Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt
Wer schon einmal eine ältere Bibliothek von innen gesehen hat und sich selbst als leidenschaftlicher Leser bezeichnen würde, kennt das überwältigende Gefühl, dass sich beim ersten Blick auf meterhohe Schränke, gefüllt mit zahllosen Geschichten und Informationen einstellt. Eine Mischung aus Erstaunen, Ehrfurcht und Freude, die sich in dem stillen Raum in Ruhe ausbreitet und nur durch einen Griff in eines der Regale übertroffen werden kann.
Genau diesen Moment wollte wohl der italienische Fotograf Massimo Listri einfangen, als er beschloss, die in seinen Augen schönsten Bibliotheken der Welt, im gleichnamigen XL-Band vom TASCHEN-Verlag, für die Ewigkeit festzuhalten. Dabei ist der Begriff Bibliothek fast schon vermessen, wenn man all die Fresken, vergoldeten Regale, Statuen und jahrhundertealten Werke sieht, die mehr an eine Kathedrale als an etwa anderes erinnern. Auf der Reise, an der Listri den Leser teilhaben lässt, durchstreift man diese ‚Schatzkammern aller Reichtümer des menschlichen Geistes‘ in aller Herren Länder. So ist der Band in die geographisch unterschiedlichen Bereiche Europas, sowie des amerikanischen Kontinents unterteilt und zeigt dadurch über die Büchersammlungen hinaus, auch die architektonischen Eigenarten der präsentierten Länder, die einen Besuch der gezeigten Bibliotheken zu einer wahrlich kulturhistorischen Wallfahrt werden lassen.

©Massimo Listri / TASCHEN
Biblioteca Statale Oratoriana dei Girolamini, Neapel, Italien
Auch sind die Hintergründe der Entstehung der einzelnen Sammlungen interessant, die wiederum die Zusammenstellung der Bücher und die visuelle Aufbereitung der Räume erklären. So sieht man ehemalige Bibliotheken untergegangener oder aktuell immer noch waltender Monarchien. Darüber hinaus gewährt uns Listri Einblicke in Privatbibliotheken, wie die der Medici, die von niemand anderem als Michelangelo persönlich entworfen wurde, Klosterbibliotheken oder die Vatikanische Apostolische Bibliothek, die eine der wertvollsten Sammlungen der Welt beherbergt. Dabei sind das nur einige von vielen Beispielen, die das Gefühl verstärken Geschichte geradezu einatmen zu können, wenn man die entsprechenden Räume und Hallen betritt. Ein krasser und doch angenehmer Kontrast zum Alltag des 21. Jahrhunderts, dem man hier entfliehen kann. Während all unsere Fotos und Texte irgendwann, allein schon aufgrund von ständig wechselnden Datenformaten, das digitale Zeitliche segnen, überdauern klassische Bücher über Jahrhunderte und bleiben damit ein konstanter Übermittler von Wissen, der unabhängig von Zeitgeist und technischer Entwicklung Bestand hat.

©Massimo Listri / TASCHEN
Stiftsbibliothek Sankt Gallen, St. Gallen, Schweiz
Um dabei das Gezeigte überhaupt korrekt einordnen zu können, findet man neben den großartigen Fotografien, die dazu passenden, sowie detaillierten Texte. Diese sind zum einen in längerer Form zwischen den geographisch aufgeteilten Kapiteln, aber auch als ergänzende Stichpunkte zu den wertvollsten Besitztümern, Baujahren und weiteren interessanten Fakten zu finden. So kann man nicht nur die Aufmachung der palastartigen Bauten genießen, sondern sich aktiv über sie informieren und sich damit vielleicht Inspiration für die nächste Urlaubsreise holen. Ich für meinen Teil habe mir zumindest schon die ein oder andere Notiz dazu gemacht.

©Massimo Listri / TASCHEN
Stiftsbibliothek Kremsmünster, Kremsmünster, Österreich
Zusammengetragen wurden diese Informationen dabei nicht von einem anonymen Redakteur, sondern durch die Experten Georg Ruppelt und Elisabth Sladek. Ersterer leitete nach seiner Promovierung und anfänglicher Laufbahn als Bibliothekar, als stellvertretender Direktor die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und von 2002 bis 2016 als Direktor die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover. Währenddessen hat er schon mehr als 400 Aufsätze und 40 Monographien über das Buch- und Bibliothekswesen verfasst. Bei so einer Biografie kann man sich getrost die Frage stellen, ob es tatsächlich noch andere Menschen auf der Welt gibt, die sich in einem Leben so viel theoretisches, als praktisches Wissen um dieses Thema aneignen konnten. Zumindest in ähnliche Sphären stößt Elisabeth Sladek vor, die in Wien Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Judaistik studierte. Daraufhin spezialisierte sie sich auf die Kunst- und Architekturgeschichte des Barock und ist in Forschung und Lehre tätig, unter anderem in Wien, Rom und Zürich. Zu diesen Themen publiziert sie regelmäßig. In diesem Sinne ein Team, dessen Expertise nicht nur bei Betrachtung ihres Lebenswegs, sondern auch sofort beim Blick in Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt* offenbart wird.

©Massimo Listri / TASCHEN
Biblioteca do Convento de Mafra, Mafra, Portugal
In dieser Kombination bietet der vorgestellte Prachtband nicht weniger, als die konzentrierte Essenz dessen, was man als bibliophile und wissensdurstige Person geradezu als magisch bezeichnen würde. Gewissermaßen ein Spaziergang durch die ältesten und schönsten Oasen des Wissens, dessen Genuss man nach der Lektüre nur noch durch den realen Besuch dieser altehrwürdigen Orte steigern kann.
Massimo Listri. Die schönsten Bibliotheken der Welt* Verlag: TASCHEN Fotograf: Massimo Listri Autoren: Georg Ruppelt, Elisabth Sladek Mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch, Französisch Format: Hardcover, 29 x 39,5 cm Seitenzahl: 560 Preis: 150 EUR
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