[Rezension] Onkel Dagobert und Donald Duck – Don Rosa Library 1: Der Sohn der Sonne (Egmont Comic Collection)

© Egmont Comic Collection

Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit Comics sind meine regelmäßigen Besuche in der lokalen Stadtbibliothek und die zahlreichen Prestige-Hefte in der Kinder- und Jugendabteilung. Dort lagen all die Klassiker des Mediums von Asterix, über Lucky Luke bis hin zu den zahlreichen Disney-Veröffentlichungen um die berühmten Bewohner von Entenhausen. Zwar fand man dort auch gleichberechtigt Geschichten des einzig wahren Carl Barks, doch mich zogen ganz andere Ausgaben mit ihren plastisch dargestellten Covern in ihren Bann: die Werke von Don Rosa.

Es mag zwar Puristen etwas seltsam vorkommen, dass ich mich für Geschichten begeistert habe, die von konservativen Zeitgenossen fast schon verächtlich als „Fan-Fiction“ definiert wurden, doch ohne Wissen um die Hintergründe der Entstehung blieb nur der persönliche Geschmack: Mit Details überbrodelnde Panels, Situations-Komik und viel Herz, die zusammen meine Liebe zu Onkel Dagobert, Donald und Co. entfachten. Zwar veränderte sich der Geschmack im Laufe der Zeit und ich kehrte den leichtfüßigen Abenteuern den Rücken, um mich „ernsthaften“ Stoffen zu widmen, aber ich sollte nie vergessen wie Don Rosa mich einst geprägt hat.

Als die Egmont Comic Collection dann dieses Jahr zu meiner Überraschung eine komplett neu überarbeitete Gesamtausgabe von Rosas Werk ankündigte, entfachte es sogleich die Nostalgie in mir und der Drang einen Teil meiner Jugend zu präsentieren und euch sogar eventuell für die Abenteuer der Ducks zu begeistern brachte mich zu dem Entschluss den ersten von sage und schreibe 10 Bänden zu besprechen. Natürlich machte ich mir zunächst ein wenig Sorgen, ob meine eigenen Erinnerungen verklärend wirken könnten, doch kaum habe ich die ersten der 13 Geschichten aus den Jahren 1987 bis 1989 gelesen, fühlte ich mich in meiner Überzeugung erneut bestätigt.

Selbstverständlich sind Stil und Charme eines Barks unerreicht, doch Rosa schafft es trotz einer schier unendlichen Anzahl von Zitaten seines großen Vorbilds (die er wohlgemerkt fein säuberlich in jedem Nachwort aufzählt) eine Eigenständigkeit zu bewahren, die dafür sorgt, dass er bis heute zu den großen Namen unter dem Disney-Banner zählt. Vor allem seine individuelle Schraffur, die dafür sorgt, dass seine Figuren geradezu plastisch wirken, sorgt für einen Wiedererkennungswert und eine Schar an Fans, die ihn eben für genau diesen Stil bewundern. Auch inhaltlich sind die Reisen der Ducks in entlegene und schon bei Barks besuchte Orte zwar eine eindeutige Verbeugung vor dem Ursprungsmaterial, aber diese Erfahrung wird hier erweitert ohne ein billiger Abklatsch zu sein. So sieht Dagobert seine alte Liebe wieder, findet sich erneut am Klondike ein, läuft bekannten Nebenfiguren über den Weg und gibt dem Leser das Gefühl tiefer in die Materie einzusteigen und nicht der Cover-Version eines alten Songs zu lauschen. Vor allem die immer wieder durchscheinende Melancholie, die sich sowohl in der Mimik als auch im Setting mancher Geschichten wiederfindet und das gigantische Gagfeuerwerk regelmäßig aufbricht, spricht für die Qualität der Erzählungen, die Rosa bis zu seinem Ruhestand 2006 in die Regale brachte. Trotz seines Abschieds hat er es sich jedoch nicht nehmen lassen die neu aufgelegte „Don Rosa Library“ durchzugehen und dafür zu sorgen, dass Leser sie exakt so zu sehen bekommen, wie er es sich ursprünglich gewünscht hat. So bekommen wir in Deutschland eine für unser Auge eher ungewöhnliche Kolorierung. Sind wir es zum Beispiel gewohnt die Münzen in Dagoberts Geldspeicher im strahlenden gold zu sehen, schwimmt unser Protagonist in einem silbernen Metall-See mit Bronze-Nuancen. Wirkt es zunächst etwas befremdlich, macht es auf den zweiten Blick sogar durchaus Sinn. Dagobert ist so knausrig, dass er sogar Kleingeld hortet und dieses ist in den USA primär silber- und bronze-farben.

Wem die großartigen Geschichten nicht reichen, kann sich darüber hinaus noch allerlei zusätzliches Material zu Gemüte führen, welches die vorliegenden Geschichten in ihren Entstehungskontext bettet und interessante Querverweise zu Barks Schaffen beleuchtet. Des Weiteren schließt der Band mit einer schönen Cover-Galerie und dem ersten Teil der Biografie des Künstlers ab, die in den folgenden neun Bänden fortgeführt werden soll. Damit wird deutlich, dass sich dieser Release nicht nur an junge Leser richtet, die Don Rosa zum ersten Mal entdecken, sondern auch an Nostalgiker, die sowohl gerne in Erinnerungen schwelgen, als auch die Entstehung ihrer Lieblingsgeschichten nachvollziehen wollen.

In diesem Sinne ist „Onkel Dagobert und Donald Duck – Don Rosa Library 1: Der Sohn der Sonne“ eine Pflichtanschaffung, die in keiner Sammlung fehlen darf und in dieser Form der Vision des Künstlers am nächsten kommt.

Onkel Dagobert und Donald Duck - Don Rosa Library 1: Der Sohn der Sonne 
Verlag: Egmont Comic Collection 
Erschienen am: 04.06.2020
Autor: Don Rosa
Zeichner: Don Rosa
Format: Hardcover 
Seitenzahl: 208
Preis: 30 EUR

Asterix in Italien

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Offenbar hat sich bei Jean-Yves Ferri und Didier Conrad ein Rhythmus eingeschlichen, auf den sich die Fans verlassen können. Unter dem wachenden Auge von Albert Uderzo haben sich der neue Autor und Zeichner schon zum dritten Mal an die gewaltige Aufgabe gewagt, das französische Kulturerbe in Form von „Asterix“ fortzuführen.

Mit „Asterix in Italien“ wagt sich das Kreativ-Team nach einer politisch angehauchten Geschichte in „Der Papyrus des Cäsar“ nun an den Rennsport heran, der typisch für die Reihe nicht ohne Seitenhiebe auf das aktuelle Zeitgeschehen auskommt.

Trotz in dieser Hinsicht bekannter Elemente, ist doch nicht alles beim Alten. Inzwischen scheinen die neuen Macher den Mut gefunden zu haben, einen realen Bruch mit der Vergangenheit zu vollziehen. Ob dieser nun nötig ist und an der ursprünglich ohnehin hohen Qualität etwas positiv verändern kann, sei mal dahingestellt. Die erste Neuerung fällt schon beim ersten Aufschlagen des Bandes auf. Wo ist die lieb gewonnene Auflistung der Hauptcharaktere? Wo die Landkarte mit Lupe und dem kleinen, gallischen Dorf? Alles weg und für einen raschen Einstieg in die Handlung geopfert.

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Quelle: Asterix® und Egmont Ehapa Media (Softcover)

Ob diese an die Klassiker ansatzweise heran reicht, ist eine Frage, die ich unter Bauchschmerzen leider mit einem „Nein“ beantworten muss. Es geht gleich mit einem Politikum in Rom los, welches den schlechten Zustand der Straßen zum Inhalt hat (Wir wissen ja: „Alle Wege führen nach Rom“). Um von seinem vernachlässigten Verantwortungsbereich abzulenken, schlägt der zuständige Senator Lactus Bifidus vor, ein international besetztes Wagenrennen durch Italien abzuhalten, um der Welt zu beweisen, wie gut doch die römischen Straßen in Schuss seien. Begeistert von der Idee, stimmt Cäsar unter der Bedingung zu, dass der Sieg definitiv einem Römer zufallen muss, da in einem anderen Fall Lactus in eine weit entfernte römische Kolonie zwangsversetzt wird.

Zeitgleich befinden sich unsere Helden Asterix und Obelix auf dem alljährlichen Markt für Celtisches Brauchtum und Innovative Technik (CEBIT), um ihren Freund Methusalix zu einem „Zahnarzt“ zu bringen. Während Asterix dem gallischen Rentner zur Seite steht, schlendert unser Hinkelsteinklopfer mit dem festen Körperbau über den Markt, bis er einer Wahrsagerin über den Weg läuft. Diese sagt ihm eine Zukunft als siegreicher Rennfahrer voraus, die er mit dem Spontankauf eines gefiederten Wagens sogleich in Angriff nimmt. Zu allem Überfluss bekommt unsere Gruppe noch Wind von dem nun „Transcaliga“ getauftem Rennen und die Entscheidung bei diesem anzutreten ist gefallen.

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Quelle: Asterix® und Egmont Ehapa Media (Softcover)

Beim Ausgangspunkt in Modica (dem heutigen Monza) treffen die Freunde auf alte Bekannte in Form von Stellvertretern ihrer Völker. So sehen wir erneut die Goten oder Briten, sowie neue Figuren aus dem Sudan, die nun alle gegeneinander, aber schlussendlich doch nur gegen einen mysteriösen Römer, samt Grinsemaske antreten müssen. Der als geheimnisvoller Favorit präsentierte Caligarius prescht schon zu Anfang voran und lässt die anderen ratlos zurück. Damit stachelt er den Ehrgeiz seiner Konkurrenten erst recht an und entfesselt eine Rivalität unter ihnen, die sich meist in Slapstickeinlagen entlädt und Verweise auf italienische Eigenheiten (kulinarisch, geografisch usw.) beinhaltet.

Dabei wirkt das Ganze wie ein Aneinanderreihung von Witzen, die kaum etwas zum Voranschreiten der Geschichte beitragen. Die Nebenfiguren dienen währenddessen primär als wandelnde Easter-Eggs aus der Vergangenheit, die aber nicht den ursprünglichen Charme versprühen, der so typisch für Charaktere des Asterix-Universmus ist.

Dadurch entsteht ein Gefühl, dass man zwar in gewisser Weise schon ein Original in der Hand hält, aber mehr Hülle als Inhalt präsentiert bekommt. Conrads Zeichnungen wirken zwar noch einen Tick sicherer in ihrem Stil als in den letzten zwei Bänden, verzichten aber auf die unzähligen Details, die Uderzos Strich weltbekannt gemacht haben. Inhaltlich fehlt leider ebenfalls der doppelte Boden, der die Reihe eigentlich attraktiv für mehrere Altersklassen macht. Man konnte sich als Kind köstlich über gut getimten Slapstick amüsieren, der seine volle Wirkung in aufeinander aufbauenden Panels entfaltete. Als Erwachsener nahm man Nuancen wahr, die unsere moderne Gesellschaft widerspiegelten und auch mit Verweisen auf die Weltgeschichte nicht sparten. Beide Zielgruppen werden vermutlich nur zum Teil befriedigt werden, da sich „Asterix in Italien“ primär auf den Begriff des „Klamauk“ verlässt und dabei die lieb gewonnen Elemente, die die Reihe von Konkurrenten unterschied, teils über Bord wirft.

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Quelle: Asterix® und Egmont Ehapa Media (Softcover)

Es ist selbstverständlich schwierig als Nachfolger eines legendären Künstler-Gespanns den Erwartungen der Fans und Kritiker gerecht zu werden. Trotzdem ist es legitim ein Rezept einzufordern, welches über Dekaden funktioniert hat und auch heutzutage anwendbar ist. Insbesondere ist die Forderung durch die Tatsache begründet, dass die Geschichten von Goscinny und Uderzo zeitlos sind und auch nachrückende Generationen begeistern.

Alles in allem muss man daher sagen, dass „Asterix in Italien“ auf zu vieles verzichtet, um in eine Reihe mit den Klassikern gestellt zu werden. Die Story weiß durchaus zu unterhalten, bleibt aber durchgehend so belanglos, dass man Angst haben muss, den zukünftigen Bänden auf dem selben Qualitäts-Level begegnen zu müssen, weil der Absatz trotzdem stimmt. Daher kann ich Band 37 als Ergänzung der eigenen Sammlung empfehlen, muss aber als Einstieg für Neuleser dann doch auf die schon erschienenen Abenteuer verweisen.

 

Asterix – Der Papyrus des Cäsar

©2015 Les Éditions Albert René

©2015 Les Éditions Albert René

Zwei ganze Jahre mussten die Fans auf ein weiteres Abenteuer um Asterix und Obelix aus der Feder des neuen Kreativteams um den Autor Jean-Yves Ferri und den Zeichner Didier Conrad warten. Nun ist es seit dem 22.10. endlich soweit und „Der Papyrus des Cäsar“ hat als Band 36 seinen Weg ich die Regale und vor allem in die Hände der Leser gefunden. Wer hat in den letzten Wochen nicht mindestens einmal täglich jemanden (egal welchen Alters) die Ausgabe lesend gesehen?

Man muss zwar sagen, dass man durchaus merkt, dass neue Künstler am Werk sind, aber das wohlige Gefühl ein Original in den Händen zu halten verblasst nicht. Vor allem der Raum, der so gut wie allen bekannten Charakteren eingeräumt wird tut sein übriges und vermittelt das typische „Asterix“-Feeling, welches wir seit bestehen der Serie kennen und lieben. Trotzdem ist vor allem durch den Aufhänger der Story ein sehr deutlicher Bezug zum Zeitgeist zu spüren, der in der Form vermutlich nicht in Originalbesetzung gelungen wäre. Zum Beispiel wurden sehr deutliche Anspielungen auf soziale Netzwerke und die Whistleblower-Affären eingebaut und damit ein bemerkenswerter Spagat geschlagen, der Kinder und Erwachsene zwar gleichermaßen unterhält, dafür aber komplett unterschiedliche Verständnis-Ebenen bedient.

©2015 Les Éditions Albert René

©2015 Les Éditions Albert René

Im Detail geht es darum, dass Cäsar in seinem Werk „Kommentare zum gallischen Krieg“ seine Erfahrungen mit dem unbezwingbaren gallischen Dorf auf Empfehlung seines Beraters Rufus Syndicus unterschlägt und damit die Geschichtsschreibung verfälscht. Dieses Kapitel gerät jedoch in die Hände des Aktivisten Polemix, der in eben genanntes Dorf aufbricht und die Niederschrift über diesen Weg veröffentlicht und damit das römische Reich erschüttert sehen will. Edward Snowden bzw. Julian Assange lassen dabei mehr als deutlich grüßen.

Als Ganzes liegt hier eine wirklich runde Geschichte vor, die durch den unkonventionellen Ansatz an Relevanz gewinnt und einen schön pointierten Schluss findet, der einen Bogen zu den Ursprüngen der Reihe schlägt und damit eine kleine Verneigung vor den Erfindern vollführt. Zeichnerisch wird man glücklicherweise nicht überrascht, denn die Optik der Figuren ist doch neben den tollen Geschichten das, was wir in gewohnter Form erwarten und auch in diesem Fall geliefert bekommen.

©2015 Les Éditions Albert René

©2015 Les Éditions Albert René

Alles in allem ein Pflichtkauf für Fans und für die, die es noch werden wollen. Denn wie alle anderen Storys, lässt sich auch diese Ausgabe für sich genießen, hat aber für alteingesessene Leser genug Anspielungen auf alte Abenteuer im petto. Wir dürfen uns zurecht auf weitere Veröffentlichungen von Ferri und Conrad freuen!

Weiterführende Informationen findet ihr unter www.asterix.com.