Howard the Duck – Sein schwerster Fall

Howard the Duck

Ich wär ’ne gute Tierärztin!

Waak! Dann bürste mir den Bürzel!

Wenn ich eine Rezension so beginne, sollte eigentlich schon jeder wissen um wen oder was es geht: Howard the Duck! Genau genommen um sein letztes Abenteuer unter dem Kreativ-Gespann Chip Zdarsky (Sex Criminals) und Joe Quinones (Amazing Spider-Man) mit dem Titel „Sein schwerster Fall„.

Nach den letzten beiden Ausgaben (Ein Erpel für alle Fälle und Im Weltraum hört dich niemand quaken) befällt mich geradezu eine Art Schwermut eine finale Rezension zur extraterrestrischen Ente zu verfassen, die mit ihrer trockenen Art inmitten eines anarchischen Settings, die ein oder andere Lachträne aus mir gepresst hat und nun ihr letztes Abenteuer erlebt.

Auch in diesem Fall ist es nicht anders und dementsprechend schwer zu beschreiben um was es eigentlich geht. Bevor die eigentliche Story beginnt, reist Howard mit seiner mit Skrull-Kräften ausgestatteten Assistentin Tara in das sogenannte Wilde Land, in dessen „Savage Park“ ihm ein Haufen Dinosaurier begegnet, die unter der mentalen Kontrolle eines ansässigen Mitarbeiters stehen. Im Gepäck hat er dabei niemand geringeren als Spider-Man, Steve Rogers aka Captain America („Nenn mich einfach Steve!“ „Ok, Captain Steve!„), Daredevil und She-Hulk. Diese begleiten ihn aufgrund eines Falls von Steuerbetrug. Ja, das steht da wirklich.

Nachdem dieses Abenteuer als „bestanden“ abgehakt wurde, schließt der Band an die letzte Veröffentlichung an und beginnt mit der Wiederbegegnung mit Howards Ex Beverly Switzler. Um dem Ganzen eine größere Schippe Irrsinn drauf zu legen, steht irgendwann auch noch Lea Thompson als seine neue Klientin vor der Tür (kleiner Reminder: Er ist Privatdetektiv). Dabei ist sie niemand geringeres als die Schauspielerin, die in der Howard-Verfilmung von 1986 seine Freundin gemimt hat. Als dann noch die beiden Macher der Reihe als sie selbst in Aliengestalt samt Kontrolle über Howards Leben auftauchen, ist die wirrste Mixtur die man sich vorstellen kann perfekt.

Dabei folgt die Handlung tatsächlich einem roten Faden, der sich auch den ein oder anderen Rückgriff auf vergangene Ereignisse erlaubt und damit einen größeren Bogen spannt, als man zunächst denken könnte. Dazwischen werden wie gewohnt Gags mit Seitenhieben auf bestimmte Figuren, die Comic-Industrie an sich, oder auch den Arbeitsalltag der Kreativbranche abgefeuert. Man merkt förmlich den diebischen Spaß, sich außerhalb der stringenten Ordnung des Marvel-Universums auszutoben und den Fans zu zeigen, dass man nicht viel anders ist, als sie selbst.

Visuell bleibt auch kein Wunsch unerfüllt. Durch die für Superhelden-Geschichten typische Optik, wirken die absurdesten Momente noch intensiver und dadurch eine ganze Ecke lustiger, als Produkte der Mitbewerber im „Funny-Style“.

Ich für meinen Teil kann euch nur ans Herz legen, alle drei Bände zu besorgen, die sich nicht nur schön im Regal machen, sondern es wert sind, sie mehrmals in die Hand zu nehmen und sich an ihnen zu erfreuen. Bei knapp 15€ pro Ausgabe, ist es eine wirklich lohnende Investition. Ich hoffe in jedem Fall, dass die Figur nicht irgendwann in der Bedeutungslosigkeit verschwindet, sondern ein Ventil für mutige Autoren und Künstler und eine schöne Abwechslung für Leser bleibt.

Marvel Klassiker: Spider-Man

Marvel Klassiker Spider-Man

Wenn ich Sätze wie „Einige der prägendsten SpideyStorys aller Zeiten in einem Band“ lese, bin ich aus Erfahrung recht skeptisch geworden. Viele Sammelbände wie der nun vorliegende Marvel Klassiker: Spider-Man (den Helden könnt ihr beliebig ersetzen), zeichneten sich leider viel zu oft dadurch aus, dass zwar wichtige Momente in der Geschichte der jeweiligen Figur geliefert wurden, die einschneidensten Erlebnisse aber Einzelausgaben vorbehalten wurden, um (nachvollziehbar) Kapital aus entsprechend legendären Story-Strängen zu schlagen.

Hier wird uns jedoch tatsächlich ein Positivbeispiel geliefert, welches der vollmundigen Ankündigung gerecht wird. Angefangen beim Urknall in Form des ersten Auftritts in Amazing Fanatsy #15, über Kämpfe gegen den Geier, den Kobold, Kingpin und viele weitere ikonische Feinde, bis hin zu persönlichen Tragödien (todkranke Tante May, Gwen Stacy *snap*) wird wirklich alles bedient, was in den späten 60ern und im Laufe der 70er relevant war.

Dabei sollten Nostalgiker und die, die es noch werden wollen nicht vergessen, dass es sich Zeitgleich um die Ära von Lee und Ditko handelt, welche uns die ikonische Optik der einzelnen Figuren beschert hat, die bis heute trotz unzähliger Neuauflagen in den Köpfen der Fans überdauert.

Hinzu kommt der unverkennbare Charme der Anfangstage, die ungewollt komischen Szenen und die teils sehr limitierten Panels, welche in Kombination genau das ausmachen, was der geneigte Leser erwartet.

Es wirkt nichts aufgesetzt, geschweige denn von künstlichem Pathos getragen (die 90er lassen grüßen). Daher wird man angenehm kurzweilig unterhalten, ohne das Gefühl zu haben, etwas aus rein historischen Beweggründen konsumieren zu müssen. Solche Neuauflagen sind sehr oft Geschmackssache. Hier wird in meinen Augen aber sowohl der langjährige Leser als auch der Neueinsteiger vollends bedient.

Ich für meinen Teil habe die Lektüre sehr genossen und hoffe, dass Panini bei diesem Konzept bleibt, damit ich auch bei Folgebänden ohne Bedenken zugreifen kann!

Marvel Klassiker: Spider-Man erscheint am 13.06.2017

Mark Millar Collection 2: Wolverine – Staatsfeind

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Nach „Wanted“ veröffentlicht Panini Comics Deutschland den nächsten Band aus der sogenannten „Mark Millar Collection„, die ihrem Namen entsprechend das Werk des talentierten Schotten würdigt.

Mit „Wolverine: Staatsfeind“ bekommt man eine seiner weniger bekannten, aber nichtsdestotrotz qualitativ hochwertigen Geschichten geliefert. Genaugenommen handelt es sich um den von Millar und John Romita Jr. (mit dem einige Jahre später die Zusammenarbeit an „Kick-Ass“ realisiert wurde) betreuten Run der Comic-Serie „Wolverine„, die sich ab Heft 20 über 12 Ausgaben erstreckte.

Wie schon der Erstling, kommt Band Nummer zwei als edle Hardcover-Ausgabe auf den Markt und wird diesmal mit einem Vorwort von Garth Ennis („Rover, Red, Charlie„, „Crossed, „Preacher“ usw.) eingeleitet. Dieser ist definitiv nicht als großer Superhelden-Fan bekannt. Daher ist es umso erfreulicher zu lesen, dass er sich für die Geschichte um den beliebten Mutanten erwärmen konnte und teils überschwänglich lobende Worte dafür findet.

Die eigentliche Story ist als klassische Rache-Erzählung angelegt, in der Wolverine den Mördern des Sohnes eines japanischen Freundes auf der Spur ist. Hierbei sieht er sich persönlich in der Verantwortung und geht entsprechend kompromisslos gegen jeden vor, der sich ihm entgegen stellt. Man sollte hier aber kein Gemetzel erwarten, dass nach der „Logan„-Verfilmung offensichtlich Hochkonjunktur hat. Romita Jr. nutzt seinen ihm eigenen und daher beliebten Stil, der individuell und doch angenehm fürs Auge ist.

Die Geschichte ist dabei keineswegs so voraussehbar, wie man es zunächst erahnen könnte. Der Erzschurke Gorgon schafft es im Verlauf der Ereignisse „Hydra“ mit „der Hand“ zu vereinen und in dem Zuge Wolverine unter seine Kontrolle zu bringen, der nun schier unkontrollierbar eine Schneise der Zerstörung hinter sich her zieht.

Auf dem eben beschriebenen Weg begegnet Wolverine so gut wie allen bekannten Helden des Marvel-Universums, die ihm teils zur Seite stehen und teils bekämpfen. Dabei wirkt die Geschichte keineswegs überladen und hält die eine oder andere Überraschung für die Leser bereit. Durch die Länge des Ganzen ist man darüber hinaus gezwungen, sich gänzlich auf die Handlung einzulassen und nicht als Lesesnack zwischendurch zu verschlingen.

Ein zusätzliches Highlight in diesem Band, neben viele Konzeptzeichnungen und Covern, ist die Geschichte „Gefangener Nummer Null„, die zwar ebenfalls mit Wolverine als Hauptcharakter aufwartet und von Millar getextet wurde, aber für sich alleine steht.

Hier begegnen wir unserem Helden um das Jahr 1942 im Konzentrationslager Sobibor, in dem er den diensthabenden Kommandanten an seinem Verstand zweifeln lässt. So schafft es der Autor die Kräfte des Mutanten zum Element einer schaurigen Handlung werden zu lassen, die trotzdem genug Fingerspitzengefühl aufweist, um ein KZ nicht zur reinen Kulisse verkommen zu lassen. Diesbezüglich hatte Millar persönlich Angst eine Grenze zu überschreiten, die ihm aber nach einem im Nachwort beschriebenen Gespräch mit Comic-Legende Will Eisner genommen wurde.

Alles in allem ein Pflichtkauf, unabhängig davon ob man Fan der Mark Millar-Kreationen ist oder primär den X-Men anhängt. Hier sollten beide Fan-Lager gleichermaßen bedient werden. Nun freue ich mich umso mehr auf die Fortsetzung der „Collection“ und verstehe umso mehr, warum diesem Mann eine ganze Reihe gewidmet wurde.

Old Man Logan – Band 2

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Und wieder eine Geschichte vom Mutanten mit Aggressionsproblemen. Und wisst ihr was? Ich krieg einfach nicht genug davon. Zwar muss ich gestehen, dass ich mich in den letzten Jahren eher vereinzelt mit seinen Abenteuern beschäftigt habe, da mich das Marvel-Bubblegum-Universum die meiste Zeit abturnt, aber ihre psychopathischen bis lustigen (Howard the Duck, Deadpool usw.), sowie getriebenen Vertreter (wie eben Wolverine) locken mich in regelmäßigen Abständen hinter dem Ofen hervor.

Das war auch bei „Old Man Logan“ der Fall. Das Original kann getrost als die Marvel-Version von The Dark Knight Returns angesehen werden, welche so meisterhaft von Mark Millar umgesetzt wurde, wie 99% seiner anderen Werke. Daher ist es eigentlich nicht weiter verwunderlich, dass das Franchise zwar ein paar Jahre später aber konsequent weiter getrieben wurde. Mit dem ersten Band gelang schon ein sehr atmosphärischer Einstieg, der eine Brücke zwischen zwischen der postapokalyptischen Welt des alten Logan mit dem modernen Universum schlug, welches nach dem Marvel Now-Reboot eingesetzt wurde.

In der Fortsetzung hat Wolverine sich langsam aber sicher an den Umstand gewöhnt, dass er sich nicht mehr in seiner gewohnten Umgebung befindet, hat aber immer noch Zweifel, dass seine neue Heimat nicht das selbe Schicksal ereilt, wie seine ihm bekannte Umgebung. Daher versucht er gleich auf mehreren Ebenen präventiv zu agieren. Zum einen versucht er seine neuen Verbündeten für einen potentiellen Angriff ihrer Gegner zu sensibilisieren, zum anderen möchte er sich soweit wie möglich von der Zivilisation bzw. den Leuten entfernen, die ihm etwas bedeuten, da er das Gefühl hat alles zu zerstören, womit er in Berührung kommt.

In letzter Konsequenz zieht er sich deswegen in die Grenzsiedlung Killhorn Falls nahe Alaska zurück, die neun Monate im Jahr eingeschneit und entsprechend von der Welt abgeschnitten ist. Hier versucht er sich unauffällig einzugliedern und seinen Beitrag für die kleine Gemeinschaft zu leisten. Doch es bleibt nicht unbemerkt, dass der in dieser Realität tote Logan plötzlich unter den Lebenden wandelt. Nun sehen einige alte Widersacher ihre Zeit gekommen, um Rache an dem alten Mann zu üben. Erneut steht Wolverine mit dem Rücken zur Wand und im Begriff sein neu aufgebautes Leben ein weiteres Mal, samt der ihm ans Herz gewachsenen Menschen, zu verlieren. So muss er nicht nur sich selbst, sondern auch die Dorfbewohner vor dem drohenden Angriff schützen. Keine leichte Aufgabe, da seine Feinde fest entschlossen sind, ein gewaltiges Blutbad anzurichten.

Die Geschichte des Autoren Jeff Lemire ist während dem Verlauf der Lektüre durchgehend schlüssig und trotz bekannter Versatzstücke anzutreffender Genres (Science Fiction, Western, usw.) stets erfrischend. Er schafft es eine melancholische Atmosphäre aufzubauen, die perfekt zur Weltsicht des Hauptprotagonisten passt, der seine seelischen Wunden für alle sichtbar vor sich hin trägt. Gleichzeitig bedient er fast nebenbei den Wissensdurst der Fans, indem er Logan zum Beispiel erinnern lässt, was exakt in der Nacht geschah, als die Helden starben.

Hinzu kommt der wunderschön malerische Stil des Zeichners Andrea Sorrentino, der sich nicht mit klassischem Panel-Aufbau begnügt, sondern immer wieder mit dem gegebenem Medium in all seinen Facetten spielt und sich nicht scheut symbolhafte Darstellungen einzustreuen, die das gezeigte sofort auf ein höheres Niveau heben.

Mit dieser Kombination aus mitreißender Geschichte und perfekter Visualisierung, wurde ein wahrer Pflichtkauf auf den Markt geworfen, dessen Nachfolger ich kaum erwarten kann!

LOGAN (Filmkritik)

 

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Foto Copyright: © 2017 Twentieth Century Fox

 

Nachdem ich den letzten Solo-Film um Wolverine als wirklich schwach empfunden habe und den ersten als mutlos, hat mich der nun (offiziell) letzte Auftritt des Mutanten wirklich positiv überrascht.

Erstmal zur Handlung selbst: Zwar spielt die Geschichte in der nahen Zukunft und suggeriert den Comic-Fans aufgrund des Titels eine Art Adaption des Meisterwerks von Mark Millar, besitzt daraus aber nur Anleihen, da eine wirkliche Verfilmung wohl kaum in das etablierte Filmuniversum der X-Men gepasst hätte.

Wir sehen Logan, der seinen Alias Wolverine abgelegt hat, als Limo-Chauffeur an der Grenze zu Mexiko seinen Lebensunterhalt verdienen, während sein geschundener Körper immer weiter zerfällt, da seine Selbstheilungskräfte mit der Zeit nachlassen. Was der genau Grund dafür ist, erfährt der Zuschauer nicht wirklich, aber eine Anspielung, die man im Detail dem Comic „Der Tod von Wolverine“ entnehmen kann, deutet an, dass ihn die Adamantium-Legierung über seinen Knochen langsam vergiftet. Eventuell ist eine schleichende Verstrahlung des Metalls schuld, da er in Japan unmittelbar beim Bombenabwurf in Nagasaki anwesend war.

Kurz darauf erfahren wir, warum sich unser Held abrackert. Er fährt täglich über die Grenze Mexikos um illegal erworbene Medikamente in seinem Versteck abzuliefern, in dem der 90-jährige Professor Charles Xavier im Sterben liegt. Nur durch die ihm zuteilwerdende Medikation können immer wieder auftretende Anfälle vermieden werden, die schon bei einem nicht näher beschriebenen Ereignis viele Verletzte und einige Tote gefordert haben. Dabei steht Logan der befreundete Mutant Caliban zur Seite, der die Fähigkeit hat andere Mutanten aufzuspüren. Die X-Men selbst existieren schon lange nicht mehr, seit einem viertel Jahrhundert wurden keine Kinder mit besonderen Fähigkeiten mehr geboren. Daher füllt James Howlett, wie Logan mit bürgerlichem Namen heißt, seinen Alltag mit der Hilfe für den Professor und gesteigertem Alkoholkonsum aus.

Dieses Gerüst wird aber sofort aufgebrochen, als ein kleines Mädchen in sein Leben tritt, dass dringend Schutz vor zunächst ominösen Verfolgern braucht. Daher bleibt dem Krallenschwinger und dem alten Mann nichts anderes übrig, als sie an einen sicheren Ort zu eskortieren. Während dieses Roadtrips in den Norden Amerikas realisiert unser Held, dass das Kind eine ganz besondere Verbindung zu ihm hat und gibt damit der Story einen neuen Spin…

Von der ersten Minute des Films an, schwebt eine Gewissheit mit, dass es sich um den letzten Auftritt Wolverines handelt, den Hugh Jackman inzwischen ganze 17 Jahre lang verkörpert. Der omnipräsente Zerfall des Körpers, der Verlust aller alten Kameraden und der passend staubig-kaputte Look der Umgebung sind nur die offensichtlichsten Anzeichen eines finalen Kapitels. Das Ganze wirkt von seiner Tonalität in keiner Weise überdreht oder künstlich pathosgeladen, wie es oftmals typisch für Filme dieses Genres ist. Man begegnet zwar vereinzelt Sprüchen und Situationen, die die jeweilige Szene etwas auflockern, aber an der mürrischen Stimmung ändert es über weite Strecken nichts.

Dazu kommen weitere Neuerungen, die dem überladen scheinenden Superhelden-Genre wirklich gut tun. Zum einen versucht sich der Regisseur James Mangold an wirklich tiefgründigen Dialogen, die nicht als reiner Füller zwischen Action-Sequenzen zu verstehen sind. Zum anderen wird an der physischen und verbalen Gewaltspirale gedreht, die wir in der Form höchstens von Deadpool kennen. Aufgespießte und abgetrennte Gliedmaßen und Köpfe, literweise spritzendes Blut und wirklich unvorhersehbare Tote lassen einen mehr als nur einmal überrascht zurück. Zusätzlich werden Dialoge mit einem ganzen Arsenal an Kraftausdrücken aufgefüllt, wie wir sie noch nie aus dem Mund eines Marvel-Helden gehört haben. Das R-Rating in den USA ist in jedem Fall nicht übertrieben. Diese Kombination gibt dem finalen Kapitel einer fast zwei Dekaden andauernden Odyssee, die wohltuende Seriosität, welche ich mir viel früher gewünscht hätte. Natürlich ist es nur eine Vermutung, aber ich denke, dass Deadpool in vielerlei Hinsicht eine neue Ära eingeleitet hat. Während die Dark Knight-Trilogie gezeigt hat, dass Superhelden nicht zwangsläufig in einer bunten Umgebung platziert werden müssen und der Söldner mit der großen Klappe auch Erwachsenen einen Zugang zum Genre geebnet hat, geht Logan den entscheidenden Schritt weiter und gibt auch nicht Comic-affinen Zuschauern die Möglichkeit einen Film in diesem Universum zu genießen.

Natürlich gibt es auch Punkte wie die Charakterentwicklung der Nebenfiguren, die teils auf der Strecke bleiben. Ich denke jedoch, dass es auf den rasanten Stilwechsel zurückzuführen ist, der keine ausgedehnten Vorgeschichten erlaubt. Auch die brachiale Gewalt könnte den ein oder anderen Liebhaber bewährter Kost abschrecken. Bei der überwiegend sehr gut umgesetzten Arbeit, wäre das alles jedoch gut zu verkraften. Alles in allem lässt sich feststellen, dass es sich bei „Logan“ nicht nur um wohl den besten Film aus dem X-Men-Franchise handelt, sondern um eine der besten Comic-Verfilmungen überhaupt. Daher kann ich nichts anderes, als eine uneingeschränkte Empfehlung für den baldigen Kinobesuch aussprechen!

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Foto Copyright: © 2017 Twentieth Century Fox

 

Howard the Duck 2 – Im Weltraum hört dich niemand quaken

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Wem Donald Duck zu brav ist, hat bei Marvel (oder bei uns eben Panini Comics) die Möglichkeit Howard the Duck kennen zu lernen. Wie der Name schon verrät, handelt es sich um einen Erpel. Der Unterschied zu seinem jähzornigen Verwandten ist jedoch, dass er die einzige sprechende Ente auf unserem Planeten ist. Genau genommen handelt es sich sogar um ein Alien, welches zufälligerweise genauso aussieht wie unsere heimischen Vögel.

Wie das Schicksal so spielt, arrangiert Howard sich zunächst mit seiner Situation und geht einem Job als Privatdetektiv nach. Was er dabei erlebt, könnt ihr schon im ersten großartigen Band „Ein Erpel für alle Fälle“ nachlesen. Nun beschleicht ihn inzwischen aber Heimweh nach seinem Planeten und so beschließt er mit seiner gestaltwandlerischen Freundin Tara (Skrulls, anyone?) nach Florida zu reisen, wo Howards Abenteuer einst begann und er einen Weg gefunden hat von der Erde zu verschwinden.

Dabei kommt es jedoch zu einer überraschenden Wendung, die Zeit und Raum beeinträchtigt. Dadurch wird Howard zu einem begehrten Sammlerstück, an dem nicht nur der Collector (siehe Band 1), sondern nun auch kosmische Wesen der Liga eines Galactus Interesse haben. Um sich aus dieser immer weiter eskalierenden Lage zu befreien, stehen ihm wie schon zuvor eine Vielzahl an Freunden aus dem Marvel-Universum zur Seite. Diesmal sind neben Rocket Racoon die gesamten Guardians of the Galaxy vertreten (neuerdings mit Venom, Kitty Pride und das Ding), der Silver Surfer und weibliche Versionen einiger Charaktere, auf die ich um die Spannung zu erhalten, nicht näher eingehen möchte.

Das Ende dieser Odyssee wird jedoch nicht in der regulären und hier vertretenen Reihe aufgelöst, sondern in einem ebenfalls enthaltenen Crossover zwischen Howard the Duck und Squirrel Girl (ja, ihre Superkraft besteht darin Eichhörnchen zu kontrollieren).  Und auch hier finden wir einige Gastauftritte. Allen voran der Spidey-Jäger Kraven.

Ihr seht, es gibt wieder einen bunten Strauß an Einfällen, der wie schon beim Erstling vom Team um Chip Zdarsky (Autor, der nun Ryan North an seiner Seite hat) und Joe Quinones (Zeichner, der unter anderem für „Im Netz von Spider-Man“ bekannt ist) umgesetzt wurde. Dabei bleibt der anarchische Humor stets frisch, strotz nur so vor Selbstreferenzen und nimmt die gesamte Branche auf die Schippe. Daher stellt sich nicht mal die Frage, warum exakt das Crossover mit Squirrel Girl zustande kam. Was würde sich denn eher anbieten? Hinzu kommt der zwischen Cartoon und Realismus schwankende Zeichenstil, der jedem Gag auch visuell die nötige Würze gibt.

Alles in allem also eine klare Empfehlung für jene, die wie ich das Augenzwinkern solcher Geschichten schätzen und diejenigen, die einen Helden aus der zweiten Reihe in ihr Herz schließen wollen. Ich bin mir sicher, dass wir nicht das letzte mal von Howard the Duck gehört haben!

 

Old Man Logan – 1

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Ich bin wieder da! Nach all den großen Pausen zwischen den Beiträgen, habe ich schon langsam an mir selbst gezweifelt, werde aber von nun an versuchen wieder öfter zu schreiben. Die Unterbrechungen sind definitiv nicht aufgrund von Schreibblockaden oder fehlender Lust passiert, sondern wegen einer Summe an privaten Schwierigkeiten entstanden. Eine Trennung, die diffuse Angst in dem Zusammenhang die eigene Wohnung zu verlieren, Arbeit und Studium weiterhin unter einen Hut kriegen…Ihr seht, es gibt durchaus Dinge, die meine Leidenschaft für Comics, Kunst und Literatur in den Hintergrund rücken lassen.

Nun, gut. Ich möchte euch nicht mit privaten Storys langweilen, sondern euch gleich mal auf eine neue Comic-Reihe aufmerksam machen, die mit einem One-Shot vor acht Monaten ihren Einstand feierte: Old Man Logan!

Wir setzen ziemlich genau da ein, wo wir mit der abgeschlossenen Geschichte aufgehört haben. Logan aka Wolverine landet nackt im New York des heutigen Marvel-Universums. Wie einige von euch wissen könnten, existieren mehrere Versionen davon parallel um verschiedene Erzählstränge zu legitimieren und diese bei Bedarf (wie hier) überschneiden zu lassen. Logan stammt ursprünglich aus seiner eigenen Geschichte von Mark Millar, in der er 50 Jahre in der Zukunft zurückgezogen auf einer Farm mit Frau und Kind lebt, während die Welt von Bösewichten beherrscht wird. Nachdem seine Familie von der Hulk-Gang (die Sprösslinge des irre gewordenen Bruce Banner) ermordet wurde, macht er sich auf um Gerechtigkeit zu üben…

Hier möchte ich ungern auf Details eingehen um Lesern, die das erste Mal mit der Story in Berührung kommen, den Spaß nicht zu verderben. Im schon angesprochenen One-Shot befinden wir uns in den Nachwehen des „Secret War“. Das Multiversum wurde zerstört und nur ein Planet blieb übrig, der eine Art Patch-Work der vielen Welten repräsentiert. Logan verschlägt es hierbei in mehrere Fassungen seiner eigenen Realität, bis er auf den letzten Seiten am Times Square landet und uns in die erste Ausgabe seiner eigenen Reihe entführt.

Da er zunächst nicht versteht, dass es sich nicht um die Vergangenheit handelt (Helden am leben, Gebäude intakt), sondern um eine gänzlich andere Welt, sinnt er darauf seine eigene Zukunft zu verändern, in dem er alle Personen umbringt, die seine Familie und ihn selbst bedroht oder schlussendlich getötet haben. Erst Stück für Stück kommt er dahinter, dass es ein sinnloses Unterfangen ist. Bis dahin begegnet er einem Großteil der Riege aus der neuen Marvel-Generation. Darunter dem neuen Hulk, der jungen Hawkeye oder dem alten Steve Rogers (Captain America). Wie das Ganze von statten geht, möchte ich hier aufgrund von Spoiler-Gefahr nicht erörtern und gehe nun auf die Macher des Werkes ein.

Im Gegensatz zum Einstieg am Anfang des Jahres, übernimmt hier nicht Brian Michael Bendis das texten, sondern Jeff Lemire. Ihr könntet ihn als Autoren hinter „Sweet Tooth“, „Justice League Dark“ und vielen weiteren Veröffentlichungen kennen, da er durchaus umtriebig ist. Es erfolgt jedoch kein wirklicher Bruch was den Schreibstil anbelangt. Sollte man den Vorgänger zuvor gelesen haben und nicht auf die Namen der Macher achten, sollte es ein smoother Übergang sein. Die Stimmung ist immer noch düster, brutal und trotzdem versehen mit dem gewohnten Feeling des Verlags. Das könnte aber auch zu großen Teilen am Zeichner Andrea Sorrentino liegen, der im Gegensatz zum Autoren bei der Figur geblieben ist. Und eins ist sicher: wir können ihm dafür nur dankbar sein! Ich habe zwar schon von Leuten gehört, die mit seinem abstrakten Stil nicht viel anfangen können und eher zu „klassischer“ Kost in Bezug auf die visuelle Umsetzung greifen. Trotzdem kann ich mir kaum eine bessere Fassung für den rachedurstigen Mutanten vorstellen, als die hier vorliegende. Malerisch springt Sorrentino von üblichen Panel-Abfolgen zu ganze Seiten sprengenden Szenen, die oftmals sogar Geräusche als füllendes Stil-Element aufweisen. Schwer zu erklären, aber wunderschön anzusehen.

Ich bin nach der Lektüre auf jeden Fall hungrig auf das was noch kommen mag und kann jedem, der den Vorgänger gelesen hat oder zumindest das Original von Mark Millar sein eigen nennt empfehlen, sich schleunigst auf den Weg ins nächste Comic-Geschäft zu machen oder gleich bei Panini zu bestellen. Ich bleibe Logan auf jeden Fall treu!

Star Wars – Darth Vader

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Erst letzte Woche habe ich von dem eher unkonventionellen „Über“ berichtet. Ich sag nur „Nazis mit Superkräften“ und ihr wisst, was ich meine. Verantwortlich dafür war der Autor Kieron Gillen, der sich mit seinem Stoff an die für solche Releases bekannten Avatar Press wandte. Nun könnte man meinen, der gute Mann sei thematisch generell umtriebig, aber mit dieser Review sollte wohl das Gegenteil bewiesen sein.

Er ist für einen weiteren „Star Wars“ Release aus dem Hause Marvel bzw. Panini Comics verantwortlich. Genau genommen geht es um unseren asthmatischen Lieblings-Bösewicht „Darth Vader„, der seinen Namen für den Titel dieser Mini-Serie zur Verfügung gestellt hat.

Die Handlung setzt kurz nach der Zerstörung des ersten Todessterns ein und wie soll es anders sein, wenn man seinem Job nicht richtig macht: Der Chef ist eher das Gegenteil von zufrieden. Genau so läuft es auch vor einer langen Zeit, in einer weit entfernten Galaxis ab. Unser Hauptprotagonist ist nämlich in Ungnade beim Imperator gefallen, als er Luke Skywalker bei seiner Mission nicht aufhalten konnte. Da Darth Sidious darüber hinaus nicht dafür bekannt ist einfühlsam zu sein, übergibt er in der Folge einen Großteil der Aufgaben Vaders an den Großgeneral Tagge. Wir kennen jedoch den dunklen Lord zu genüge, um zu wissen, dass dieser so etwas nicht auf sich sitzen lässt. Auf dem Weg zur seinen Rehabilitierung unternimmt er im Laufe der Geschichte Reisen auf die Planeten, die Anakin Skywalker geprägt haben. Ob Tatooine oder Geonosis, überall gibt es kleine Rückblenden auf Ereignisse, die aufzeigen, dass der Lord trotz seines grenzenlosen Hasses einen menschlichen Kern besitzt.

Dabei begegnet er neben den uns schon aus den Filmen bekannten Figuren wie Jabba, samt seinen Palastbewohnern oder Jango Fett auch eine Vielzahl an neuen Charakteren, die so sicherlich nie einen Platz auf der großen Leinwand bekommen hätten, die Atmosphäre in bebilderter Form aber bereichern. Zum Beispiel findet Darth Vader in der jungen Doktor Aphra eine temporäre Verbündete, die dem Leser mit der Aktivierung zweier Killer-Droiden eine neue Facette des vorliegenden Universums bietet. Die zwei sind nämlich nicht irgendwelche namenlose Blechkisten, sondern eine Art böse Version einer R2-Einheit und eines Protokolldroiden. Im Endeffekt sehen wir, was passiert wäre, wenn das Duo vom Imperium in Beschlag genommen wäre. Immer noch irgendwo drollig und bisweilen höflich, aber immerzu für einen Mord bereit. Ein sehr schöner Gag, der immer wieder auch in die Weiterführung der Story eingespannt wird und mehr als Zierde ist um Fanboys zu befriedigen.

Ansehnlich in Bild-Form umgesetzt hat es der umtriebige Salvador Larroca, der bis dato so gut wie jeder Figur aus dem Marvel-Universum auf seinem Zeichentisch hatte und aufgrund der guten Arbeit immer noch vom Verlag kontinuierlich mit Aufträgen versorgt wird. Sein unaufgeregt realistischer Stil harmoniert dabei nicht nur in ruhigen Momenten, sondern auch bei actiongeladenen Sequenzen, aus denen die Erfahrung im Superhelden-Genre spricht. Alles in allem wird künstlerisch das Rad nicht neu erfunden, aber es bleibt eine solide Arbeit, die angenehm aufgenommen wird und die Story sogar stützt.

In diesem Sinne handelt es sich bei „Star Wars – Darth Vader“ zwar um keine legendäre Story, über die man sich in den entsprechenden Foren die Münder fusselig reden wird, aber aufgrund der vielen Verweise auf die Zelluloid-Vorlagen ist es ein Leckerbissen für jeden Fan und eine schöne Ergänzung zu den anderen Sachen aus dem neuen Marvel-Run.

 

Star Wars – Chewbacca

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Trotz des Umstands, dass mit dem Release des siebten Star Wars-Films „Das Erwachen der Macht“ das sogenannte Expanded Universe für nichtig erklärt wurde, befriedigt Marvel bzw. Panini Comics immer noch den Hunger der Fans nach Geschichten außerhalb der Kinoleinwand. So begann mit der Storyline „Skywalker schlägt zu“ ein gänzlich neues Kapitel im Bereich der Comics, welches mit immer mehr Auskopplungen weiter gesponnen wird. Dabei handelt es sich aber nicht, wie man eventuell vermuten könnte, um Ereignisse nach der Original Trilogie, sondern oftmals um Nebenstränge, die ein neues Licht auf bekannte Ereignisse werfen.

Dazu gehört definitiv auch „Chewbacca“ von Gerry Dugan („Deadpool“, „Hulk“) und Phil Noto (der gefeierte Zeichner von „Black Widow“). Beide lassen den pelzigen Co-Piloten von Han Solo nach der Schlacht von Yavin (also nach dem Erstling von 1977) auf einem vom Imperium okkupierten Planeten stranden. Dort versucht er zunächst sein Schiff flugfähig zu machen um sich wieder der Rebellion anzuschließen. Dabei hat er aber die Rechnung ohne das Mädchen Zarro gemacht, dem die Flucht aus der Sklaverei gelang. In diese musste sie sich mit ihrem Vater begeben um angebliche Schulden bei einer zwielichtigen Gestalt zu begleichen, die eine Mine zum Abbau organischen Materials für Blaster betreibt. Um ihren Vater zu retten braucht die Kleine aber natürlich Hilfe, die sie bei unserem Lieblings-Wookie sucht.

Da Chewbacca einst selbst ein Sklave war (wovon wir in Rückblenden erfahren), stimmt er nach anfänglichem Zögern zu und macht sich mit Zarro bereit zum Angriff. Doch als das Imperium plötzlich auftaucht, wird die Sache doch etwas komplizierter als gedacht…

Gerry Duggan schafft es diesen Plot trotz der offensichtlichen Einschränkungen in Bezug auf Chewies Gesprächsmöglichkeiten einen unterhaltsamen Plot zu spinnen, der zwar keinen wirklich bleibenden Eindruck hinterlässt, aber trotzdem zu unterhalten weiß. Vor allem Verweise auf die Kontinuität lassen Star Wars-Fans regelmäßig strahlen. Zum Beispiel wird endlich geklärt warum der Hauptprotagonist bei der Zeremonie am Ende von „Eine neue Hoffnung“ keine Medaille um den Hals trägt. Das müsst ihr aber schon selbst raus finden, damit ich hier keine Spoiler posten muss! 😉

Phil Notos tut sein Übriges um die Stimmung in gewohnt hochklassige Panels umzusetzen. Das besondere ist jedoch, dass ihm durch Chewbaccas im Normalfall nonverbale Kommunikation ebenfalls die Rolle eines Autoren zukommt, der in Bildern die Gefühlslage oder Aussage der Figur vermitteln muss. Das schafft er entsprechend seines Niveaus mit Bravour und setzt parallel angenehm sanfte Farbelemente ein, die das gesamte Werk etwas von der Masse der Franchise-Veröffentlichungen abheben.

Als Fazit kann man daraus ziehen, dass diese abgeschlossene Mini-Serie vermutlich keine allzu großen Spuren hinterlassen wird, da die Handlung doch etwas beliebig erscheint, aber dabei trotzdem nie langweilig wird. Insbesondere die erwähnte Aufklärung um eine seit Jahrzehnten gestellte Frage, sollte vermutlich für viele Fans die Kaufentscheidung erleichtern. Es ist in diesem Sinne kein Must-Have aber durchaus eine tolle Ergänzung für den geneigten Sammler!

Carnage – Blutrausch

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Vor nicht allzu langer Zeit habe ich über den 90er-Re-Release von „Maximum Carnage“ berichtet. Ein eher durchwachsenes Werk, welches zwar visuell überzeugen konnte, aber durch Dialoge, die zum Fremdschämen einluden, faktisch gegen die Wand gefahren wurde.

Der Popularität des titelgebenden Antagonisten tat es jedoch keinen Abbruch. Durch regelmäßige Auftritte in Haupt- und Nebenserien, erfreute uns der von einem Symbionten befallene Irre immer wieder aufs Neue mit seinen Eskapaden. Da „Carnage“ so gut wie alles mitbringt, was einen psychopathischen Gegenspieler ausmacht und auch optisch etwas her macht, verwundert es fast schon, wie lange es gedauert hat bis er seine eigene Reihe spendiert bekommen hat.

In dieser (in den USA immer noch laufenden Serie) bildet die Geschichte „Blutrausch“ den fulminanten Auftakt. Hier wird dem flüchtigen Irren durch das FBI, John Jameson (Der Sohn von J.J. Jameson) und Eddie Brock („Venom“) eine Falle gestellt, indem eine Überlebende seines ersten Massenmords als Köder genutzt wird. Dabei wird er in eine alte Mine gelockt, die mehr zu sein scheint, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Zeitgleich bildet sie den perfekten Ort um Schrecken zu verbreiten, welcher nicht nur vom mordlüsternen Killer ausgeht.

Diese Konstellation verdanken wir Leser übrigens keinem Unbekannten. Als Autoren konnte man den legendären Gerry Conway gewinnen, der sich als Erfinder von „The Punisher“ verdient gemacht und in den 70ern auch das Marvel-Aushängeschild „Spider-Man“ in Abenteur gestürzt hat. Außerdem war er verantwortlich für einen der ersten Annäherungsversuche zu DC Comics, der mit dem Crossover „Superman vs. the Amazing Spider-Man“ (1976) besiegelt wurde. Man merkt der Story jederzeit die Souveränität des Machers an, die er sich in den letzten Dekaden zu Eigen gemacht hat. Zeitgleich scheint zwar auch ein gewisser Zeitgeist durch, den man insbesondere gegen Ende der Geschichte als „cheesy“ bezeichnen könnte, aber alles in allem tut es der durchgehenden Unterhaltung keinen Abbruch. Es ist zwar keine Handlung, die auf Jahre hin Aufsehen erregen könnte, aber die Fans mit Leichtigkeit zufrieden stellen kann.

Das liegt nicht zuletzt an der grandiosen visuellen Umsetzung durch den Tausendsassa Mike Perkins. Fans kennen ihn als Künstler hinter der Stephen King-Adaption „The Stand“, der ersten homosexuellen Hochzeit der „X-Men“ (bzw. im generellen Mainstream-Comic-Universum), sowie einigen „Captain America“-Titeln. Im vorliegenden Fall bleibt er zwar dem Superhelden-Genre treu, geht aber einen eher „malerischen“ Weg, der den Figuren (vor allem „Carnage“ selbst) eine ganz eigene Aura verleiht. Hier merkt man wie viel Spaß es gemacht haben muss, all die schlingenden Teile des Symbionten in den Panels zu verteilen und dabei eine ganz eigene Dynamik frei zu setzen. Im Endeffekt ganz die Klasse, die man von dem Mann erwartet, der jedoch eine neue Nuance beigemischt wird.

Als Fazit lässt sich ziehen, das es sich bei „Carnage – Blutrausch“ um extrem unterhaltsame und optisch ansprechende Comic-Kost handelt, die zwar das Rad nicht neu erfindet, aber auch nicht den Anspruch hat mehr zu sein als „Entertainment“.

Deswegen kann ich guten Gewissens jedem ans Herz legen mal reinzublättern und sich selbst ein Bild von der Ausgabe zu machen. Ich kann sie nur empfehlen!