Tyler Durden lebt – Wer erinnert sich nicht an den sympathischen Anarchisten, der die Welt durch den „Fight Club“ (Moment mal…die erste Regel!) aus den Angeln hob, jegliche sozialen Konventionen fahren und den Zuschauer des Films mit offener Kinnlade zurück ließ?
Was jedoch wenige Leute wußten und zum teil wissen ist, dass diese unglaubliche Geschichte auf einem Roman von Chuck Palahniuk basiert, der sich nun das vermutlich beste Medium ausgesucht hat um die bekannten Ereignisse fortzusetzen: Die Graphic Novel! Insbesondere nach der Leinwandumsetzung lag es durchaus nahe, die Handlung auch auf visueller Ebene weiter zu treiben. Das Ergebnis ist eine der besten Geschichten, die ich dieses Jahr lesen durfte.
10 Jahre nach den Geschehnissen in Bezug auf das „Projekt Chaos“ und den finalen Showdown, lebt der einst namenlose Sebastian vollgepumpt mit Drogen, die seine dunkle Seite unterdrücken sollen, in einem Einfamilienhaus mit seiner uns bekannten Frau Marla Singer, die sich jedoch mit den Jahren kaum verändert hat. Immer noch gehören Selbsthilfegruppen, Zynismus und Zigaretten zu ihrem klassischen Repertoire. Das jedoch einschneidendste Erlebnis, dass beide Personen auf einer gänzlich neuen Ebene beeinflusst, ist der gemeinsame 9-jährige Sohn. Wie wir uns dabei aber alle lebhaft erinnern können, ist nicht Sebastian das Objekt der Begierde für seine Frau, sondern der dominante Tyler, der jedoch (scheinbar) verschwunden ist. Um diesem Umstand entgegen zu wirken, vertauscht sie seine Pillen mit Zuckerpräparaten und die Apokalypse kann ihren Lauf nehmen. Mr. Durden übernimmt mehr und mehr die Kontrolle und kriegt hierbei kräftige Unterstützung durch die immer noch aktiven Mitglieder seiner Clubs. Dementsprechend ist es nur eine Frage der Zeit bis die Situation gänzlich eskaliert und ihren Höhepunkt in der Entführung des eigenen Sohns mündet. Da die Persönlichkeiten des Hauptprotagonisten jedoch strikt getrennt sind, gibt es keine andere Möglichkeit an das Kind zu kommen, als in den „Fight Club“ nach langer Zeit wieder als Sebastian einzutreten und die Handlung nimmt ihren unwiderruflichen Gang nehmen zu lassen.
Dabei sind die Szenen durchsetzt von allerlei Anspielungen auf das aktuelle politische/soziale Weltgeschehen (ISIS, Spenden, Obdachlosigkeit, Drogensucht,…), Popkultur (Slipknot, Lizenzprodukte,…) sowie das genutzte Medium in Form der eigenen Geschichte. Des weiteren wird auch hier wieder gekonnt mit Meta-Ebenen gespielt, die sogar explizit benannt werden. Wir kennen ja noch die direkte Ansprache des Zuschauers im Film. In diesem Fall wird zwar auch der Leser mit einbezogen, indem Panels sprichwörtlich gesprengt werden, aber die genialsten Momente sehen wir, wenn der Schöpfer dieses Konstrukts plötzlich Teil des Geschehens wird. Alles in allem gibt es viel zu viele Details, überraschende Elemente und Wendungen als, dass es möglich wäre sie alle in einem vernünftigen Rahmen zu besprechen. Die Erwartungen waren hoch und die Skepsis vorhanden, aber nachdem man einmal die erste Seite aufgeschlagen hat, befindet man sich in dem Sog, der uns auch im ersten Teil erfasst hat.
Visuell wird das Treiben durch den kanadischen Eisner-Award-Gewinner Cameron Stewart in Szene gesetzt. Zunächst hatte ich Bedenken, dass mich die Geschichte in der Form nicht so packen könnte wie der Vorgänger auf Zelluloid und Gott sei Dank lag ich mehr als falsch. Nachdem man sich daran gewöhnt hat, dass altbekannte Charaktere nicht der Optik aus dem Film entsprechen (ich erinnere gerne nochmals: Der Ursprung ist ein Buch!), stellt sich ein Gefühl ein, als ob man nach langer Zeit wieder nach Hause kommen würde. Es ist schier unglaublich wie das Ganze als Graphic Novel funktioniert und dabei wie die Faust aufs Auge passt (pun intended)! Selbst Elemente wie die Liste der Klamotten für den Einzug in Tylers Haus aus dem Erstling werden auf diese erfrischend neue Art eigeführt und demonstrieren damit deutlich, dass das Medium Comic zu weit mehr fähig ist, als es der Mainstream eventuell vermuten würde.
Man sollte als Rezensent vielleicht nicht zu euphorisch über ein zu besprechende Werk berichten, aber nach der Lektüre von „Fight Club 2“ kann ich nicht anders als ausnahmslos jedem ans Herz zu legen diesen Band zu besorgen oder ganz dick auf dem Wunschzettel für den Weihnachtsmann zu markieren! Und wisst ihr was das beste ist? Es handelt sich hier nur um den ersten Teil der Fortsetzung, der nur umso mehr Appetit auf den mit Sicherheit genialen Abschluss der Story macht! Ihr habt dementsprechend nur noch ein To-Do nachdem ihr meine Lobeshymne gelesen habt: Kaufen! Kaufen! Kaufen!