[Rezension] Deadly Class Bd. 1: Die Akademie der tödlichen Künste (Cross Cult)

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Manchmal passiert es, dass mir eine großartige Neuveröffentlichung einfach durch die Finger rutscht. Dann liege ich manchmal abends im Bett und frage mich, wie ich so dämlich sein konnte einen großartigen Release nicht erkannt zu haben, als dieser frisch am Horizont erschien. Fast wäre es mir mit dem bei Cross Cult erschienenen Band „Deadly Class 1: Die Akademie der tödlichen Künste“ so gegangen. Viele Baustellen und nur 24 Stunden pro Tag um diese abzuklappern, haben fast dazu geführt, dass ich einen der besten Serienstarts der letzten Jahre übersehen hätte. Dabei läuft sogar aktuell eine TV-Serie zum Titel auf SYFY. Zum Glück bin ich jedoch rechtzeitig in meinen „Rezensions-Modus“ geswitcht und kann euch nun erzählen, was es mit diesem Titel von Lee Loughridge, Rick Remender und Wes Craig auf sich hat.

Zunächst muss erwähnt werden, dass die Bezeichnung „neu“ in dem vorliegenden Kontext relativ ist. Tatsächlich hat Panini Comics schon 2015 versucht die ersten zwei Sammelbände der Reihe unter die deutschen Leser zu bringen. Das führte jedoch nur zu einem überschaubaren Erfolg und in der Folge zu einem schnellen Ende von „Deadly Class„. Wie man an meinem Eingangstext vermutlich unschwer erkennt, gehörte ich zu eben jenen, die den Titel nicht mal auf dem Schirm hatten. Meine persönliche Theorie ist hierbei, dass sich eine solche Geschichte schwer tut, wenn sie eingekesselt durch Superhelden-Lizenzen präsentiert wird und dadurch nicht die richtige Zielgruppe erreicht. Bei Cross Cult scheint das Ganze jedoch wie die Faust aufs Auge zu passen, während die parallele Fernsehausstrahlung hoffentlich den nötigen Rückenwind gibt, um uns mit einer Fortführung der Reihe zu beglücken.

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©Cross Cult

Doch warum geht es eigentlich? Wir steigen in die USA des Jahres 1987 und damit in die sogenannte Reagan-Ära ein, in der ein ausgeprägter neoliberaler Zeitgeist herrscht, in dessen Folge der Sozialstaat extrem abgebaut wird. Diese Maßnahmen treffen dabei, wie so oft, die schwächsten Glieder der Gesellschaft und selbst diejenigen, die augenscheinlich nicht direkt von den politischen Entscheidungen des Republikaner-Lieblings Reagan betroffen sein sollten. Dazu gehört auch der Teenager Marcus Lopez, dessen Eltern durch einen furchtbaren Unfall ums Leben kamen und er in der Folge in ein Kinderheim abgeschoben wurde, dass in diesem Fall alles andere als ein sicherer Zufluchtsort für traumatisierte Kinder ist. Schlussendlich flüchtet er und landet mittellos auf der Straße. Diesen negativen Lebensweg schreibt Marcus nun in direkter Schlussfolgerung der Politik des amtierenden US-Präsidenten zu, was zu einem unstillbaren Durst nach Rache schwillt, die gestillt werden möchte.

Während dieser Zeit schlägt er sich auf den Straßen von San Francisco gerade so durch, doch seine Aktivitäten bleiben nicht nur dem Staat, sondern auch einigen im Untergrund lebenden Gestalten nicht verborgen, die den jungen Mann offensichtlich auch wegen seiner, für den Leser noch im dunkeln liegender, Vergangenheit interessant finden. Schon bald geben sie sich ihm als Mitglieder der sogenannten Kings Dominion Akademie zu erkennen, die als High School für angehende Auftragsmörder fungiert und damit auch den Titel der Reihe erklärt. An dieser Schule werden primär die Kinder hochrangiger Verbrecher, Kartell-Bosse und autokratischer Herrscher untergebracht, um nach ihrem Abschluss die Kunst des Tötens perfekt zu beherrschen und es auch auf ihrem Zeignis vermerkt zu sehen. Und genau hier kommt der Knackpunkt, der die Story so außergewöhnlich und interessant macht, da der Autor Rick Remender es schafft eine brutale Handlung mit einer greifbaren Coming-of-Age-Geschichte zu verbinden, die vor popkulturellen Referenzen nur so strotzt, ohne anbiedernd zu sein und dabei ständig das Gefühl vermittelt, dass die Macher um den Umstand einer der uncoolen Kids zu sein aus eigener Erfahrung wissen und diese gekonnt in Panels gießen. Insbesondere die Schulerfahrung von Remender, laut eigener Aussage im Einleitungstext eine brutale Zeit, spiegelt sich als Inspiration in der vorliegenden Geschichte wieder.

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©Cross Cult

Das erklärt auch die realitätsnahe Konstruktion der einzelnen Protagonisten, die sich natürlich auch an Klischees orientieren (Latino-Gang, Aryan Brotherhood-Rednecks usw.), im Kern jedoch eine Tiefe ausstrahlen, die nur realen Anleihen entnommen worden sein kann. Dieses Bild festigen darüber hinaus genial platzierte Mono- und Dialoge, die mitfühlen lassen und den geneigten Leser dazu bringen bis zur letzten Seite mitzufiebern.

Die Visualisierung von Wes Craig orientiert sich dabei in Kombination mit der gewollt blassen Kolorierung von Lee Loughridge an der Zeit, in der die Geschichte stattfindet: die düsteren 80er Jahre, die zumindest im Bereich der Comics durch Veröffentlichungen wie „The Dark Knight Returns“ oder „Watchmen“ einen Stempel aufgedrückt bekamen, den nun die Macher von „Deadly Class“ dankend aufnehmen und mit einem modern angehauchten, fast schon an Skizzen erinnernden Stil aktualisiert und mit teils ungwöhnlichen Panel-Platzierungen auf die Leserschaft loslassen.

Diese sollte verpflichtend hierzulande wachsen, damit Cross Cult die deutschen Fans auch in Zukunft mit großartigen Geschichte von „Deadly Class“ versorgen kann. Merkt euch daher schon den Mai vor, in dem die zweite Veröffentlichung „Kinder ohne Heimat“ erscheint. Bis dahin könnt ihr euch die Wartezeit mit dem Erstling „Die Akadamie der tödlichen Künste“ überbrücken, den ich euch wärmstens ans Herz lege.

Deadly Class Bd. 1: Die Akademie der tödlichen Künste 
Verlag: Cross Cult
Erschienen am: 27.02.2019  
Autor: Rick Remender 
Zeichner: Wes Craig
Kolorist: Lee Loughridge
Format: Softcover
Seitenzahl: 176 
Preis: 16,80 EUR

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