The Circus. 1870s-1950s

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Wir leben in einer Zeit, in der unsere Sinne mit Reizen überflutet werden, jede erdenkliche Form des Entertainments zur Verfügung steht und so etwas wie Langeweile kaum aufkommen kann. Wir sind es gewohnt den Fernseher anzuschalten, die neuesten viralen Hits auf YouTube zu checken und kontinuierlich Zugriff auf einen unendlichen Fundus an Wissen im Internet zu haben.

Es ist nicht wirklich lange her, als die von mir aufgezählten Dinge in den Bereich der Phantasie verbannt worden wären. So etwas wie die Freizeit-Gesellschaft hat sich erst nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt, als die Wirtschaft einen weltweiten Aufschwung erlebte und die Arbeitszeit in vielen Bereichen reduziert werden konnte. Davor galt man mit den ersten Fernsehern und Radios als privilegiert, hatte aber trotzdem nur ein recht übersichtliches Programm, auf welches man zugreifen konnte. Das was man heutzutage als Entertainment bezeichnen kann, wurde insbesondere ab der Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem Begriff „Zirkus“ zusammengefasst.

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Hier konnte man einer wilden Mischung aus Museum, Tierschau, Akrobatik und Absonderlichkeiten begegnen, die man vielleicht aus Erzählungen kannte, sich aber jeglicher Vorstellungskraft entzog.  Man sah Künstler und Artisten, die einen so bleibenden Eindruck hinterließen, dass ihr Legendenstatus Jahrzehnte weiter strahlte. Tiere von denen man noch nie etwas gehört hatte, standen nur wenige Meter entfernt in der Manege während ihre wagemutigen Dompteure sie zu Kunststücken anstachelten, bei denen einem die Luft weg blieb. Alles in allem also ein Erlebnis, welches eine solch unvergleichliche Außenwirkung nach sich zog, dass zwangsläufig ein Massenphänomen daraus entstehen musste, an dessen Höhepunkt die Zelte mit so vielen Menschen gefüllt waren, wie bei heutigen Stadion-Konzerten. Insbesondere in Amerika, dem Schoß der Popkultur, konnte man den Zirkus beim Gedeihen beobachten. Mit der kommerziellen Nutzung der Eisenbahn ab den 1870er Jahren begann diese besondere Erfolgsgeschichte auf dem neuen Kontinent und konnte nur ab den 1950ern durch das Aufkommen der Unterhaltungsindustrie, sowie die damit einhergehende Verbreitung von Fernsehgeräten gestoppt werden. Dieser goldenen Ära hat die Autorin Linda Granfield in Zusammenarbeit mit dem Zirkushistoriker Fred Dahlinger Jr., sowie der Herausgeberin Noel Daniel  mit dem Buch „The Circus. 1870s-1950s“ ein gigantisches Denkmal beim TASCHEN-Verlag gesetzt. Genaugenommen kam vor Jahren ein für den Verlag üblich opulenter Band heraus, dessen Größe und Qualität sich in einem entsprechenden Preis spiegelten. Nun wurde dieses Buch glücklicherweise in die Bibliotheca Universalis überführt. Hier findet man eine kompaktere Version zu einem demokratischen Preis von gerade mal 14,99€ (Wir reden im vorliegenden Fall von 888 Seiten!).

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Dabei wird neben dem bewährten Prinzip kommentierter Bilder aus Archiven und Privatsammlungen, viel Wert auf die Historie allgemein gelegt. So kriegt man nicht nur einen Einblick in das Privatleben der Artisten, das Geschäft hinter der Fassade oder in gewaltigen Promo-Strategien der jeweiligen Zeit. Es werden einschneidende Erlebnisse wie der große Zirkusbrand vom 6. Juli 1944 in Hartford beleuchtet, die Entwicklung der großen Dynastien erklärt und die Ursprünge der jeweiligen Kunstform detailliert ausgebreitet. Zeitgleich wird bei all der Informationsfülle der Spagat zum Entertainment geschlagen. So bleibt die Lektüre durchgehend spannend und interessant, ohne zu sehr in Details zu versinken. Die eben erwähnten Bilder, die einen gleichwertigen Hauptaspekt des Werks bilden, tun ihr Übriges um den Leser in faszinierende Welten fallen zu lassen, die es durchgehend schaffen, das Lebensgefühl dieser eingeschworenen Gemeinschaften und das Treiben drum herum zu vermitteln.

Solltet ihr wie ich von der surrealen Welt des Zirkus und ihrer Bewohner fasziniert sein, gibt es wohl kaum ein vergleichbares Buch, welches im Bereich der Populär-Literatur sowohl qualitativ als auch quantitativ an „The Circus. 1870s-1950s“ heranreicht, euch zeitgleich dazu motiviert das nächste bunte Zelt in eurer Stadt zu besuchen, dort den süßlichen Geruch von Pocorn und Theaterschminke zu inhalieren und sich wie in alten Zeiten verzaubern zu lassen.

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Der TASCHEN-Sale hat begonnen!

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Wie schon vor ein paar Tagen angekündigt, ist heute der TASCHEN-Sale gestartet und läuft bis zum 26.06. Ich habe mich soeben durch die Angebote gescrollt und es ist echt der Wahnsinn! So gut wie alle Bücher, die ich bis jetzt besprochen habe und sogar ihre „großen Brüder“, wie im Fall von „Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk“ befinden sich in der Auswahl! Schnell zuschlagen, bevor die Ausgaben weg sind!

Wenn ihr euch ein Bild von den Büchern machen wollt, habe ich hier für euch ein paar meiner bis dato veröffentlichten Rezensionen zusammengestellt (die allesamt im Sale zu finden sind!). Viel Spaß beim shoppen und nicht vergessen: Mein Gewinnspiel, bei dem ihr ein Buch eurer Wahl im Wert von bis zu 50€ ergattern könnt, endet parallel zum Sale!

The Charlie Chaplin Archives

Die besten TV-Serien. TASCHENs Auswahl der letzten 25 Jahre

The Bronze Age of DC Comics

The Little Book of Wonder Woman 

Deutschland um 1900 – Ein Porträt in Farbe

Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk

An American Odyssey

 

TASCHEN WAREHOUSE SALE und GEWINNSPIEL

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Ihr werdet bemerkt haben, dass seit ZOMBIAC in Betrieb ist, eine Vielzahl an TASCHEN-Publikationen auf der Seite besprochen wurden. Es ist wohl offensichtlich, dass ich ein Fan des Verlags bin. Warum? Dort scheint es selbst für die abwegigsten Themen eine Nische zu geben und sollte es sich um Mainstream-Kost handeln, wird diese unnachahmlich aufbereitet.

So gibt es gelegentlich Beigaben, wie Original-Filmschnipsel bei „The Charlie Chaplin Archives“ oder „The James Bond Archives„, wertvolle Drucke und signierte Exemplare wie bei „Mick Rock. The Rise of David Bowie, 1972-1973“ oder einfach nur gigantische Rückblicke auf das Werk von Verlagen und Künstlern („75 Years of DC Comics„).

Dabei wird sowohl der Leser mit kleinem Geldbeutel (Kunst-Bände ab 10€ oder „Volksausgaben“ für ein wenig mehr bei gleichem Inhalt wie der große Bruder), als auch der vermögende Sammler mit Editionen für mehrere Tausend Euro bedient („Moonfire“ als extremes Beispiel mit Mondgestein(!) als zusätzlichen Anreiz). Natürlich kann man sich beim Blick auf den Katalog nicht alles leisten, aber nun gibt es endlich die Möglichkeit auch bei wertigeren Veröffentlichungen zuzuschlagen:

Vom 23. bis 26. Juni findet der große TASCHEN WAREHOUSE SALE statt! Bei Rabatten von 50% bis 75% auf Ansichtsexemplare und Bücher mit kleinen Mängeln könnt ihr euch entweder in den Stores in Köln und Hamburg oder direkt auf taschen.com eindecken!

Was es genau geben wird, erfahrt ihr bei Beginn des Sales, aber Titel wie „The Charlie Chaplin Archives“ oder die große „Hieronymus Bosch„-Monografie sind fest eingeplant!

Um das Ganze gebührend zu zelebrieren, findet in Zusammenarbeit mit und dank TASCHEN das erste Gewinnspiel bei ZOMBIAC statt und folgendes könnt ihr vielleicht schon bald euer Eigen nennen:

Unter allen Lesern, die bis zum 26.06.2016 (23:59) meine Seite und den Facebook-Beitrag zum TASCHEN SALE mit einem „Like“ markieren und öffentlich in ihrem Profil teilen, verlose ich ein (lieferbares) Buch eurer Wahl bis zu einem Bestellwert von 50€! Schaut euch ruhig auf taschen.com um! Neben den von mir schon besprochenen Titeln, gibt es auch eine Vielzahl an neuen Büchern, die nur zu empfehlen sind. Da wären zum Beispiel Exodus von SalgadoHelmut Newton. Us and Them oder Castros Kuba!

Viel Glück an alle Teilnehmer!

Teilnahmebedingungen
1. Teilnahmeberechtigte
Teilnehmen kann jede(r) Volljährige, ausgenommen Mitarbeiter der TASCHEN GmbH.
Eine Teilnahme über Gewinnspiel-Agenturen oder sonstige Dritte, die den Teilnehmer bei einer Vielzahl von Gewinnspielen anmelden, ist ausgeschlossen.
2. Teilnahmemöglichkeiten
Eine Teilnahme ist nur über Facebook möglich, indem der im Text angegebene Beitrag und die Facebook-Seite von ZOMBIAC mit einem „Like“ versehen und öffentlich geteilt wird. Das Gewinnspiel erfolgt ohne Zusammenarbeit mit Facebook.
3. Teilnahmeschluss
Teilnahmeschluss ist der 26.06.2016 um 23:59.
4. Gewinnermittlung
Der Gewinner wird per Los ermittelt.
5. Art der Gewinnbenachrichtigung
Der oder die Gewinner/in wird über eine persönliche Facebook-Nachricht schriftlich kontaktiert.
6. Veröffentlichung der Gewinner
Der Name des Gewinners wird nach seiner Ermittlung in anonymisierter Form auf zombiac.wordpress.com und der angeschlossenen Facebook-Seite veröffentlicht.
7. Der Rechtsweg
Eine Barauszahlung der Gewinne ist ebenso wie der Rechtsweg ausgeschlossen.

An American Odyssey

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Wenn ihr meinem Blog seit einiger Zeit folgt, werdet ihr sicher über meinen Artikel zu „Deutschland um 1900“ gestolpert sein. Falls nicht, empfehle ich dem Link zu folgen! 😉

Hier habe ich ganz offen über meine Faszination bezüglich dieses Buches berichtet. Farbfotografien aus einer Zeit, die über 100 Jahre zurück liegt, wirkten auf mich wie ein Fenster in eine andere Welt. Orte, die ich kenne waren fremd und doch vertraut. Wie ein Paralleluniversum, festgehalten für die Ewigkeit. Einen ähnlichen Eindruck kann man auch bei Marc Walters „An American Odyssey“ gewinnen, welches zwar schon vor meiner bereits besprochenen Ausgabe (ebenfalls bei TASCHEN) erschien, aber nun glücklicherweise ebenfalls seinen Weg in meine Hände gefunden hat.

Um diejenigen abzuholen, die sich gerade darüber wundern, dass es farbige Aufnahmen aus der eben erwähnten Epoche gibt, möchte ich etwas weiter ausholen und erklären wie das möglich sein kann. Die zu sehenden Photographien nennt man „Photochrome“. Schwarzweiß-Negative, die man dank eines lithografischen Verfahrens serienmäßig in Farbe produzieren konnte. Dabei wurden 14 Tintentöne in verschiedenen Farben eingesetzt, um das unglaubliche Ergebnis abliefern zu können. Diese Technik wurde von der Schweizer Druckerei Orell Füssli (auch heute noch als Holding existent) im Jahr 1889 in Zürich eingeführt und fand nachvollziehbar schnell Anklang in der Bevölkerung.

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Durch den immensen Erfolg war es bald möglich weltweit Zweigstellen zu eröffnen und damit die Produkte einer größeren Masse zur Verfügung zu stellen. Eine davon war die Detroit Photographic Company, die noch bis in die 1920er Jahre millionenfach Postkarten mit den im Buch zu sehenden Motiven produzierte. Das Geschäft brummte vor allem durch die Tourismus-Industrie, die schon damals wußte wie man Erinnerungsstücke an den Mann bringt. So wurden neben Karten und großen Drucken, zum Beispiel ganze Alben an den Verkaufsstellen der zahlreichen Sehenswürdigkeiten angeboten. Davon gab und gibt es nach wie vor mehr als genug. Der Unterschied liegt darin, dass gegen Ende des 19 Jahrhunderts die letzten Entdeckungen des Landes erst wenige Jahre zurück lagen. Ein Grand Canyon war zur Entstehungszeit der Bilder erst seid ca. 20 Jahre bekannt und für die meisten die davon gehört hatten schier unvorstellbar. Nun konnte man nicht nur von den Schätzen Nordamerikas berichten, sondern diese auch zeigen.

Hierbei folgen wir dem selben geografischen Prinzip wie bei „Deutschland um 1900„. Im Klartext begeben wir uns auf eine visuelle Reise vom östlichen Ende des Landes bis an die Westküste. Dabei wird den einzelnen Städten und Staaten unterschiedlich viel Platz eingeräumt. Zum einen vermutlich abhängig von der Frequentierung durch Touristen und andererseits durch die Auswahl der Sehenswürdigkeiten. Während New York faktisch an jeder Straßenecke etwas zu zum Entdecken bietet, müssen einige Landstriche wie Iowa mit nur wenigen Abbildungen auskommen, da Landwirtschaft und Industrie natürlich weniger Reize bieten als Naturspektakel oder aufregende Architektur.

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Von beidem findet man auf seiner Reise zuhauf. Die Niagara-Fälle, Wüstenlandschaften, an die jeweilige europäische Abstammung der Siedler erinnernde Gebäude und ihre Bewohner faszinieren von der ersten bis zur letzten Seite. Insbesondere Bilder, die man zwar erstmals sieht, die einem aber seltsamerweise bekannt vorkommen, haben eine ganze besondere Anziehungskraft. Wenn man die Cowboys auf ihren Pferden, die schwarze Bevölkerung auf den Baumwollplantagen oder die fast schon als exotische Tiere abgelichteten Indianer sieht, fühlt man sich in einen Film versetzt, bei dem man nicht genau weiß ob man den Anblick genießen darf oder nicht. Meine Faszination für historische Aspekte von Photographien sog alles genüßlich auf, während meiner rationale Seite bewusst wurde, dass ich ehemalige Sklaven und vertriebene Bevölkerungsgruppen beobachte. Doch genau dieser Zwiespalt, der von den Photographen sicherlich nicht beabsichtigt war, stellt einen ganz besonderen Pluspunkt dieser Veröffentlichung dar.

Während man nämlich bei dem Band zum Deutschland des 19. Jahrhunderts aufgrund der stilisierten Ausrichtung die Schattenseiten des Lebens und die Konfliktherde dieser Gesellschaft nicht mal erahnen konnte, gibt uns „An American Odyssey“ tatsächlich die Möglichkeit etwas reflektierter auf die dargestellten Orte und Menschen zu blicken.

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Als Fazit kann ich ziehen, dass dieses schwergewichtige Buch (selbes Kaliber wie „The Charlie Chaplin Archives“ oder „Deutschland um 1900„) nicht nur für Nordamerika-Fans, sondern für jeden Interessenten der Geschichte geeignet ist, der sich auf eine einzigartige Zeitreise begeben möchte. Hier erlebt man einen Hauch dessen, was einst als der „American Dream“ bekannt wurde und die Menschen noch heute über alle Maßen fasziniert. Ein Buch, welches mit 612 Seiten und über 2000 Aufnahmen nichts anderes als ein Abtauchen in die Geschichten hinter den Motiven zulässt. Eine klare Empfehlung meinerseits!

 

[Rezension] Ai Weiwei (TASCHEN)

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Es gibt da diesen Spruch, der besagt, dass der Unterschied zwischen Kunst und Abfall eine Meinung ist. Diese Sichtweise wird vermutlich durch die sogenannte „moderne Kunst“ gespeist, die sich außerhalb der Norm bewegt, die die Gesellschaft als „wertvoll“ oder nachvollziehbar erachtet. Wenn man in eine entsprechende Pinakothek geht, steht man tatsächlich oft vor bestimmten Werken und weiß nichts mit ihnen anzufangen, da der Kontext einfach aus dem Stegreif nicht zu erschließen ist. Hierfür wird viel Hintergrundwissen benötigt, welches insbesondere über mehrere Kreative hinweg nicht immer vorhanden ist.

Eine Ausnahmeerscheinung bildet dabei der wohl berühmteste zeitgenössische Künstler Ai Weiwei. Der Chinese, der sich nicht auf eine bestimmte Richtung in der Gestaltung seiner visualisierten Aussagen festlegen will, hat trotz jahrzehntelanger Teilhabe am Geschehen in der Szene, vor allem durch seine Aktionen als Dissident international Aufmerksamkeit erregt. In einem Blog und über soziale Medien verbreitete er seine Kritik an der Regierung und bekam als Quittung eine Haftstrafe, die ihn komplett von der Außenwelt abschnitt. Während dieses Zeitraums landete sein Name regelmäßig in namhaften Publikationen, die ihn einem großen Publikum bekannt machten. Natürlich fand er schon zuvor Erwähnung. Vor allem das als „Vogelnest“ bekannte Stadion zu den Olympischen Spielen in Peking blieb in kollektiver Erinnerung.

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Dementsprechend ist der Name inzwischen zwar in aller Munde, aber konkrete Projekte des Künstlers sind bis dato nur einem entsprechenden Klientel bekannt, welches zwar über die üblichen Verdächtigen hinaus geht, aber der breiten Masse leider immer noch keine Assoziation mit Ai Weiwei erlaubt. Nachdem vor geraumer Zeit bei TASCHEN schon eine limitierte Fassung der Monografie zu diesem Band erschien (entweder signiert und in Seide eingeschlagen oder mit einem Buchständer aus Marmor(!)), kommen nun auch Interessenten mit etwas weniger Budget in den Genuss des Buches.

Dieses steht vom Umfang her, dem imposanten Schaffen des Künstlers in nichts nach. Auf 600 Seiten bekommt man einen Einblick in das Gesamtwerk der Ausnahmeerscheinung. Angefangen bei Malereien und kleineren Installationen in New York bis hin zu den gigantischen Bauten, die nach Weiweis Rückkehr in seine Heimat zu seinem Markenzeichen wurden, wird nichts ausgelassen. Das diese Aussage keine Übertreibung ist, kann man selbst am Ende anhand eines Registers überprüfen, welches neben der Biografie und einer Liste der bekannten Ausstellungen auch eine Auflistung aller Werke des Künstlers beinhaltet.

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Seinen prestigeträchtigen Projekten wird gebührend viel Platz eingeräumt, die auf ganzseitigen Abbildungen ihre ganz eigene Faszination entfalten und die Fantasie des Betrachters anregen. Installationen wie „Sunflower Seeds“, bei denen 100 Millionen handbemalte(!) Sonnenblumenkerne aus Porzellan das Greifbare sprengen, zeugen eventuell von einem gewißen Wahnsinn, während Projekte wie „Straight“ an den Moralvorstellungen und dem Obrigkeitsverständnis der Chinesen rütteln. Hierbei wurden verbogene Stahlstangen aus den zerstörten Häusern in Sichuan (ein gewaltiges Erdbeben verwüstete Teile der Stadt im Jahr 2008) herangeschafft, um diese gerade zu biegen und in eine bestimmte Reihenfolge auszulegen. Im ersten Moment nur ein imposanter Anblick, der einem mulmigen Gefühl weicht, nachdem einem bewusst wird, dass mehrere tausend Menschen aufgrund von Bestechung und Vetternwirtschaft sterben mussten. Die Gebäude wurden mit mangelhaftem Baumaterial ausgestattet. Insbesondere die Schulen in dem Gebiet waren betroffen und mussten infolgedessen mehr als 1000 verstorbene Kinder beklagen. Im Zuge einer parallel laufenden Recherche nach den Namen der Toten, da die Regierung keine Liste herausgeben wollte, bekamen sowohl Ai Weiwei als auch sein Team die Härte des Staates sowohl auf psychischer als auch physischer Ebene zu spüren. Allein diese Geschichte verdeutlicht den brisanten politischen Aspekt an der Arbeit des Künstlers. Viele seiner Werke nehmen Bezug auf aktuelle Ereignisse in seinem Heimatland oder das Verhalten der herrschenden Klasse gegenüber der Bevölkerung. Das hat ihm lokal viele Feinde und international umso mehr Anhänger beschert.

Weitere Themen, die er nicht ausspart sind der Konsum (beispielhaft ist die Foto-Serie um die „Coca-Cola Vase“), zerstörtes Kulturerbe und chinesische Identität („Template“, ein gigantisches Konstrukt aus Türen abgerissener Tempel und „Fairytale“, das Einfliegen von 1001 Chinesen aus verschiedensten Milieus auf die Documenta 2007, auf der beide Projekte präsentiert wurden). All diese Motive ziehen sich bis heute durch sein Schaffen und erinnern den Betrachter, dass Kunst mit und ohne offensichtlicher Aussage einen grundlegenden Zweck erfüllt: das Anregen von Gedanken und damit Ideen. Ob diese eine kulturelle, sozial relevante oder nur unterhaltsame Komponente haben, bleibt dem Individuum überlassen. Trotzdem bleibt Ai Weiwei ganz Exot, da ihm für seine ambitionierten Ideen, die finanziellen Mittel für die entsprechende Umsetzung zur Verfügung stehen. Das macht die Ergebnisse im Vergleich zu anderen beeindruckender in ihrer Wirkung, kompensiert damit aber keinesfalls potentiell billige Ideen oder nutzt Effekthascherei.

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Strukturiert wird das Buch dabei in chronologischer Reihenfolge durch Kommentare des Künstlers zu einzelnen Werken. Dazwischen kommt man in den Genuss andere Blickwinkel kennen zu lernen, da langjährige Wegbegleiter Ai Weiweis ebenfalls zu Wort kommen. Unter anderem Uli Sigg, ehemaliger Schweizer Botschafter in China, Roger M. Buergel, Kurator der documenta 2007 und die Experten für chinesische Kultur und Politik Carlos Rojas, William A. Callahan und James J. Lally. Jeder hat etwas interessantes zum Entstehungsprozess vieler Installationen beizutragen und gewährt damit eine noch intensivere Auseinandersetzung mit den abgebildeten Kunstwerken. Ein weiteres erfreuliches Detail ist, dass viele der Bilder noch nie zuvor veröffentlicht wurden. Im Klartext bedeutet es, dass man als Leser indirekt der Entstehung zahlreicher Konstrukte beiwohnen kann.

Zunächst könnte man denken, dass die pure Masse an visuellen Eindrücken erschlagend wirken kann. Persönlich habe ich jedoch festgestellt, dass ich mit jeder Seite begeisterter und interessierter den Werdegang Ai Weiweis anhand seiner Arbeit verfolgt habe und tagelang über kaum etwas anderes reden, geschweige denn denken konnte. Dieses Buch eignet sich perfekt um seine eingerostete Begeisterung für moderne Kunst wieder zu beleben oder sogar absolute Laien an die Materie heran zu führen. In meinem Fall hat diese Monografie einen ganz besonderen Platz in meinem Schrank verdient, aus dem ich sie immer wieder gern hervor hole um mich in die abstrakten und zeitgleich doch in der Realität verwurzelten Bilder fallen zu lassen.

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Verlag: TASCHEN 
Herausgeber: Hans Werner Holzwarth
Sprache: Deutsch 
Format: Hardcover, 25 x 33,4 cm 
Seitenzahl: 600
Preis: 60 EUR

Mick Rock. The Rise of David Bowie, 1972-73

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Anfang diesen Jahres verstarb eine der schillerndsten Figuren des Pop, die das letzte Jahrhundert hervorgebracht hat. David Bowie, Vorbild und Inspiration für Musiker über alle Genre-Grenzen hinweg. Während sich einige Bands musikalisch an seinem Schaffen orientierten, ebnete der Brite auch visuell anderen Legenden den Weg.
Im absoluten Mainstream erschuf sich Lady Gaga immer wieder aufs Neue und passte in diesem Zuge ihre Optik auf mehr oder minder kreative Weise an. Die deutlichsten Anleihen finden wir jedoch bei Marilyn Manson, der sich am offensichtlichsten bei Bowies frühen Auftritten bediente. Ob es sich um die rasierten Brauen, die verschiedenen Augenfarben (bei Bowie von Natur aus, bei Manson durch eine milchige Linse) oder verwendeten Symbole (Ziggy Stardust vs. Antichrist Superstar) handelt ist irrelevant, wenn man sich das Gesamtkonstrukt als Verneigung vor einem Genie vorstellen darf. In jedem Fall, sieht man den Einfluss, den der Mann über Jahrzehnte hinweg auf die gesamte Branche ausübte.
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Den Anfang dieses Prozesses oder eher gesagt den Beginn der explosionsartigen Karriere Bowies fing der ebenfalls namhafte Fotograf Mick Rock ein, der als ständiger Begleiter, Video-Regisseur und Freund an der Seite des Musikers stand und damit den Aufstieg von Ziggy Stardust (eines der viele Alter Egos und Kunstfiguren David Bowies) dokumentierte. Damit fing auch Rocks unglaubliche Karriere an, die Lou Reed, Iggy Pop, die Ramones, Queen oder die Sex Pistols im Portfolio umfasste und damit das Bild ganzer Generationen definierte.
Um die Masse an ikonenhaften und teils bisher unveröffentlichten Aufnahmen den Fans zugänglich zu machen, brachte der TASCHEN-Verlag im letzten Jahr den Foto-Band „Mick Rock. The Rise of David Bowie, 1972-73“ heraus, den man typisch für die Unternehmenspolitik zunächst in limitierter Auflage anbot. Diese kam aber nicht von ungefähr: die 1.972 Exemplare wurde allesamt von Rock und Bowie handsigniert. Davon konnte man wiederum 200 Versionen mit einem signierten Pigmentdruck erwerben. Die Preise waren dementsprechend einem Segment zuzuordnen, welchem sich der Normal-Verdiener vermutlich nicht mal nähern würde. Trotzdem war es nicht weiter verwunderlich, dass nach Bowies Tod alle Exemplare restlos vergriffen waren. Nur noch wenige sind in den TASCHEN-Stores verfügbar und in ihrem Wert gestiegen.
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Nun haben auch alle Anhänger mit kleinerem Budget, die Möglichkeit sich die Bilder im XL-Format zu Gemüte zu führen. Seit diesem Monat liegt nämlich die „Standardausgabe“ der Buchs aus, welches inhaltlich keinen Unterschied zu den großen Brüdern aufweist. Man findet beim Aufschlagen des Werks wirklich alles was das Fan-Herz begehrt. Angefangen bei Konzert-Aufnahmen, die im Vergleich zu späteren Verhältnissen ein geradezu winziges Publikum zeigen, Standbilder aus Promofilmen und Musik-Videos, private Abbildungen (beim Schlafen, essen, umziehen) und Fotos für die Ewigkeit, auf die auch in Zukunft zurückgegriffen wird, um den Urknall des Glam zu visualisieren.
Eingeleitet werden die einzelnen Bildreihen von Überschriften in Form der Titel des damals erschienenen Albums „The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars“. Diese geben mit einem kleinen Lyrics-Zitat jeweils eine Grundstimmung vor, die das gesamte Buch angenehm strukturiert und es dadurch nicht zu einem Sammelsurium verkommen lässt.
Dem wird noch eine wunderbare Einleitung samt Interview mit dem Fotografen vorangestellt, die den Werdegang der beiden Männer nachzeichnet und eine Perspektive der Protagonisten bietet, die den aufkommenden Erfolg hautnah miterleben und vor allem gestalten durften. Dabei werden Einblicke in eine Zeit gewährt, die eine Jugendkultur erst ermöglicht und heute als Alltag angesehene Grenzen definiert hat, indem alte Barrieren niedergerissen wurden. Als jemand, der weit nach dieser Ära das Licht der Welt erblickt hat, beschleicht mich tatsächlich eine Art Wehmut, so etwas nicht selbst erfahren zu dürfen.
Im Gesamten kann man diesen Band wirklich jedem ans Herz legen, der sich als Fan des legendären David Bowie bezeichnet. Eine vergleichbare Sammlung aus der Zeit des Ziggy Stardust und damit dem Beginn einer unvergleichbaren Karriere, wird man kein zweites mal finden. Für alle anderen können die handwerklich perfekt in Szene gesetzten Motive ein Anreiz sein, sich an die Musik des Künstlers heranzuwagen und sich selbst von der Legitimation seines Erfolgs zu überzeugen.
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Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk

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Selbst diejenigen, die sich mit Malerei nur am Rande beschäftigen oder deren Wissen
um berühmte Werke sich auf die Mona Lisa beschränkt, haben sicherlich mindestens eines der Werke des Hieronymus Bosch (* um 1450; † August 1516), bürgerlich Jheronimus van Aken, zu Gesicht bekommen, es unterbewusst als (vermeintlichen) Surrealismus eingeordnet und sich über die vielen teils schockierenden Elemente gewundert.

Einige handelten den aus ’s-Hertogenbosch (daher sein Künstlername) in den Niederlanden stammenden Künstler aufgrund der durch ihn dargestellten Höllenvisionen als Ketzer oder schlimmeres. Nun weiß man aber seit geraumer Zeit, dass er Teil der lokal ansäßigen Liebfrauenbruderschaft war, die einen elitären und vor allem religiös geprägten Kreis an einflussreichen Männern bildete. Dort hätte er nur beim Hauch der Blasphemie keinen Einlass gefunden und die darauf einsetzenden Karrieresprünge, dank der in dieser Gemeinschaft gut gepflegten Kontakte, wären ausgeblieben. So dienten seine bizarren Darstellungen vor allem als moralischer Wegweiser, der die Quallen aufzeigt, die einen Sünder zu erwarten hätten. In diesem Zusammenhang erlangte er auch über Landesgrenzen hinweg schon während seiner Lebenszeit Berühmtheit und fertigte dadurch auch Auftragsarbeiten für sie städtische Oberschicht, den nationalen sowie internationalen Adel an.

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Der Garten der Lüste, um 1503; Mitteltafel: Die Menschheit vor der Sintflut

Aus seiner Schaffenszeit sind der Nachwelt aber nur wenige Bilder bekannt, die allesamt auf Holztafeln verewigt wurden, obwohl während der frühen Renaissance textile Bildträger schon vorhanden waren. Dieses kleine Erbe gibt aber glücklicherweise einen Überblick von den Anfängen in Form klassisch sakraler Darstellungen, die jedoch schon die ersten auffälligen Elemente aufwiesen, über den Höhepunkt seiner Schaffenszeit durch die berühmten Triptychen „Der Heuwagen“, „Der Garten der Lüste“ oder „Die Versuchung des heiligen Antonius“ bis hin zu seinem Spätwerk sowie Zeichnungen bzw. Entwürfen. Das besondere an all den vorhandenen Motiven, außer der übergreifenden Groteske, sind die schier unendlichen Verweise auf folkloristische Elemente in Form von Sprichwörtern, damals gegenwärtigen Vorstellungen von Himmel und Hölle und Hinweise auf Bibelstellen, die Bosch als sattelfester Kenner des Buches auch in die abwegigsten Szenen hinein malen konnte. All das wird durch visuell aufbereitete Metaphern wie fliegende Fische, nackte Leiber, monströse und bisweilen witzige Fantasiegebilde dargestellt und diente dabei nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern zusätzlich der persönlichen Freude des Künstlers, wie man an den überlieferten Entwürfen erkennen kann. Viele dieser Ideen zog er aus der zeitgenössischen Literatur und eröffnete damit gänzlich neue Ansätze für die Entfaltung der Fantasie durch die Malerei.

Welch immensen Einfluss er auf die Nachwelt hatte und was für revolutionäre Ansätze in seinem Handwerk zu entdecken sind, sieht man an allerlei Zitaten durch Zeitzeugen, die wie die Nachwelt kaum Möglichkeiten hatten das Gesamtwerk von Bosch wirklich zu deuten. Diese damit verbundene Ehrfurcht blieb offensichtlich auch nach seinem Tod bestehen. So eröffnete er eine Werkstatt, die aufgrund seines inzwischen zu stattlicher Größe angewachsenen Vermögens mit Mitarbeitern besetzt werden konnte. Diese unterschrieben zum Teil post mortem mit dem legendären Namen. In diesem Zusammenhang gilt Bosch ebenfalls als Vorreiter, da er einer der ersten Künstler war, der seine eigenen Werke signierte und damit das Motiv ohne Zweifel mit dem Erschaffer verknüpfte.

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Die Versuchung der heiligen Antonius, um 1502

Nun können Interessenten seine kurze aber interessante Biografie, sämtliche ihm zweifellos zugewiesenen Werke, die Produktionen seiner Werkstatt und alle entdeckten Zeichnungen in TASCHENs „Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk“ selbst erkunden. Neben den vom Bosch-Experten Stefan Fischer verfassten informativen Texten zu jedem Lebensabschnitt des Visionärs, findet man viele vergrößerte Ausschnitte, aus den vor Details überquellenden Bildern, die man in der Form sonst niemals zu Gesicht bekommen würde. Kleinste Szenen wirken dabei, bevor man das Gesamtkonstrukt aufschlägt, schon für sich alleine beeindruckend und entfalten bei der Gegenüberstellung zum ganzen Bild eine einzigartige Faszination. Genuagenommen wirkt alles bei der chronologischen Aufarbeitung von Boschs Lebenswerk in sich schlüssig und angenehm konstruiert. Nachdem man den Hauptteil des Buches genoßen hat, gibt es im Anhang zusätzlich die Möglichkeit alle Werke nochmals komprimiert in einer kleiner Fassung zu betrachten und einen kurze Text, der diese einordnet um das gelesene nochmals Revue passieren zu lassen.

Ursprünglich erschien auch dieses Buch in einem für den Verlag typischen XL-Format, welches sich für Malerei dieser Größenordnung geradezu anbietet aber natürlich in einer entsprechenden Preisklasse zu verorten ist. Zum 500. Geburtstag des Künstlers gibt es nun auch für Fans oder die, die es noch werden wollen eine kleinere aber ebenfalls wunderschön gebundene Ausgabe, die inhaltlich dem großen Bruder in nichts nachsteht, aber der breiten Masse auch auf finanzieller Ebene den Zugang zu Hieronymus Bosch gewährt. Hier stimmen wieder sowohl Quantität als auch Qualität, die mich immer wieder gerne rein blättern lassen um neue Sachen zu entdecken. Das ist eine Anschaffung, die man auch nach einiger Zeit gerne erneut hervor holt.

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Der Garten der Lüste, um 1503; Rechter Innenflügel: Die Hölle

Für diejenigen unter euch, die entweder in der Nähe der niederländischen Grenze wohnen, in Spanien ansäßig sind oder sich ohnehin gerne in der Weltgeschichte treiben lassen, gibt es dieses Jahr zwei Ausstellungen, wovon die aktuell durchgeführte vermutlich die beste ist. Sie findet in Boschs Heimatstadt statt und vereint, die zuvor auf verschiedenen Museen verteilten Teile seiner Triptychen. Ein Trip, der sich durchaus lohnt. Hier wären die Details:

 

13. Februar 2016 – 08. Mai 2016

Bosch

Het Noordbrabants Museum, ’s-Hertogenbosch, Niederlande

 

31. Mai 2016 – 11. September 2016

Bosch. The Centenary Exhibition

Museo Nacional del Prado, Madrid, Spanien

 

https://www.youtube.com/watch?v=vFiB5ev7U1o

TASCHEN Sale!

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Ihr habt sicherlich bemerkt, dass ich in regelmäßigen Abständen Bücher des TASCHEN-Verlags rezensiere. Diese sind dabei bezüglich der behandelten Themen oftmals sowohl quantitativ als auch qualitativ außer Konkurrenz!

Das Problem, dass Otto-Normalverbraucher beim Erwerb der Bücher haben könnte, ist der bei einigen Ausgaben happige Preis! Nun könnt ihr euch aber so richtig eindecken, denn TASCHEN haben soeben einen Sale mit bis zu 75% Rabatt gestartet!

Ihr findet hier alles von Gesamtwerken berühmter Maler und Fotografen über Best-Of-Sammlungen zu Musik und Film bis hin zu Nischen wie Erotik-Werken wie „The Big Butt Book“ oder die mit dem „Peng“-Preis ausgezeichnete Enzyklopädie „75 Years of Marvel“

Beeilt euch! Das Kontingent ist begrenzt! Hier geht es zum Sale!

The James Bond Archives. SPECTRE Edition.

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Nachdem ich vor geraumer Zeit den Prachtband „The Charlie Chaplin Archives“ besprochen habe, konnte ich nun meine Hände an die erweiterte Neuauflage von „The James Bond Archives“ legen.

Neuauflage? Ja, richtig gehört. Zum 50. Jubiläum von „007“ im Jahre 2012 erschien das Werk schon einmal im Überformat und hatte mit der ersten Auflage einen weiteren Kaufanreiz: Einen Filmstreifen mit einer halben Sekunde aus dem Bond-Erstling „Dr. No“ (1962)! Wenn man sich als wahren Fan und Kenner der Reihe bezeichnet, wären auch die 150€ für dieses Schmuckstück eine lohnende Investition gewesen. Wenn man darüber hinaus einen Schritt weiter gegangen wäre, könnte man sich für 2500€ zu den 250 Besitzern des Prints einer Entwurfzeichnung und einer Signatur des aktuellsten Agenten ihrer Majestät Daniel Craig zählen. Beides stolze Summen, die aber durch die restlos vergriffenen Auflagen beider Editionen den Beweis ihrer Berechtigung liefern. Nun haben auch die letzten Fans die Möglichkeit in die Entstehungsgeschichte jedes (!) einzelnen Abenteuers einzutauchen und sich auch die Hintergrundinformationen des aktuellsten Streifen „Spectre“ zu Gemüte zu führen. Mit einem handlicheren Format, erweitertem Inhalt und einem für das dargebotene angenehmen Preis, findet man in diesem Buch wirklich alles was das Cineasten-Herz begehrt.

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Wie man es vom Verlag gewöhnt ist, wird hier definitiv geklotzt und nicht gekleckert! Angefangen mit einem ausführlichen Playboy-Interview mit dem Bond-Schöpfer Ian Fleming aus dem Jahr 1964, werden der Entstehungsprozess, die Gedankengänge hinter den „007“-Charakteristika und die Bezüge zur persönlichen Geschichte des Autoren ausführlich dokumentiert.

Dem folgt auch schon die Story des Beginns einer Film-Legende, indem der schwierigen Frage der Rechte, der Besetzung des Stabs und den weiterführenden Plänen zur damaligen Zeit auf den Grund gegangen wird. Nachdem die formalen Themen jedoch geklärt sind, steigt man als Leser sofort in die Kult-Streifen wie „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), „Goldfinger“ (1965) oder „Moonraker“ (1979) ein. Sie alle werden mit einer kurzen Erklärung des Plots eingeleitet und daraufhin mit Kommentaren der Beteiligten Produzenten, Regisseure und Schauspielern vom ersten bis zum letzten Drehtag erläutert. Da dies aus so vielen verschiedenen Perspektiven geschieht, gibt es einem das Gefühl der vollständigen Durchdringung der Materie. Szenen, Stunts und Produktionsbedingungen erhalten dadurch eine viel größere Bandbreite an Facetten, die man nach der Lektüre beim erneuten Genuss der Filme viel mehr oder sogar zum ersten mal wahrnimmt.

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Um dabei jeden Teil dieses gewaltigen Konstrukts um die Figur zu erfassen, werden auch parallel und eigentlich nicht zum Kanon gehörende Werke wie das Sean Connery-Comeback in „Sag niemals nie“ (1984) oder die Parodie „Casino Royale“ (1967) (ja, es gab schon mal einen) mit Woody Allen besprochen. Die persönliche Note bekommen die Geschichten um die Entstehung aller Filme auch durch Erzählungen über das Jahrzehnte kreisende Besetzungs-Karussel der Hauptrolle. Es wird nicht ausgespart, warum George Lazenby nur ein Auftritt gewährt wurde und wie knapp manch anderer schon früher eine Rolle hätte ergattern können. Des Weiteren werden auch hässliche Seiten wie Unfälle am Set und interne Streitereien bei den hauptsächlich fröhlichen Drehs nicht ausgespart. Damit avanciert dieses inhaltlich makellose Buch zu einem authentischen Stück Dokumentation und umgeht der oft doch so naheliegenden Selbstbeweihräucherung der Macher.

Das ganze mündet wie schon am Anfang der Besprechung erläutert, im aktuellsten Auftritt von Daniel Craig in „Spectre“, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags sogar noch im Kino läuft. Da der Film ja naturgemäß ein visuelles Medium ist, werden die Kommentare selbstverständlich um großflächige Bilder in Form von Set-Aufnahmen und Produktionsnotizen ergänzt. Diese zeigen, teils nur im vorliegenden Band zu sehen, ikonische Szenen aus alternativen Blickwinkeln, unbeschwerte Momente außerhalb der Sichtweite der Kamera oder auch das gewaltige Ausmaß mancher Sets, die schier unglaubliche Summen verschluckten, dafür aber ein umso beeindruckenderes Ergebnis darstellten.

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Zusammengefasst kann man sagen, dass die Anschaffung dieses Buches als Fan schier unausweichlich ist. Keine Publikation schafft es nur im Ansatz diese Fülle an exklusiven Einblicken in Wort und Bild zu vermitteln. Dementsprechend kann man hier bedenkenlos zugreifen und bekommt dafür nicht nur eine lückenlose Chronologie, sondern auch ein unterhaltsames Stück Literatur, welches den Inhalt fast schon beiläufig aber einprägsam vermittelt.