American Gods – Schatten Buch 2 (von 2)

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Fleißige Serienjunkies kennen den Titel des finalen Bands von Neil Gaiman spätestens seit dem gleichnamigen Release auf Amazon Prime Video und erfreuen sich seitdem am blutig-okkulten Feuerwerk „American Gods„.

Trotzdem wissen erstaunlich wenig Fans um den Fakt, dass die Geschichte ursprünglich als Roman ihren Weg in die Läden fand und der vorliegende Comic sich deswegen nicht an der Serie, sondern an der Ursprungsveröffentlichung des „Sandman„-Erfinders Gaiman orientiert.

Schon der erste Band, den ich im Zuge des Gratis Comic Tags 2018 in einem YouTube-Video besprochen habe, hat mich positiv überrascht. Zunächst von der Fantasy-Aufmachung des Titels abgeschreckt, habe ich eine ganze Weile einen Bogen um diesen Splitter-Release gemacht, bis ich mich im nachhinein extrem darüber geärgert habe, meinen Horizont selbst derart beschränkt zu haben. Nun bin ich, was Vorurteile anbelangt, eines besseren belehrt worden und habe mir sofort nach Release den Abschluss der tollen Geschichte geholt, die unter dem Titel „Schatten Buch“ firmiert.

Hier wird der Leser genau an der Stelle abgeholt, wo er zum Ende des ersten Bands zurück gelassen wurde. Der Hauptprotagonist Shadow ist, nach mehrjähriger Haftstrafe und dem Tod seiner Frau, immer noch mit seinem geheimnisvollen neuen Arbeitgeber Mr. Wednesday unterwegs. Auf eben dieser Reise begegnen die zwei immer wieder alten Bekannten von Shadows Chef, die sich mal mehr oder weniger verdeckt, als im zivilen Leben angepasste Götter der alten Welt herausstellen. Ob nun ehemaliger Schlächter oder alte Hausfrau – jeder hat sein Plätzchen gefunden. Nun versucht Mr. Wednesday die alten Recken zusammenzutrommeln, um sich den neuen Göttern der Moderne entgegenzustellen. Diese sind nicht mehr die mystischen Gestalten einer Mischung aus Traum und Albtraum, sondern die flimmernden Götzen des Konsums.

Zu Beginn von Band 2 befinden wir uns am Zielort des Treffens der alten Götter, die aber bei weitem nicht so zahlreich erschienen sind wie erhofft. Daher geht die Reise schon nach kurzer Zeit weiter und führt das Duo in das abgelegene Nest Kairo, dass seinem Namen durch die Anwesenheit einiger ägyptischer Gottheiten, die sich als Bestatter verdingen, mehr als gerecht wird. Hier scheint auch für Shadow so etwas wie Ruhe greifbar zu sein, indem er sich den nun menschlichen Überwesen anschließt und ihnen bei ihrer Arbeit unter die Arme greift.

Doch die Geschichte wäre nicht so spannend, wie sie nun mal ist, wenn hier alles nach Plan laufen würde. So platzen unverhofft alte Bekannte in Shadows neues Leben, neue Bekanntschaften lassen ihn an seinem Verstand zweifeln und die aktuelle Umgebung scheint auch nicht der Normalität zu entsprechen, die er sich so sehr wünscht…

Mehr zum eigentlichen Inhalt zu verraten, würde fast schon unter Spoiler fallen und der Komplexität der dargestellten Ereignisse einfach nicht gerecht werden. Daher sei als Ergänzung nur noch erwähnt, dass man im Verlauf der Handlung nicht nur Shadow über die Schulter blicken kann, sondern auch mit kleinen Rückblenden erklärt bekommt, wie sich die Götter und andere Wesen der alten Welt in den USA der Gegenwart eingerichtet haben. So wird dem Ganzen eine weitere Facette und damit zusätzliche Tiefe verliehen, die das Konstrukt um „American Gods“ noch durchdachter erscheinen lässt, als es ohnehin schon der Fall ist.

Das spricht vor allem für Neil Gaimans genialen Geist, der es schafft, sich konstant und über mehrere Medien hinweg zu beweisen und damit deutlich zu machen, dass eine gute Geschichte in jeder Erzählform funktionieren kann.

Natürlich werden aber Projekte, wie das hier vorliegende, nur selten alleine umgesetzt. Daher stand dem Großmeister unter anderem P. Craig Russell zur Seite, der die Ideen und Dialoge Gaimans in Skript und Layouts verschmelzen ließ. Doch was nützt das schönste Comic-Skript, wenn nicht der passende Zeichner mit an Bord ist? Doch auch hier wurde nicht gekleckert, denn mit Scott Hampton hat man die perfekte Besetzung gefunden, um die Stimmung der Handlung optimal an den Leser heranzutragen.

Dabei füllt er die Panels mit recht groben und flächigen Pinselstrichen, die in ihrer Gesamtheit eine tolle Komposition ergeben, die die Surrealität der Ereignisse perfekt einfängt, ohne zu sehr von der eigentlichen Geschichte abzulenken.

Garniert wird der Band außerdem mit einem reichhaltigen Bonusteil, der einen Haufen Variant-Cover der US-Ausgaben, sowie Skizzen-Entwürfe und Original-Seiten enthält, die den Entstehungsprozess einzelner Panels und Abschnitte wiedergeben.

Alles in allem liegt hier ein schöner Abschluss-Band vor, der aber so offen gelassen ist, dass einer Fortsetzung zumindest in der Theorie nichts im Wege steht. Visuell und erzähltechnisch wurde hier in jedem Fall ganze Arbeit geleistet, die von der ersten bis zur letzten Seite zu unterhalten weiß und einem als Leser erneut vor Augen führt, wie viele Arten an Storys es gibt, die durch grafische Literatur zum Leben erweckt werden können. Eine klare Empfehlung meinerseits, die sich schön im Regal macht und mit zwei Bänden auch für die Sammler nicht zu sehr auf dem Geldbeutel lastet.

American Gods - Schatten Buch 2 (von 2) 
Verlag: Splitter Verlag
Erschienen am: 23.04.2018 
Autor: Neil Gaiman, P. Craig Russell
Zeichner: Scott Hampton
Format: Hardcover 
Seitenzahl: 152
Preis: 19,80 EUR

Fear The Walking Dead

Nun bin ich gestern Abend tatsächlich dazu gekommen mir die erste der insgesamt sechs Folgen von „Fear The Walking Dead“ anzusehen und bin hellauf begeistert. Natürlich kommen einem bei Spin-Offs berechtigte Sorgen in Bezug auf Qualität, Sinnhaftigkeit usw. aber ich kann auf subjektiver Ebene eine Entwarnung aussprechen.

Hier bekommt ihr das, was man von einer Horror-Serie wirklich erwartet aber nicht zwangsläufig das, was einem auf Anhieb bei dem Titel des Hauptstrangs in den Sinn kommt. Aber bevor ich ins Detail bezüglich der Unterschiede eingehe, möchte ich denjenigen, die noch nichts von der Serie gehört haben von der Story erzählen, die es durchaus in sich hat.

Die Handlung basiert diesmal zwar nicht auf der erfolgreichen Comic-Reihe, aber Robert Kirkman, das Mastermind hinter den verfaulten Schädeldecken, war auch diesmal an der Entwicklung des Projekts beteiligt. Die Geschichte setzt zu einem Zeitpunkt ein als die Zivilisation noch intakt ist, Angriffe durch Untote die Ausnahme darstellen und noch nicht richtig einzuordnen sind.

Das alles spielt sich dabei in der lebhaften US-Metropole Los Angeles ab, in der die Hauptprotagonisten eine dysfunktionale Patchwork-Familie darstellen. Genauer sind es Travis, ein Englisch-Lehrer mit Kind aus erster Ehe, Madison, seine Frau und Vertrauenslehrerin, sowie ihre Kinder Alicia und Nick. Erstere steht fest im Leben und will aufs College. Zweiter ist auf Heroin hängen geblieben und wird Zeuge eines der ersten „Beißer“-Angriffe.

Da ich niemanden spoilern will, belasse ich es dabei euch nur zu erzählen, dass der Ausbruch der „Krankheit“ Stück für Stück beschrieben wird. Es werden Fragen beantwortet, ob es eine Ahnung gab was passieren würde, wie die Menschen mit den ersten Fällen umgingen und vor allem wie es passieren konnte, dass nicht sofort interveniert wurde.

Nun zu den Unterschieden zur Hauptserie, die die einen vergraulen und die anderen mehr als nur begeistern werden. Was erwartet ihr von einem guten Horror-Film? Ich persönlich will, dass mich die Atmosphäre an der Kehle packt und sich langsam auf die Nerven herabsenkt, bis diese zum zerreißen gespannt sind. Seien wir ehrlich. Wer hat sich bei „The Walking Dead“ wirklich gegruselt? Die Serie lebt von der Spannung innerhalb der Gruppe an Überlebenden, den unerwarteten Irrwegen des Überlebenskampfes, sowie den charismatischen Charakteren. Die Zombies oder Beißer sind das Beiwerk, welches in schöner Regelmäßigkeit geschnetzelt wird.

„Fear The Walking Dead“ besticht im Gegensatz dazu durch eine ruhige Erzählweise, die viel Wert auf Emotionen, sowie die Entwicklung der Persönlichkeit und der Umgebung legt. Dabei werden immer wieder diese schönen „Da ist was um die Ecke“- oder „Oh Gott, gleich passiert was“-Momente eingestreut, die ein Genre namens „Horror“ erst zu dem machen was es ist. Die Figuren wirken dabei bis jetzt durchaus glaubhaft und dienen primär dem Story-Telling und nicht als Lückenfüller. Genau so habe ich mir die Mutterserie vorgestellt, als sie angekündigt wurde und ich von den Comics noch nichts wusste (Asche über mein Haupt).

Ich als Horror-Geek bin hier durchwegs bedient, ohne das die ganzen Klischees und erzwungenen Schock-Momente zum Repertoire des Ganzen gehören. Wenn ihr auch schon reingeguckt habt, würde ich gern eure ganz persönliche Meinung dazu hören!

Für die anderen: Aktuell könnt ihr die Folgen immer Montags nach der US-Ausstrahlung sowohl auf Englisch als auch Deutsch bei Amazon Prime Instant Video ansehen. Ihr könnt als Neukunde übrigens das Angebot unverbindlich 30 Tage lang testen, also im besten Fall schaut ihr ganz umsonst! 😉

© Frank Ockenfels

© Frank Ockenfels