehen und ist entschlossen sich einen Drehbuchautor zu holen, der eine in seinen Augen gelungene Umsetzung liefert. Das ist bei den Ansprüchen des Söldners ein eher komplizierteres Unterfangen, bei dem er jedoch trotzdem jemanden findet, der ihm all seine peinlichen und unglaublichen Details seiner Geschichte herauslocken kann.
Das alles schreit geradezu nach einem Oscar, außer Hollywood baut Mist!

Ihr habt nun die Wahl euch direkt in das verrückte Deadpool-Universum zu stürzen oder euch heranzutasten und am Ende trotzdem seinem Charme zu verfallen. Meine Empfehlung habt ihr auf jeden Fall für beide Optionen!

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Die auf 1.750 Stück limitierte Variant-Ausgabe