[Rezension] Harley Quinn: Haley liebt den Joker (Panini Comics)

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Viele Neueinsteiger, die Batman erst vor kurzem für sich entdeckt haben, können sich vermutlich garnicht vorstellen, dass eine Figur wie Harley Quinn zu den neueren Zugängen an Figuren gehört. Erst Anfang der 90er erschien sie auf der Bildfläche. Zunächst sogar exklusiv auf dem heimischen Fernsehbildschirm als Sidekick des Jokers in der preisgekrönten Trickfilmserie „Batman: The Animated Series„. Erst später fand sie auch Eingang in den regulären Comic-Kanon und avancierte in nur wenigen Jahren zum Publikumsliebling und Teil der Standardbesetzung an Widersachern aus Gotham City.

Dementsprechend ist es auch kein Wunder, dass sie schon mit mehreren Solo-Veröffentlichungen und Mini-Serien geehrt wurde, von denen „Mad Love“ wohl die bekannteste sein sollte. Dabei wurden sowohl ihre Beweggründe, ihre Beziehung zum Joker, als auch ihr Look immer wieder Veränderungen unterzogen, während ihr ikonischer Harleqin-Einteiler und das ursprünglich kindisch-psychotische Verhalten einen besonderen Platz im Herzen der Fans beibehielten. Daher wird sie nach wie vor primär mit ihrem Erfinder Paul Dini assoziiert, der sowohl für die erwähnte Animationsserie, als auch ihre beliebtesten Abenteuer verantwortlich war. Deswegen wird man natürlich schnell hellhörig, wenn bekannt wird, dass der Altmeister erneut an seiner bekanntesten Figur arbeiten möchte. Das Ergebnis kann man hierzulande an der bei Panini Comics erschienenen Serie „Harley Quinn: Harley liebt den Joker“ (bestehend aus 9 regulären Teilen der Harley-Serie und zwei eigenständigen Heften) sehen.

Passend zum ausgehenden Jahr, steigt man in der Weihnachtszeit in die Geschichte ein. Der Joker freut sich schon auf einen Überfall, nur um festzustellen, dass ihm jemand zuvor gekommen ist und ihm dadurch das betonierte Grinsen schnell aus dem Gesicht wischt. Dieser Umstand ist natürlich auch alles andere als optimal für die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Harley und dem Joker. Daher versucht unsere Hauptprotagonistin alles mögliche um ihrem „Mr. J.“ wieder ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das was ihn aufheitert ist jedoch nicht seine aufreizende Freundin, sondern die Idee an Silvester einen Raubüberfall zu verüben. Der geht sogar tatsächlich gut aus, doch nur kurze Zeit später taucht Batman in ihrem Geheimversteck auf und macht alles zunichte. Wie konnte das passieren? Man sollte wohl nicht überall seine Adresse drauf schreiben…wie Harley zum Beispiel auf ihren am Ort des Überfalls zurückgelassenen Mantel.

Nun steht das Verbrecherpärchen ohne Dach über dem Kopf da und muss sich zwischenzeitlich mit einem abgeranzten Motel zufriedengeben. Von Gewissensbissen zerfressen, möchte Harley ihr Missgeschick jedoch ungeschehen machen und entwickelt deswegen einen Plan, wie sie sich und ihrem „Pupsie“ einen noch größeren Unterschlupf besorgen kann, als den zuvor. Damit beginnt eine irrwitzige Odyssee für die Clownprinzessin, bei der sie zum einen versucht genug Kohle für die neue Bleibe zu organisieren und zum anderen gegen eine neue Widersacherin anzukämpfen, die ihren liebsten Clown des Verbrechens streitig machen möchte. Aufgepeppt wird das Ganze mit kleinen Einblicken in Harleys Vergangenheit, die die Figur etwas tiefer gestalten und Aufschluss über ihren Kampf mit sich selbst geben. Das ist auch Sinne nötig, da sie in dieser Geschichte ganz der Charakteristik aus der Zeichentrickserie entspricht und dementsprechend durch ihre Liebe kaum die grausamen Züge des Jokers erkennt oder zumindest nicht erkennen will.

Dabei geht die Erzählung erstaunlich schnell voran und auch der Bruch zu den letzten zwei Kapiteln (da es Einzelhefte außerhalb der regulären Serie waren) ist faktisch nicht zu spüren. Hierbei erkennt man Dinis unvergleichliche Stärke im Bereich Storytelling, die wir von ihm gewohnt sind. Zeitgleich schafft er es das Feeling alter Tage hervorzuholen und im hier und jetzt zu platzieren. Dadurch wirkt das Gesamtwerk weder altbacken, noch der genutzte Humor unpassend. In diesem Sinne ein Paket für Nostalgiker und Neueinsteiger.

Das spiegelt sich auch in den Zeichnungen von Bret Blevins wieder, der komplett auf den ikonischen Look der Fernsehversion setzt und damit dem Band eine schöne Authentizität verleiht, die ohne Experimente auskommt, aber trotzdem noch frisch erscheint. Aufgepeppt durch Alex Sinclairs Farben, die wiederum auf einen modernen Touch setzen, verhält es sich wie mit der Story: Das beste von früher und heute, gemeinsam auf einem Blatt.

Daher kann man „Harley Quinn: Harley liebt den Joker“ ohne schlechtes Gewissen den alteingesessenen Fans und auch all denjenigen empfehlen, die Harley vielleicht nur aus den aktuellen Verfilmungen kennen. Zufrieden werden beide Gruppen sein! In diesem Sinne: Ab zum nächsten Comic-Shop und viel Spaß beim lesen!

Harley Quinn: Haley liebt den Joker 
Verlag: Panini Comics 
Erschienen am: 02.10.2018 
Autor: Paul Dini, Jimmy Palmiotti
Zeichner: Bret Blevins
Format: Softcover  
Seitenzahl: 116
Preis: 14,99 EUR

 

Dark Night – Eine wahre Batman-Geschichte

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Außergewöhnlich ist vermutlich das falsche Wort, weil es der hier vorliegenden Geschichte nicht gerecht werden würde. Es ist ein kraftvolles Meisterwerk, welches demonstriert, dass Comics nicht einfach Bilderbücher für die breite Masse sind, sondern als Ausdrucksform fungieren können, die kein Medium in der Form nachahmen kann.

Wenn man sich den Titel ansieht, könnte man sich natürlich die Frage stellen, inwieweit ein Superhelden-Comic die Grenzen sprengen kann, die das eigene Genre dem Produkt vorgibt. Nur sollte man nicht dem Trugschluss unterliegen, dass sich die Handlung im Universum des dunklen Ritters abspielt. Genaugenommen geht es aber um einen seiner Schöpfer oder wenn man es noch weiter präzisieren will, um einen der Macher hinter der erfolgreichen Zeichentrickserie „Batman: The Animated Series“ Anfang der 90er und damit einen der geistigen Väter Harley Quinns: Paul Dini.

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©Panini Comics Deutschland

Es ist die Geschichte einer persönlichen Tragödie, die einen kreativen Geist fast an der Wirklichkeit zerbrechen lässt und dessen Lebenswerk mit hinab reißt. Da die Story von Dini persönlich geschrieben wurde, bietet sich ein extrem intimer Einblick in dessen Gedankenwelt. Ihn dabei zu begleiten ist in Teilen schmerzhaft, rührend und motivierend zugleich. Er schafft es in der Beschreibung seiner lebenslangen Beziehung zu Batman und den mit ihm verbandelten Figuren eine Reflektionsfläche für jeden typischen Fan des dunklen Ritters zu erzeugen. Die Ausgrenzung, die man als Kind erfährt, wenn man sich nicht ins Bild fügt, die Abweisung beim anderen Geschlecht und die daraus resultierende Flucht in eine Welt voller Helden und Schurken, die als mentales Zuhause fungiert.

Man freut sich über Dinis Erfolge und die Erfüllung seines Traums, sein Hobby zum Beruf zu machen. Fünf Emmys, ein Harvey-, sowie ein Eisner-Award zeugen von der qualitativen Hochwertigkeit seines Schaffens. Zugleich ist man schockiert und verletzt, wenn man zusehen muss, wie ein so sanfter Geist von zwei Verbrechern fast zu Tode geprügelt wird und daraus eine solche Angst entwickelt, dass ihm die Arbeit an seinen Projekten fast unmöglich erscheint. Ein zufälliges Ereignis, dass in seiner Grausamkeit fast den Lebenssinn eines Künstlers ausradiert.

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©Panini Comics Deutschland

Doch auch hier begleiten ihn Batman, Joker, Poison Ivy, Two-Face und viele andere, um ihn in Zwiegesprächen, die nur Dini wahrnimmt, zu verführen, zu quälen oder ihm zu helfen. Am interessantesten sind dabei die selbstreferenziellen Passagen, wie der Streit mit dem Joker, in dem der Clownprinz des Verbrechens sich als „Muse für kranke Kreative“ bezeichnet und der Autor ihm Paroli bietet. Dadurch entsteht eine durchgehend spürbare Meta-Ebene auf der wir uns mit Paul Dini fließend zwischen Realität und Fiktion bewegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die vierte Wand zum Leser durchbrochen wird (Deadpool, anyone?), aber auf eine Art und Weise, dass es einem Seelenstrip gleicht, hat man nur selten erlebt.

Passend dazu, wurde das Ausnahmetalent Eduardo Risso verpflichtet, der mit seinem variablen Stil, den Übergang zwischen psychischer und physischer Welt perfekt in Szene setzt. Ob kleine Kniffe, wie die von Panel zu Panel fortschreitende Gestaltung einzelner Charaktere (Skizze zur fertigen Figur), Verbeugungen vor den großen Zeichnern um die menschliche Fledermaus oder die Verwandlung eines Storyboards in den Fortgang der Geschichte – Risso scheint das gesamte Repertoire, was ihm zur Verfügung steht, auszuschöpfen.

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©Panini Comics Deutschland

Es ist die perfekte Symbiose zwischen einer öffentlichen Präsentation der eigenen Gefühle und der mutigen, doch kontrollierten Art ihrer Visualisierung. Dementsprechend kann man „Dark Night – Eine wahre Batman-Geschichte“ als modernes Meisterwerk bezeichnen, welches weder in der Sammlung eines Batman-Fans, noch generellen Comic-Lesers fehlen darf. Ein Band, den ich ohne weiteres, als einen der besten bezeichnen würde, den ich je gelesen habe.

Harley Quinn Anthologie

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Vor Kurzem habe ich von meinen Eindrücken zum neuen DC-Universe-Ableger „Suicide Squad“ berichtet und hoffe euch Lust auf mehr gemacht zu haben. Um sich dabei richtig auf den Streifen einstimmen zu können, gibt es selbstverständlich auch etliche Releases aus dem Stamm-Medium der im Film gezeigten Figuren.

Panini Comics bringt neben vielen Ausgaben, die die Charaktere in regelmäßige Abenteuer schicken (Suicide Squad, Harley Quinn und all die mit ihnen verwobenen Geschichten) auch klassische Kost heraus, die Leser an den jeweiligen Protagonisten heranführen soll. Zum Beispiel gibt es „Mad Love“ aus der Feder von Paul Dini und Bruce Timm, welches die die Ursprungs-Geschichte von Jokers Flamme beleuchtet. Ein vor allem außergewöhnlicher Vorgang, da sie zunächst in der beliebten Fernsehserie „Batman – The Animated Series“ ihr Debüt gab und erst im Nachhinein Fuß in den bunten Heftchen fassen konnte. Daran sieht man, dass Harley zu den jüngeren Charakteren bei DC gehört. Erst Anfang der 90er erblickte sie das Licht der Welt, während ihre Mitstreiter und Feinde schon mehrere Dekaden auf dem Buckel hatten.

Trotzdem hat sich im laufe der Jahre ein üppiger Katalog an Eskapaden der Clown-Prinzessin angehäuft, der neben eigenen Solo-Serien auch aus in sich geschlossenen Storys verschiedener Länge besteht. Um hierbei nicht den Überblick zu verlieren und trotzdem möglichst viele Facetten der Figur aufzeigen zu können, hat Panini Comics die „Harley Quinn Anthologie“ veröffentlicht. Damit wird offensichtlich, dass der Verlag eine eigene Reihe verfolgen möchte, der schon eigene Versionen zu Batman und dem Joker vorausgingen. Schon jetzt ist die nächste Zusammenstellung angekündigt worden, die sich mit Flash befassen wird.

Aber hier dreht sich ja erstmal alles um unsere liebste Psychopathin. Und dabei wird deutlich wie wandlungsfähig diese Figur ist, wenn sie durch die Hände der prominenten Autoren und Zeichner wandert. Von naiv-dämlich über nachdenklich bis dauerhaft tödlich ist wirklich alles dabei. Wenn man die vergleichsweise kurze Lebensspanne gegenüberstellt, wirkt der Umstand noch imposanter. Ob nun malerischer Strich oder Film-Noir-Touch samt fehlendem Dialog – dieser Harlekin scheint immer reinzupassen. Vor allem ist es der Tatsache zu verdanken, dass Storys außerhalb der monatlich fortgesetzten Kontinuität sich nicht an bestimmte Regeln halten müssen. So findet man sogar „alte“ Versionen von Harley samt Narrenkappe, die nach dem Neustart („New 52“) erstellt wurden. Das Ganze wird als Sahnehäubchen sogar durch einen Abstecher in unsere Welt bzw. in das Comic-Mekka „San Diego Comic-Con“ abgerundet. Trotzdem bleiben die klassischen Motive, die sie ausmachen durchgehend erhalten: Ihre Besessenheit von „Mr. J“, ihre Hass-Liebe zu Poison Ivy oder das Wechselspiel von Selbstreflexion und Wahnsinn – hier wird der gesamte Cocktail von Legenden wie Jim Lee, Bruce Timm, Charlie Adlard, Sam Kieth oder Darwyn Cooke aufgetischt.

Es darf entsprechend des gerade omnipräsenten Themas auch ihr Verhältnis zur Suicide Squad nicht unter den Tisch fallen gelassen werden. Dem wird vor allem durch die Optik der neueren Storys Rechnung getragen, in denen Harley die Vorlage für Margot Robbies Darstellung bietet. Zwar sind dem Format entsprechend keine längeren Geschichten oder die relevantesten Einschnitte in Harleys Biografie zu finden, aber dafür genügend eingeschobene redaktionelle Texte, die auf weiterführende Literatur hinweisen und damit den Reste-Charakter einer „Comic-Anthologie“ gekonnt umschiffen.

Somit ist die „Harley Quinn Anthologie“ nicht nur ein guter Einstieg für Neulinge, sondern ebenfalls eine feine Ergänzung für Sammler und Liebhaber der Figur! Ich habe jedenfalls jede Geschichte für sich genossen und kann den Band als Ganzes weiterempfehlen!